Handysucht bei Jugendlichen: Was tun?

Gruppe von Jugendlichen starrt in der Schule auf ihre Smartphones

Die sogenannte "Handysucht" bei Jugendlichen schleicht sich oft in den Alltag: erst hier und da, dann dominant – und am Ende weiß man nicht mehr, wo man anfangen soll. Hier erfährst du, woran du eine problematische Smartphone-Nutzung erkennst, was Handysucht bei Jugendlichen bedeutet und ab wann es kritisch wird. Wir erklären typische Ursachen und Folgen und zeigen dir Schritt für Schritt, was du als Elternteil konkret tun kannst.

 

Kleiner Hinweis: Umgangssprachlich und hier im Artikel sprechen wir der Einfachheit halber von "Handysucht"; dabei muss bedacht werden, dass Handysucht keine offizielle Diagnose ist und nicht das Gerät selbst die Sucht verursacht, sondern die Aktivitäten und Inhalte, die über das Handy genutzt werden.

Was ist Handysucht bei Jugendlichen?

Vielleicht kennst du das von deinem Kind: Das Handy ist immer dabei, Nachrichten ploppen im Minutentakt auf, das Scrollen hört abends kaum auf – und plötzlich dreht sich zu Hause vieles um Regeln, Streit und die Frage, ob das noch normal ist. Du machst dir Sorgen um Schlaf, Schule und Stimmung, willst nicht ständig meckern und gleichzeitig Klarheit schaffen.

Umgangssprachlich spricht man hier von Handysucht – dabei handelt es sich um keine offizielle Diagnose, sondern eine Form problematischer, suchtähnlicher Mediennutzung. In der Fachsprache liest du oftmals Begriffe wie medienbezogene Störungen oder problematische Online- bzw. Internetnutzung. Das Gerät und seine Inhalte drängen sich in den Mittelpunkt, und wichtige Bereiche wie Schlaf, Schule und Beziehungen geraten aus dem Gleichgewicht. Entscheidend ist nicht die pure Bildschirmzeit, sondern ob die Kontrolle verloren geht, ob ein Leidensdruck entsteht und ob die Nutzung trotz Problemen weitergeht. 

Hat dein Kind viel das Handy in der Hand, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass es sich bereits um eine Sucht handelt. Problematisch wird es, wenn du merkst: Vorsätze greifen nicht mehr, Zeiten laufen aus dem Ruder, Konflikte und Müdigkeit nehmen zu, und trotzdem geht es mit dem Smartphone immer weiter.

Digitale Medien gehören zum Jugendalltag – mit Chancen und Risiken. Soziale Vergleiche, Bestätigungssuche, FOMO (also die Angst, online etwas zu verpassen) und von Algorithmen gesteuerte Feeds können belasten; gleichzeitig gibt es aber auch positive Seiten wie Informationen und Austausch. Für die Einschätzung zählt, wie die Nutzung wirkt und in den Alltag eingebettet ist.

Symptome: Handysucht bei Jugendlichen erkennen

Wichtig zu wissen: Es gibt keine feste Zeitdauer, ab der die Handynutzung automatisch Sucht bedeutet. Wichtiger sind Verhalten und Folgen – etwa Kontrollverlust, starke gedankliche Vereinnahmung, Schlafstörungen, Leistungsabfall oder zunehmende Konflikte. 

Darauf kannst du bei deinem Kind achten:

  • Verhaltenszeichen: Unruhe ohne Smartphone, ständiges Prüfen des Handys, das Smartphone hat Priorität vor Schlaf oder Schule, Regelbrüche, heimliche Nutzung.
  • Psychische Auffälligkeiten: Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsprobleme, FOMO.
  • Körperliche Anzeichen: Schlafmangel, Kopfschmerzen, Augenbeschwerden, zu wenig Bewegung.
  • Soziale Veränderungen: Rückzug, mehr Konflikte zu Hause, Vernachlässigung von Hobbys und echten Kontakten.

