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Einsamkeit: Das sollten Sie wissen

Einsamkeit: Eine junge Frau sitzt auf dem Sofa und denkt nach

Niemand da, der einen wirklich kennt oder versteht, mit dem man vertraut lachen oder weinen kann? Seit der Corona-Pandemie fühlen sich immer mehr Menschen einsam. Wissenschaftler sprechen von einer Einsamkeitsepidemie, die junge und alte Menschen betrifft und psychische sowie körperliche Erkrankungen begünstigen kann. Hier geht es um die Frage, warum Einsamkeit sich in unserer Welt so stark ausbreiten konnte – und was man ihr entgegensetzen kann.

Was ist Einsamkeit?

Wenn wir einsam sind, fühlen wir, dass uns etwas fehlt. Man kann das Gefühl mit einer Art emotionalem Durst oder Hunger vergleichen: Wir nehmen auf schmerzhafte Weise eine Diskrepanz wahr - und zwar die zwischen unseren gewünschten und tatsächlichen sozialen Beziehungen. Was wir vermissen, ist emotionale Verbundenheit mit anderen Menschen – uns verstanden, geliebt und gesehen fühlen.

Einsamkeit kann sich auch einstellen, wenn wir nicht allein, aber eben nicht von den richtigen Menschen umgeben sind. In diesem Fall sprechen wir von emotionaler Einsamkeit, zum Beispiel in einer erkalteten Beziehung. Oft ist Einsamkeit aber auch das Resultat von ungewolltem Alleinsein. Zum Beispiel wenn man für den Job den Wohnort wechselt und damit den vertrauten Freundeskreis in der Heimat ebenfalls aufgibt. Wenn man seit Jahren ungewollt Single ist – oder wenn man aufgrund von Krankheit nicht mehr wie gewohnt an sozialen Aktivitäten teilnehmen kann und die Begegnungen, die Gemeinschaftsgefühle und Zugehörigkeit vermitteln, vermisst.  

Seit der Corona-Pandemie mit ihren Auswirkungen auf das Zusammenleben wie „Social Distancing“, „Home Office“ und „Home Schooling“ hat das Problem weltweit zugenommen.

Längst sind von Einsamkeit nicht mehr nur ältere Menschen betroffen. So fühlen sich laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2024 11 Prozent aller Jugendlichen zwischen 16 und 30 Jahren sehr einsam und über 30 Prozent beschreiben ihr Lebensgefühl als „moderat einsam“.

Einsamkeit selbst ist zwar keine Krankheit. Aber sie macht unglücklich und kann Menschen krank machen – weil soziale Bindungen ein menschliches Grundbedürfnis sind. Studien haben gezeigt, dass chronische Einsamkeit das Immunsystem schwächt, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und andere psychische Erkrankungen erhöht. Einsamkeit, so eine eingängige Formulierung aus der Forschung, ist damit für den Körper genauso schädlich wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag.

Wann wird allein sein zur Einsamkeit?

Alleinsein ist ein Zustand, Einsamkeit ist ein Gefühl – und Alleinsein bedeutet nicht automatisch einsam zu sein. Wir können, je nach subjektiver Bedürfnislage, Alleinsein als angenehm genießen, zum Beispiel um uns zu erholen, nachzudenken oder in Ruhe kreativ zu sein. Als einsam empfinden wir das Alleinsein, wenn wir nicht frei über die Dauer des Zustandes Alleinsein verfügen können, also unfreiwillig länger allein sind, als wir möchten. Das gilt auch, wenn wir glauben, dass es niemanden gibt, der uns im Alltag unterstützt oder in schwierigen Lebenssituationen wie Krankheit oder Verlust beisteht.

Dieses Gefühl der Einsamkeit muss nicht unbedingt den objektiven Bedingungen entsprechen. Das geschieht zum Beispiel, wenn vorhandene Hilfs- und Unterstützungsangebote aufgrund einer psychischen Beeinträchtigung der Betroffenen nicht gesehen und angenommen werden können. Im Unterschied zu diesem gefühlten Alleinsein bezeichnet man mit dem Begriff der „sozialen Isolation“ das objektive Fehlen von sozialen Kontakten und Verbindungen zu anderen Menschen, zum Beispiel durch Sprachbarrieren, reale Mobilitätshindernisse oder aktive soziale Ausgrenzung.

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Was sind die Symptome von Einsamkeit?

Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, deshalb können die Symptome individuell stark variieren.

