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Herzinfarkt bei Frauen – Besser erkennen, vorbeugen und behandeln

Herzinfarkt bei Frauen: Eine schwarze Frau sitzt auf einem Sofa und hält sich die Hand an die Brust
Herzinfarkte kommen bei Frauen etwas seltener vor als bei Männern. Sie werden aber bis heute öfter als bei Männern nicht erkannt oder zu spät behandelt. Christiane Tiefenbacher, kardiologische Chefärztin und Vorstandsmitglied der Externer LinkDeutschen Herzstiftung, klärt auf, wie sich ein weiblicher Herzinfarkt zeigt, welche besondere Rolle die Hormone spielen – und wie sich das Frauenherz besser schützen lässt.

Jedes Jahr sterben in Deutschland 20.000 Frauen an einem Herzinfarkt. Viele schwere Verläufe ließen sich verhindern, wenn der Infarkt rechtzeitig behandelt würde. Doch Frauen mit akuten Herzproblemen werden auch heute noch schlechter therapiert als Männer. Dabei weiß die Forschung, dass Männer zwar statistisch früher im Leben einen Herzinfarkt bekommen als Frauen – doch Frauen mit 46 Prozent aller Erkrankungen fast gleichstark betroffen sind. Und dass sie – besonders wegen der oft langsameren Versorgung im Akutfall - in den ersten Wochen und Monaten nach einem Herzinfarkt sogar eine deutlich schlechtere Überlebenschance haben als Männer.

So erkennen Sie einen Herzinfarkt bei Frauen rechtzeitig

Das klassische Warnzeichen für einen Herzinfarkt ist ein plötzlicher Schmerz in der Brust. 

Bei Frauen äußert sich der Infarkt jedoch oft anders. Zum Beispiel mit weniger eindeutigen Symptomen wie Atemnot, Übelkeit oder Schmerzen im Rücken. „Das Problem ist, dass man dann nicht sofort an einen Herzinfarkt denkt“, erklärt Christiane Tiefenbacher. 

„Bei Männern sind drückende und ausstrahlende Brustschmerzen das häufigste Symptom. Frauen dagegen haben häufiger kein typisches Druck- und Engegefühl in der Brust und sogar ganz andere Beschwerden – und werden deshalb oft später behandelt.“ 

Prof. Dr. med. Christiane Tiefenbacher

Chefärztin & Vorstandsmitglied Deutsche Herzstiftung

Christiane Tiefenbacher ist Chefärztin am Kardiologischen Zentrum des Marien-Hospitals Wesel und spezialisiert auf Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie. Ihre Forschung konzentriert sich auf Herzrhythmusstörungen, interventionelle Angiologie und Kardiologie. Sie ist in mehreren nationalen und internationalen Fachgesellschaften aktiv und gehört dem Editorial Board des American Journal of Physiology an. Zudem ist sie Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung e.V.

Frauen rufen später den Rettungswagen, kommen im Durchschnitt später in die Klinik als Männer, bekommen seltener eine Akutbehandlung mit Herzkatheter. Erst in den letzten Jahren hat man damit begonnen, die Besonderheiten des weiblichen Herzes zu erforschen. Studien zeigen, dass Frauen mit Herzinfarktverdacht auch heute noch schlechter oder später behandelt werden – vor allem von jüngeren männlichen Ärzten. 

Dahinter steckt vermutlich keine Absicht, sondern einfach die Tatsache, dass weibliche Ärzte eher an die Möglichkeit Herzinfarkt denken – und dass ältere männliche Kollegen schon öfter erlebt haben, dass Frauen mit unspezifischen Symptomen auch einen Herzinfarkt haben können.

Um einen Infarkt bei Frauen rechtzeitig zu erkennen, ist es daher wichtig, auf frühe Signale zu achten und auch unspezifische Symptome ernst zu nehmen – und sie proaktiv in der medizinischen Behandlung anzusprechen.

Statt der starken Brustschmerzen berichten Patientinnen eher von einem allgemeinen Druck- und Engegefühl in der Brust. Weitere Symptome für einen Herzinfarkt können bei Frauen sein:

  • Kurzatmigkeit / Atemnot
  • Schweißausbrüche
  • Rückenschmerzen
  • Übelkeit
  • Erbrechen 
  • Schmerzen im Oberbauch
  • Kieferschmerzen
  • Ziehen in den Armen
  • Unerklärliche Müdigkeit
  • Depressionen

Christiane Tiefenbacher rät Frauen, die ungewöhnliche Symptome bei sich bemerken, auf jeden Fall eine medizinische Abklärung zu verlangen. 

Wenn man das Gefühl hat, da stimmt etwas nicht, ist es gut, auf das Gefühl zu vertrauen und das beim Arzt auf jeden Fall deutlich ansprechen. Beim Herzinfarkt gilt generell: Lieber einmal zu viel als zu wenig überprüfen. Zumal die Abklärung relativ einfach ist und auch in Hausarztpraxen erfolgen kann. Es genügt ein EKG und ein Bluttest, mit dem man die Herzmarker bestimmt.

