Herzfrequenzvariabilität: Was sie über deine Gesundheit verrät

Vielleicht hast du schon bemerkt, dass deine Smartwatch oder Fitness-App die Herzfrequenzvariabilität (HRV) misst. Aber was bedeutet dieser Wert eigentlich – und was sagt er über deine Gesundheit aus?
Die HRV kann viel mehr, als du vielleicht denkst – sie verrät dir, ob dein Körper bereit für die nächste Trainingseinheit ist oder ob du lieber eine Pause einlegen solltest. Allerdings liefern nicht alle Messmethoden zuverlässige Daten – also, worauf solltest du achten? Hier erfährst du, was hinter der HRV steckt, wie du sie richtig interpretierst und wie du sie gezielt verbessern kannst.
Was ist die Herzfrequenzvariabilität?
Unser Herz schlägt nie völlig gleichmäßig – und genau das ist ein gutes Zeichen! Die Herzfrequenzvariabilität (HRV) beschreibt die natürlichen Schwankungen der Zeitabstände zwischen einzelnen Herzschlägen, auch NN-Intervalle genannt. Je flexibler dein Herz auf Veränderungen reagiert, desto besser ist dein Körper auf Stress und Belastung vorbereitet.
Die Steuerung der Herzfrequenz übernimmt dabei das autonome Nervensystem, das Kontrollzentrum unseres Körpers für unbewusste Prozesse wie Atmung, Verdauung und Blutdruck. Zwei Gegenspieler bestimmen dabei das Tempo:
- Der Sympathikus – das „Gaspedal“, das den Körper in Alarmbereitschaft versetzt und die Herzfrequenz erhöht.
- Der Parasympathikus – die „Bremse“, die für Entspannung und Erholung sorgt.
Hast du schon mal bemerkt, dass dein Herz nach einer stressigen Situation schneller schlägt? Genau dann übernimmt der Sympathikus. Entspannst du dich hingegen tief, zum Beispiel mit langsamer Atmung, dominiert der Parasympathikus – und deine HRV steigt. Ein ausgewogenes Zusammenspiel dieser beiden Systeme ist ein Zeichen für einen gesunden Organismus.
DAK AktivBonus
Bonuspunkte sammeln und in Geldprämien oder besondere Gesundheitsleistungen eintauschen.
HRV vs. Herzfrequenz – Wo liegt der Unterschied?
Die Herzfrequenz gibt an, wie oft das Herz in einer bestimmten Zeit schlägt, während die HRV zeigt, wie anpassungsfähig dein Herz ist. Grundsätzlich gilt: Eine hohe HRV deutet auf eine gute Regeneration hin, eine niedrige HRV kann dagegen auf Stress oder Erschöpfung hindeuten. Hast du nach einem harten Workout eine niedrigere HRV als sonst? Dann braucht dein Körper vielleicht noch eine Extraportion Erholung.
HRV-Messung: Welche Methoden gibt es?
Die genaueste Methode zur Messung der Herzfrequenzvariabilität ist ein Elektrokardiogramm (EKG). Hierbei werden Elektroden auf der Brust platziert. Diese erfassen die elektrischen Impulse des Herzens. Dabei gibt es zwei gängige Varianten:
- Kurzzeit-EKG (5 Minuten) liefert eine Momentaufnahme der HRV
- Langzeit-EKG (24 Stunden) erlaubt eine Analyse über einen längeren Zeitraum, inklusive Schlafphasen
Welche HRV-Parameter sind relevant?
Aus den gemessenen NN-Intervallen lassen sich verschiedene HRV-Werte berechnen, die Einblicke in die Funktionsweise des autonomen Nervensystems geben. Zwei zentrale Parameter sind dabei:
- SDNN (Standard Deviation of NN Intervals): Zeigt die Gesamtvariabilität. Hohe Werte stehen für eine gute Anpassungsfähigkeit deines Körpers.