Psychische Anzeichen, die häufiger auftreten, sind allerdings:

  • ein Gefühl der Leere oder Isolation, oft begleitet von dem Eindruck, nicht zugehörig zu sein oder keinen Platz in der Gesellschaft zu haben
  • Traurigkeit und Niedergeschlagenheit
  • Angst vor Zurückweisung und Unsicherheit in der sozialen Interaktion, die die soziale Isolation wiederum verstärken kann
  • Geringes Selbstwertgefühl, negatives Denken, Konzentrationsschwierigkeiten, Grübeln

Körperlich spürbar kann Einsamkeit zum Beispiel als „schweres Herz“, also ein stressbedingtes Druckgefühl in der Herzregion sein.

Auch

können Ausdruck von Einsamkeitsgefühlen sein.

Was macht Einsamkeit mit der Psyche?

Einsamkeit beeinflusst unsere Gedanken, Gefühle und Verhalten, da sie eines der Grundbedürfnisse des Menschen – soziale Bindung – verletzt. Das Gehirn interpretiert Einsamkeit als ein Alarmsignal und das hat weitreichende psychische und körperliche Auswirkungen.

Forscher konnten zeigen, dass Einsamkeit im Gehirn ähnliche Areale aktiviert wie Stress durch starken Hunger oder Durst. Dieser seelisch-soziale Notruf war vielleicht in unserer steinzeitlichen Vergangenheit überlebenswichtig, um daran zu erinnern, dass wir nur in unserer Horde überleben können, verbraucht in unserem Gehirn aber sehr viel Energie. So viel, dass die psychische Belastung zu einem Rückgang der Gedächtnisleistung durch die Verkleinerung des Hippocampus führen kann.

Der chronische Stress durch Einsamkeit und negative Erwartungen gegenüber der Umwelt führt auch dazu, dass emotionales Essen, also der Verzehr von süßer und hochkalorischer Nahrung für ein schnelles Belohnungsgefühl begünstigt wird. Einsamkeit fördert also Heißhungerattacken und kann sogar zu Esssucht führen.

Welche Arten von Einsamkeit gibt es?

Einsamkeit kann sich auf verschiedene Arten äußern und wird in der Forschung häufig in unterschiedliche Formen unterteilt:

Emotionale Einsamkeit:
Das Fehlen einer echten emotionalen Verbindung in einer nahen Beziehung, wie etwa zu einem Partner, einer Familie oder engen Freunden

Soziale Einsamkeit:
Ein Mangel an einem sozialen Netzwerk oder an Zugehörigkeit zu einer Gruppe

Kulturelle Einsamkeit:
Das Gefühl, nicht mit der kulturellen Umgebung übereinzustimmen, etwa bei Migranten oder Minderheiten

Wer ist am meisten von Einsamkeit betroffen?

Einsamkeit kann jeden Menschen treffen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder sozialem Status. Wissenschaftliche Studien und Statistiken zeigen jedoch, dass ältere Menschen und junge Menschen (bis 30 Jahre) besonders gefährdet sind.

Einsamkeit im Alter

Alter ist einer der größten Risikofaktoren für Einsamkeit. Etwa 20 Prozent der Menschen über 75 Jahre fühlen sich regelmäßig einsam. Neben dem Verlust von Lebenspartnern sind körperliche Einschränkungen, der Trend zu Single-Haushalten und ein Rückgang sozialer Aktivitäten wichtige Ursachen.

Einsamkeit im Studium

Viele Studierende ziehen für das Studium in eine fremde Stadt und verlieren ihr gewohntes soziales Umfeld. Der Aufbau neuer Freundschaften braucht Zeit, und nicht jeder findet leicht Anschluss in der neuen Umgebung. Dazu kommen hoher Leistungsdruck und eine zunehmende Digitalisierung und Individualisierung des Lernens.

Einsamkeit durch Digitalisierung

Die digitale Kommunikation ersetzt heute oft direkte Begegnungen, doch Online-Kontakte sind oft weniger emotional befriedigend als persönliche Bindungen. Likes und Kommentare stimulieren unser Bedürfnis nach permanenter (virtueller) Bestätigung, sind aber kein echter Ersatz für menschliche Interaktion. Auch die Gefahr, zu viel Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen und reale soziale Aktivitäten zu verpassen, ist durch die zunehmende Digitalisierung größer geworden.

Einsamkeit als Single

Eine fehlende Partnerschaft und der unerfüllte Wunsch nach emotionaler Nähe und Intimität kann schmerzhafte Einsamkeitsgefühle hervorrufen. Singles können sich außerdem in einer von Paaren dominierten sozialen Umgebung ausgegrenzt fühlen.