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Wie unterscheidet sich ein Herzinfarkt bei Mann und Frau?

Abgesehen von den oben genannten abweichenden Symptomen bei Frauen unterscheidet sich der Herzinfarkt bei Mann und Frau im Grunde nicht. In beiden Fällen entsteht er, weil ein Herzkranzgefäß plötzlich verschlossen ist – meist durch ein Blutgerinnsel, das sich auf einer vorgeschädigten Gefäßwand gebildet hat. Je länger dieser Verschluss besteht, desto größer ist der Schaden am Herzen. 

Wenn das dahinterliegende Gewebe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, beginnen die Herzmuskelzellen abzusterben. Um diesen Prozess zu stoppen, führen Kardiologen möglichst schnell eine sogenannte Rekanalisation durch und öffnen das verschlossene Gefäß wieder – meist per Herzkatheter. So kann der Blutfluss wiederhergestellt und ein dauerhafter Schaden am Herzmuskel verhindert werden. Das Zeitfenster dafür ist sehr klein, betont Christiane Tiefenbacher.

Man hat sechs Stunden Zeit – danach ist der Herzinfarkt abgelaufen und das Gewebe abgestorben."
 

Warum werden Frauen und Männer unterschiedlich behandelt? 

Dass Herzinfarkte bei Frauen bisher schlechter erkannt wurden, liegt auch daran, dass in der Medizin lange Zeit nicht ausreichend auf geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten geachtet wurde. Oft wurde eine Krankheit vor allem an Männern erforscht und unterstellt, dass sich die Erkenntnisse 1:1 auf Frauen übertragen lassen. Das führte zum Beispiel dazu, dass Frauen oft zu hohe Medikamentendosen erhielten. Inzwischen weiß man: Der weibliche Körper ist nicht nur einfach ein kleiner Männerkörper mit anderen Geschlechtsteilen. Sogar Organe wie die Leber unterscheiden sich zum Teil bis in die Zellstruktur und Enzymzusammensetzung von der männlichen Variante. Um zu besseren Behandlungsergebnissen von beiden Geschlechtern zu kommen, ist es daher wichtig, die Unterschiede und Besonderheiten zu erforschen.

Risikofaktoren erkennen und behandeln

Ob Herzinfarkte bei Frauen heute häufiger sind – oder nur besser erkannt werden, lässt sich schwer sagen. „Es ist aber zu vermuten, dass Faktoren wie Stress und ungesunder Lebensstil durch die Doppelbelastung Beruf und Familie in den letzten Jahren bei Frauen zugenommen haben,“ schätzt Christiane Tiefenbacher. 

Die größten Risikofaktoren für einen Herzinfarkt sind bei Frauen und Männern identisch. Es sind neben einer gewissen genetischen Disposition vor allem Faktoren, die sich durch eine gesündere Lebensführung oder die richtige medikamentöse Einstellung reduzieren lassen: 

  • Diabetes
  • Bluthochdruck
  • Zu hohe Cholesterinwerte
  • Rauchen 
  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel

„Man belastet mit diesen Faktoren nicht nur das Herz, sondern auch andere Bereiche. Zum Beispiel steigt das Risiko für Krebs ebenfalls. Wer also regelmäßig seine Blutwerte checken lässt, mit dem Rauchen aufhört, sich mehr bewegt und auch andere Risikofaktoren gut behandelt oder einstellen lässt, profitiert enorm.“ 

Erste Hilfe bei Herzinfarkt 

Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute, deswegen ist es entscheidend, dass möglichst jede und jeder in der Lage ist, erste Hilfe zu leisten. Wichtig zu wissen: Eine Mund-zu-Mund-Beatmung ist bei einem Kreislaufstillstand nicht unbedingt notwendig. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand genügt eine kontinuierliche Herzdruckmassage. 

  • Im Zweifelsfall sofort Notruf 112 wählen
  • Die betroffene Person bequem und mit dem Oberkörper erhöht lagern, beengte Kleidung öffnen, für frische Luft sorgen
    Ruhig bleiben und beruhigend mit der betroffenen Person sprechen, sie auf keinen Fall allein lassen 
  • Bei Verdacht auf Herz-Kreislauf-Stillstand (Person ist bewusstlos und atmet nicht regelmäßig) sofort mit Herzdruckmassage beginnen. Dafür die Person auf den Rücken legen, Brustkorb freimachen und in der Mitte der Brust mit 5–6 Zentimeter tief drücken (Handballen auf die Mitte des Brustbeines, zweite Hand auf den Handrücken der ersten) Etwa zwei Druckeinheiten pro Sekunde – und nicht aufhören, bevor der Rettungsdienst übernimmt! Eine ausführliche Erklärung der Herzdruckmassage gibt es hier: Externer Linkhttps://herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/koronare-herzkrankheit/ploetzlicher-herztod/herzdruckmassage-wiederbelebung
  • Nur falls eine zweite Person anwesend ist und Zugang zu einem AED (Automatisierter Externer Defibrillator) besteht, kann die Herzdruckmassage durch dieses Gerät abgelöst werden, wenn eine Rhythmusstörung (Kammerflimmern) die Ursache des Kreislaufstillstandes ist. Der AED gibt klare Sprachansagen, ist leicht einzusetzen und in vielen öffentlichen Gebäuden verfügbar. Mehr Informationen unter Externer Linkhttp://definetz.online/defikataster-hp