Handysucht bei Jugendlichen: Mach den Selbsttest

Wenn mehrere Punkte über Wochen zutreffen, ist es Zeit für ein ruhiges Gespräch und gegebenenfalls eine Beratung:

  • Gereiztheit oder Unruhe, wenn das Smartphone nicht greifbar ist
  • Absprachen zu Zeiten und Pausen werden regelmäßig überschritten
  • Schlaf, Schule oder Freundschaften leiden spürbar
  • Hobbys und reale Treffen werden vernachlässigt
  • Ständiges Denken ans Handy, heimliche Nutzung oder Ausreden zur Dauer

Dieser Kurzcheck ist kein Diagnose-Instrument – er hilft aber dabei, typische Muster einer problematischen Online-Nutzung zu erkennen.

Welche Ursachen führen zu Handysucht bei Jugendlichen?

Unser Belohnungssystem reagiert besonders auf variable Belohnungen. Viele Apps und Spiele setzen genau darauf: Likes, neue Nachrichten, personalisierte Feeds. Jugendliche brauchen Anschluss und Zugehörigkeit – vieles davon läuft online. Das erklärt, warum es schwerfällt, aufzuhören. Nicht nur die Suche nach positiver Bestätigung kann dazu führen, dass Jugendliche Ihr Smartphone nicht mehr aus der Hand legen. Auch das ständige Lesen negativer Schlagzeilen – das sogenannte Doomscrolling – kann ausufern. Ebenso ist die Entwicklung einer Social-Media-Sucht nicht ausgeschlossen, bei der Dopamin eine große Rolle spielen kann.

Psychologische Faktoren wie Stress, Einsamkeit und Unsicherheiten können eine intensive Smartphone-Nutzung begünstigen, weil das Handy kurzfristig ablenkt oder die Stimmung hebt.

Fehlende Regeln, unklare Absprachen oder geringe Medienkompetenz in der Familie können eine problematische Nutzung sogar wahrscheinlicher machen. Eltern sind Vorbilder: Wer selbst ständig am Handy ist, tut sich mit Grenzen schwer.

Welche Folgen kann Handysucht für Jugendliche haben?

Handysucht sollte, gerade bei Jugendlichen, die noch in der Entwicklung sind, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Die ständige Smartphone-Nutzung kann einige unschöne Folgen mit sich bringen, darunter zum Beispiel:

  • Schlafmangel und Leistungsabfall: Emotional aufgeladene Inhalte und das Bildschirmlicht stören die Schlafqualität. Am nächsten Tag fehlen Konzentration und Energie – mit negativen Folgen für die Schule oder die Ausbildung.
  • Psychische Gesundheit: Es gibt ernstzunehmende Zusammenhänge zwischen problematischer Smartphone-Nutzung und Angst, depressiven Symptomen, Stress und Einsamkeit.
  • Bewegungsmangel, Haltung, Augen: Wer lange sitzt und auf das kleine Gerät vor sich starrt, bewegt sich weniger, hat häufiger Verspannungen und Augenbeschwerden.
  • Konflikte, Isolation, Cybermobbing-Risiko: Konflikte in der Familie, Rückzug aus realen Beziehungen und ein erhöhtes Risiko negativer Online-Erfahrungen sind möglich.

Handysucht bei Jugendlichen: Was können Eltern tun?

Am besten starten Eltern ohne Vorwürfe. Beschreibe ruhig, was dir aufgefallen ist, und vereinbare mit deinem Kind realistisch erreichbare Ziele. Kleine Schritte sind wirksamer als große Verbote: Priorisiert gemeinsam die wichtigsten Apps, legt feste Nutzungsfenster fest und haltet echte Pausen ein. Benachrichtigungen, Autoplay und endloses Scrollen sollten so weit wie möglich abgestellt werden; nachts bleibt das Handy außerhalb des Schlafzimmers.