- RMSSD (Root Mean Square of Successive Differences): Misst speziell den Einfluss des Parasympathikus und gibt Aufschluss über deine Erholungsfähigkeit.
Diese Werte können dir helfen, zu verstehen, ob dein Körper entspannt oder noch in einem Stresszustand ist – und ob du dein Training anpassen solltest.
Sind Smartwatches für die HRV-Messung geeignet?
Viele Fitness-Tracker und Smartwatches werben mit HRV-Messfunktionen, doch sie haben eine entscheidende Einschränkung: Sie messen nicht direkt die Herzaktivität, sondern nur den Puls.
Während ein EKG die Herzaktivität über Elektroden erfasst, nutzen Smartwatches optische Sensoren, die den Blutfluss messen. Diese Methode kann bei gesunden Menschen mit stabilem Herzrhythmus eine annähernde HRV-Analyse liefern, ist jedoch bei Herzrhythmusstörungen oder starker körperlicher Belastung oft ungenau.
Was sind Normalwerte und was gilt als gesund?
Im Gegensatz zu Blutdruck oder Cholesterin gibt es keinen festen Normwert für die Herzfrequenzvariabilität, da sie von zahlreichen Faktoren abhängt – darunter Alter, Geschlecht, Fitnesslevel, Genetik und Stressbelastung. Hinzu kommt: Die Werte, die Smartwatches ermitteln, können außerdem massiv von den Ergebnissen eines Langzeit-EKGs abweichen – letzteres ist allerdings sehr viel genauer und ermöglicht Aussagen über die Gesundheit und mögliche Erkrankungen. Hierbei gilt: Bei einer 24-Stunden-Langzeitmessung mittels EKG sollte der Wert für die Gesamtvariabilität (SDNN) nicht unter 50 Millisekunden liegen. Einige Herzerkrankungen, etwa Vorhofflimmern, können allerdings auch zu sehr hohen SDNN-Werten führen.
Dennoch kann die HRV-Messung einer Smartwatch Hinweise für den persönlichen Trainingsplan geben, indem sie beispielsweise analysiert, ob die Regenerationsphase nach einem intensiven Training bereits abgeschlossen ist.
Was bedeutet es, wenn die HRV abweicht?
Wenn deine HRV plötzlich niedriger ist als sonst, könnte das ein Zeichen sein, dass dein Körper mehr Erholung braucht. Mögliche Ursachen:
- Chronischer Stress, zum Beispiel durch Schichtarbeit oder hohen beruflichen Druck
- Psychische Belastungen wie Mobbing oder Schlafmangel
- Erkrankungen, beispielsweise Herz-Kreislauf-Probleme oder Infektionen
- Intensive körperliche Anstrengung: Direkt nach dem Sport sinkt die HRV, weil der Körper in die Erholungsphase wechselt.
Eine hohe HRV hingegen zeigt eine gute Erholungsfähigkeit des Körpers. Besonders sportlich aktive Menschen, vor allem Fans von Ausdauersport, haben oft eine hohe HRV und gleichzeitig eine niedrige Ruheherzfrequenz – ein Zeichen für ein effizient arbeitendes Herz.
Kann ich meine HRV beeinflussen?
Bestimmte Gewohnheiten und Verhaltensweisen können die HRV langfristig verbessern:
- Regelmäßige Bewegung, insbesondere Ausdauersport fördert die Anpassungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems.
- Gesunde Ernährung und ausreichend Flüssigkeit unterstützen den Stoffwechsel und die Herzgesundheit.
- Erholsamer Schlaf ist wichtig, denn eine hohe HRV tritt vor allem in der Tiefschlafphase auf.
- Effektives Stressmanagement wie Atemübungen, Meditation oder Yoga können die HRV kurzfristig steigern.
Es gibt allerdings auch zahlreiche Faktoren, die die Herzfrequenzvariabilität verringern können, und auf die du deshalb besonders achten solltest:
- Übertraining und mangelnde Erholung, denn eine zu hohe Belastung ohne ausreichende Regeneration kann die HRV senken.
