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Kein Tag ohne Entscheidungen: Vanilleeis oder Mango-Sorbet, Abenteuerurlaub im Wohnmobil oder doch die bequeme Pauschalreise, Joggen oder Meditieren, um "runterzukommen"? Was die einen stresst, sehen die anderen als spannende Chance, Neues zu entdecken und sich weiterzuentwickeln. Warum der Umgang mit Entscheidungen nicht immer einfach ist und wie wir alle lernen können, stressfrei mit ihnen umzugehen, beantwortet hier Psychotherapeutin und Autorin Dr. Doris Wolf (Foto).
Kaum entschieden, schon bereut – warum tun wir uns so schwer damit, zu unseren Entscheidungen zu stehen?
Dr. Doris Wolf: "Viele Menschen neigen dazu, sich, nachdem die Entscheidung gefallen ist, mit den Vorteilen zu befassen, die andere Entscheidungen ihnen möglicherweise gebracht hätten. Je größer die Auswahl an möglichen Alternativen ist, je weniger eindeutig Vor- und Nachteile sind, umso schwerer tun sie sich, zu ihrer Entscheidung zu stehen."
Es gibt Menschen, die stehen zu ihren Entscheidungen und bereuen nichts – zumindest erwecken sie den Anschein. Und dann gibt es die Menschen, die jede Entscheidung stresst, weil sie vor lauter Möglichkeiten und Chancen nicht wissen, wie sie sich entscheiden sollen. Warum gehen wir so verschieden mit "Entscheidungstreffen" um?
Dr. Doris Wolf: "Dies hängt mit unseren generellen Lebenseinstellungen zusammen. Wer sich z.B. Druck macht, ja keinen Fehler machen zu dürfen und unbedingt die hundertprozentig richtige Entscheidung fällen zu müssen, für den sind Entscheidungen eine große Last. Auch ein geringes Selbstwertgefühl und das Verlangen nach Anerkennung führen zu Unsicherheit bei Entscheidungen. Die Angst, dann wegen der Entscheidung von anderen abgelehnt zu werden, erschwert die Entscheidungsfindung."
Sind Menschen, die selbstbewusst zu ihren Entscheidungen stehen, Egoisten? Was hat Egoismus mit dem Treffen von Entscheidungen zu tun?
Dr. Doris Wolf: "Selbstbewusst zu Entscheidungen stehen hat nichts mit Egoismus zu tun. Ein gesundes Selbstwertgefühl hingegen schon. Wer sich Fehlentscheidungen erlaubt und die Überzeugung besitzt, die dadurch entstandenen Probleme lösen zu können, kann auch gut die Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen."
Hat es Auswirkungen auf die Psyche, wenn man nie lernt Entscheidungen zu treffen und zu ihnen zu stehen? Macht es sich am Ende vielleicht sogar körperlich bemerkbar?
Dr. Doris Wolf: "Wir lernen bereits in der Kindheit, wie wir mit Fehlern und Misserfolgen umgehen. Lernen wir nicht, unseren Fähigkeiten zu vertrauen und uns anzunehmen, auch wenn wir mal nicht optimal handeln, dann fühlen wir uns unter Druck, wenn wir Entscheidungen treffen müssen. Dieser Druck kann sich z.B. durch Verspannungen, Schmerzen, Kreislauf- oder Magen-Darm-Probleme oder Schlafstörungen äußern. Auch Suchtprobleme und Depressionen können langfristige Folgen sein."
Darf ich eine getroffene Entscheidung wieder rückgängig machen oder muss ich immer zu dem stehen, was ich mal entschieden habe?
Dr. Doris Wolf: "Prinzipiell ist es gut, wenn wir zu einmal getroffenen Entscheidungen stehen und den Topf nicht immer wieder neu aufmachen. Doch kann sich eine Situation unvorhersehbar ändern und neue Argumente für eine andere Entscheidung können auftauchen. Dann dürfen wir auch widerrufen."
Welche Folgen kann es haben, wenn ich nicht lerne Entscheidungen zu treffen, mich viel mehr darauf konzentriere, es bei Entscheidungen nicht mir, sondern den anderen (Mutter, Partner, Schwester, Chef, Kollegen, Nachbarn) zu gefallen?
Dr. Doris Wolf: "Dann laufen wir Gefahr, an unseren Bedürfnissen und Wünschen vorbei zu handeln. Wir fühlen uns als Opfer und es besteht die Gefahr, dass wir anderen die Schuld an unserer Unzufriedenheit geben."
Woran erkenne ich, ob meine Art mit Entscheidungen umzugehen, gesund/normal ist?
Dr. Doris Wolf: "Das ist schwierig zu beantworten. Letztendlich muss das jeder selbst beurteilen. Entscheidend ist, wie lange wir uns "quälen", bis wann wir eine Entscheidung treffen und wie wir danach mit uns umgehen. Sind wir lange Zeit und nur noch mit Grübeln bezüglich der Entscheidung beschäftigt und leidet unser Körper, dann sollten wir daran arbeiten, leichter zu Entscheidungen zu kommen. Schieben wir Entscheidungen immer wieder auf oder treffen überhaupt keine, sind dies auch Alarmsignale."
Gibt es einen Trick, um vor dem finalen Treffen einer Entscheidung abzuwägen, was richtig oder falsch ist?
Dr. Doris Wolf: "Gewöhnlich durchdenken wir die Alternativen und hören dabei auf unseren Bauch: Wie fühlt es sich an? Bei der Alternative, bei der wir ein gutes Gefühl haben, greifen wir zu. Haben wir uns die Alternative in angemessenen Bildern und mit angemessener Bewertung ausgemalt, dann können wir nach dem Bauch gehen. Es kann jedoch sein, dass wir sehr schlechte Erfahrungen in unserem Leben gemacht haben und deshalb die Zukunft übertrieben negativ sehen (z.B.: Mein Expartner war schlecht. Bestimmt werde ich mit dem neuen Mann denselben Schiffbruch erleben). Dann gibt der Bauch das falsche Signal. Am besten ist es, wenn Kopf und Bauch in Einklang sind. Wir haben dann das Gefühl, die richtige Entscheidung zu treffen."
Ist man irgendwann zu alt und eingefahren seinen „Entscheidungs-Mindset“ zu ändern?
Dr. Doris Wolf: "Nein, das Alter setzt keine Grenze. Wir müssen vielleicht nur stärker trainieren. Andererseits werden viele Menschen im Alter auch gelassener und machen sich weniger abhängig von der Meinung anderer."
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