Transparenz hilft allen. Ein kurzer „Mediennutzungsvertrag“ macht Erwartungen klar: wann, wo und wie lange das Handy genutzt wird – und was passiert, wenn Absprachen nicht eingehalten werden. Handyfreie Orte wie Esstisch und Schlafzimmer schaffen sofort Entlastung. Technische Hilfen wie ein Zeit-Limiter, Fokus-Modi und Jugendschutz-Funktionen unterstützen im Alltag, ohne dass du ständig erinnern oder kontrollieren musst.

Wichtig ist auch, was du als Elternteil deinen Kindern vorlebst. Wenn du selbst das Handy weglegst, fällt es auch deinen Kindern leichter. Biete Alternativen an, wie etwa Sport, Musik, Vereine, Treffen mit Freundinnen und Freunden. Gleichzeitig ist es wichtig, über Feeds, Algorithmen und Belohnungssysteme zu sprechen – so entzauberst du FOMO und machst Doomscrolling verständlich. Die Mischung aus klarer Struktur, Aufklärung und einer verlässlichen Beziehung wirkt am besten.

Therapie: Was hilft bei Handysucht?

Hast du das Gefühl, dass du zu Hause nicht mehr alleine weiterkommst, kann sich eine Therapie durchaus lohnen. Erste Anlaufstellen sind zum Beispiel Kinder- und Jugendärztinnen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Sie ordnen die Situation ein, prüfen mögliche Begleiterkrankungen und geben Ratschläge für die nächsten Schritte.

  1. Am Anfang stehen Gespräche, standardisierte Fragebögen und der Einbezug von Familie und Schule. Wichtig ist, andere Ursachen und Begleiterkrankungen wie ADHS, Angst oder Depression mitzudenken.
  2. Als Nächstes folgen Verhaltenstherapie mit Psychoedukation, Impulskontrolle, Emotionsregulation und Rückfallprophylaxe, Medienkompetenztrainings, strukturierte Offline-Phasen oder abgestufte Detox-Pläne.

Das Ziel der Therapie gegen Handysucht bei Jugendlichen ist eine kontrollierte, alltagsverträgliche Mediennutzung statt einer Nullnutzung.

Handysucht bei Jugendlichen: Prävention & gesunde Mediennutzung

Was hilft, damit es gar nicht erst so weit kommt, ist Balance: Schlaf, Bewegung, Lernen, echte Kontakte und sinnvolles Bewegen in der digitalen Welt gehören zusammen. Praktisch heißt das: altersangemessene Regeln, regelmäßige Pausen, handyfreie Rituale, bewusste Feeds statt endlosem Scrollen, und eine zugewandte Begleitung durch Eltern und Schule.

Häufige Fragen zu Handysucht bei Jugendlichen

Ab wann ist Handynutzung problematisch?

Wenn Kontrolle fehlt und spürbare Folgen auftreten, zum Beispiel schlechter Schlaf, Leistungsabfall, Konflikte oder Rückzug. Eine feste Stunden-Grenze gibt es nicht.

Wie lange sollte die Bildschirmzeit sein?

Das hängt vom Alter, den Inhalten und dem Ausgleich ab. Wichtiger als starre Zahlen sind klare Regeln, handyfreie Zeiten und gute Schlaf- und Bewegungsroutinen.

Macht Handysucht aggressiv? 

Nicht automatisch. Reizbarkeit und Wut können als Reaktion auf Begrenzungen auftreten, wenn ein Kontrollverlust besteht, ähnlich einem Entzug.

Was ist der icd-10-code für Handysucht?

Es gibt keinen eigenen ICD-10-Diagnosecode für Handysucht. International anerkannt ist in der ICD-11 die Gaming-Störung. In der Praxis wird bei Smartphones von problematischer Online-/Internetnutzung gesprochen und entsprechend der Beeinträchtigungen behandelt.
Autor(in)

Qualitätssicherung

Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ)

Quellenangaben
Aktualisiert am:
Telefonkontakt
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