- Dauerhafter Stress (psychisch und physisch) aktiviert den Sympathikus und vermindert die Variabilität.
- Ungesunde Lebensweise wie Rauchen, Alkohol, oder ein schlechter Ernährungsstil belastet das Herz-Kreislauf-System.
- Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme, Stoffwechselstörungen oder psychische Erkrankungen können mit einer niedrigeren HRV einhergehen.
Doch auch biologische sowie äußere Faktoren spielen eine Rolle und können deine HRV beeinflussen. Das zeigt wiederum, wie individuell diese ist:
- Alter: Die HRV steigt bis etwa zum 15. Lebensjahr an, erreicht ihren Höhepunkt im jungen Erwachsenenalter und nimmt danach mit zunehmendem Alter wieder ab.
- Schwangerschaft: Während einer Schwangerschaft sinkt die HRV in der Regel.
- Tageszeit: Nachts ist die HRV am höchsten, in den frühen Morgenstunden nimmt sie wieder ab.
- Umwelteinflüsse: Feinstaub, Lärm, Hitze und bestimmte Medikamente können die HRV negativ beeinflussen.
Wie kann man die HRV kurzfristig steigern?
Eine einfache Methode, um die HRV unmittelbar zu verbessern, sind Atemübungen. Um den Vagusnerv – den Hauptnerv des Parasympathikus – zu aktvieren, solltest du sechs Mal pro Minute tief ein- und ausatmen. Dadurch kannst du deine HRV steigern. Außerdem kann es helfen, das Gesicht für eine kurze Zeit in kaltes Wasser zu tauchen.
Herzfrequenzvariabilität und Sport
Die Herzfrequenzvariabilität (HRV) ist ein wertvolles Tool zur Trainingssteuerung und kann Sportlerinnen und Sportlern dabei helfen, die optimale Balance zwischen Belastung und Erholung zu finden. Vor allem im Ausdauersport wird die HRV genutzt, um den optimalen Zeitpunkt für das nächste intensive Training oder eine Erholungsphase zu bestimmen.
Welchen Einfluss hat Sport auf die HRV?
Sport kann sehr positive Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit, genauso auf die HRV haben: Regelmäßiges Training steigert langfristig die HRV, insbesondere bei gut trainierten Menschen. Hochintensives Intervalltraining kann die HRV sowohl bei gesunden Menschen als auch bei Personen mit Stoffwechselerkrankungen verbessern. Krafttraining zeigt bei gesunden Personen meist keine direkte Erhöhung der HRV – Menschen mit chronischen Erkrankungen profitieren jedoch davon.
Tipp: Wenn du deine HRV langfristig optimieren möchtest, solltest du auf eine gute Mischung aus Ausdauertraining, Krafttraining und gezielter Regeneration achten.
Herzfrequenzvariabilität und Schlaf
Ein guter Schlaf ist essenziell für eine hohe HRV. Besonders in den Tiefschlafphasen erreicht sie ihre höchsten Werte – ein Zeichen, dass dein Körper sich effektiv erholt.
Nachts schaltet das vegetative Nervensystem in den Ruhemodus. Schlechter oder zu kurzer Schlaf kann die HRV senken, was darauf hinweist, dass dein Körper nicht ausreichend regeneriert. Chronischer Schlafmangel oder unruhiger Schlaf beeinträchtigen langfristig die Regenerationsfähigkeit, was sich in erhöhter Stressanfälligkeit und verminderter Leistungsfähigkeit äußern kann. Eine gute Schlafhygiene – also regelmäßige Schlafenszeiten, eine ruhige Umgebung und Vermeidung von Stimulanzien vor dem Schlafengehen – kann dir dabei helfen, die HRV nachhaltig zu verbessern.
Fachbereich der DAK-Gesundheit