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Risikofaktor Wechseljahre

Ein weiterer wichtiger Faktor, der speziell für Frauen gilt, sind hormonelle Veränderungen im Zuge der Wechseljahre. Denn das Risiko eines Herzinfarktes steigt in dieser Phase deutlich an, weil durch den abfallenden Östrogenspiegel ein wichtiger Schutz für die Blutgefäße wegfällt. 

„Viele Frauen bekommen ihren ersten Herzinfarkt mit Anfang, Mitte 60 – also deutlich später als Männer. Der Grund ist der fallende Östrogenspiegel in der Menopause. Damit steigt das Risiko für Arteriosklerose, also die Verkalkung der Gefäße. Und das ist letztlich die Grundlage für Herzinfarkte.“

Immer mehr jüngere Frauen vom Herzinfarkt betroffen 

Auch jüngere Frauen im Alter von 35 bis 54 erleiden heute häufiger einen Herzinfarkt. Das könnte damit zu tun haben, dass mehr Frauen erhöhte Risikofaktoren haben, zum Beispiel, weil sie gleichzeitig rauchen und die Anti-Baby-Pille einnehmen. Auch Übergewicht in Kombination mit weiteren Risikofaktoren oder der Konsum anderen arterienverengender Rauschmittel wie Kokain können eine Rolle spielen.

Herzinfarkt bei Frauen – welche Rolle spielt die seelische Gesundheit?

Sorgen, Ängste und dauerhafte mentale Überforderung können das Herz ebenfalls belasten. Tatsächlich ist das Risiko eines Herzinfarktes nach emotionalen Ausnahmeereignissen wie dem Verlust eines Partners erkennbar erhöht. Seelisches Wohlbefinden ist also eine wichtige Zutat für die Herzgesundheit – und eine aus dem Gleichgewicht geratene Psyche kann demzufolge auch das Herz belasten. Der Grund: dauerhaft negative Gefühle setzen unseren Körper unter Daueralarm und sorgen für eine erhöhte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, das das Herz fordert und zugleich den Blutdruck und Blutzuckerspiegel steigen lässt. 

Stress ist eine Belastung für das Herz-Kreislauf-System Aber: Stress ist nicht gleich Stress. Viele mögen es trubelig in ihrem Leben, mit einem vollen Terminkalender und vielen Aufhaben – und sind trotzdem gesünder als die, die mit Stress nicht umgehen können. Wichtig ist vor allem: den Stress immer wieder auszugleichen.

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Das macht das Frauenherz stark

Ob als Vorbeugung oder nach einem Herzinfarkt: Frauen können viel dafür tun, dass ihr Herz belastbarer wird. Neben dem Verzicht auf das Rauchen und die Umsetzung einer ausgewogenen Ernährung ist Bewegung die wichtigste Stellschraube. 

Denn das Herz ist ein Muskel und braucht regelmäßiges Training. Wenn es arbeiten und sich anstrengen darf, hat das aber viele positive Effekte. Kardiotraining verbessert den Blutdruck, reguliert den Blutzuckerspiegel, hilft beim Abnehmen, senkt den Cholesterinspiegel. Außerdem ist Bewegung auch ein wichtiges Instrument gegen Stress und wirkt entspannend. 

Wichtig: Einfach nur langsam zehntausend Schritte machen, ist nicht ideal. Herzgesund trainieren bedeutet: sich so anstrengen, dass der Puls steigt und wir tatsächlich ins Schwitzen kommen.  

Viele sagen mir, ich gehe jeden Tag mit dem Hund spazieren. Das ist schon mal gut – aber wenn der Puls nicht steigt, hat das Herz zu wenig davon. Empfehlenswert sind zügiges Gehen, Radfahren, Tanzen oder Schwimmen. Es muss sich auf jeden Fall anstrengend anfühlen. Kommen Sie regelmäßig aus der Puste, schwitzen Sie – gern fünfmal die Woche und mindestens 30 Minuten, besser 60 Minuten lang. Jede Frau muss natürlich schauen, was für sie möglich ist. Aber generell gilt: Es ist besser, sich zu belasten, als sich zu schonen.

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Autor(in)

Journalistin für Medizin und Gesundheitsthemen

Qualitätssicherung

Fachbereich der DAK-Gesundheit

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