Einsamkeit als Kind innerhalb der Familie

Kinder erleben Einsamkeit, wenn Eltern emotional nicht verfügbar sind, zum Beispiel aufgrund von beruflichem Stress oder persönlicher Probleme. Auch Familienkonflikte, Trennungen, Ungleichbehandlung gegenüber anderen Geschwistern oder zu frühe Verantwortungsübernahme als Kind kann Einsamkeit als Grundgefühl in der kindlichen Psyche entstehen lassen.

Wann wird Einsamkeit gefährlich?

Einsamkeit wird gefährlich, wenn sie chronisch wird und tiefgreifende Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit hat. Das gilt konkret, wenn

  • sie länger als mehrere Wochen anhält
  • sie die Fähigkeit beeinträchtigt, alltägliche Aufgaben zu bewältigen
  • sie zu starken psychischen oder körperlichen Symptomen führt, zum Beispiel Schlaflosigkeit, chronische Müdigkeit, Angst oder Antriebslosigkeit
  • negative Gedanken, wie das Gefühl, nicht gebraucht oder wertlos zu sein, überhandnehmen.
  • Suizidgedanken oder selbstverletzendes Verhalten auftreten.

Was tun gegen Einsamkeit – 8 Tipps

  1. Bewusst Kontakte knüpfen: Geburtstagsgrüße an alte Bekannte und auch kleine Begegnungen im Alltag zählen 
  2. Hobbys und Interessen pflegen: Wenn wir etwas tun, was uns Freude macht, finden sich oft wie von selbst Gleichgesinnte
  3. Soziale Medien nur in Maßen nutzen: Weniger Zeit online und dafür mehr Begegnungschancen in der wirklichen Welt
  4. Sport und Bewegung in Gemeinschaft: Bewegung vertreibt negative Gedanken, und beim Sport lernt man sehr oft nette Menschen kennen
  5. Tagesstruktur schaffen: Nicht dauerhaft ins Schneckenhaus zurückziehen, lieber aktive und positive Routinen schaffen
  6. Achtsamkeit und Selbstfürsorge: Meditation, Entspannungstraining oder Dankbarkeitstagebuch sind wirksame Unterstützer für ein positiveres Lebensgefühl
  7. Geduld mit sich selbst haben: Einsamkeit verschwindet nicht von einem Tag auf den anderen. Es lohnt sich, jeden kleinen Schritt in Richtung Offenheit gegenüber anderen Menschen als Erfolg zu feiern.
  8. Professionelle Hilfe suchen: Therapie hilft, wenn sich Einsamkeit verfestigt

Einsamkeit überwinden

Jeder empfindet und bewältigt Einsamkeit auf seine eigene Weise. Während manche sich schon durch ein freundliches Gespräch mit einem Fremden auf der Straße besser fühlen, sehnen sich andere nach tiefen Verbindungen und Freundschaften.

Einsamkeit zu überwinden, beginnt auf jeden Fall mit dem bewussten Aufbau von neuen oder der Wiederbelebung von bestehenden Verbindungen, sei es durch soziale Aktivitäten, Hobbys oder ehrenamtliches Engagement. Gleichzeitig ist es wichtig, sich selbst liebevoll anzunehmen, denn Selbstakzeptanz stärkt das Wohlbefinden und erleichtert die Entwicklung authentischer Beziehungen.

Wo finde ich Hilfe bei Einsamkeit

Für Studierende: Psychosoziale Beratungsstellen der Hochschulen

Viele Universitäten bieten kostenlose Beratung und Unterstützung bei Einsamkeit, Stress oder anderen psychischen Belastungen.

Ansprechpartner: Website der Hochschule oder Studierendenwerke


Für Schüler: Schulsozialarbeit

Fast alle Schulen haben Schulsozialarbeiterinnen, die Schülerinnen bei Problemen wie Einsamkeit unterstützen.

Ansprechpartner: Direkt an der Schule nachfragen.


Für ältere Menschen: Silbernetz

Ein kostenfreies Gesprächsangebot für ältere Menschen, die sich einsam fühlen.

Telefonnummer: 0800 4 70 80 90


Für alle Zielgruppen:


Telefonseelsorge
Rund um die Uhr erreichbar bei Einsamkeit, Sorgen und Krisen. Kostenfrei und anonym.
Telefonnummer: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222


Selbsthilfegruppen
Über die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) finden Sie Gruppen für verschiedene Lebenssituationen.
Website: Externer Linkwww.nakos.de

Einsamkeit – brauche ich eine Therapie, um aus der sozialen Isolation rauszukommen?

Therapie bietet einen sicheren Raum, um emotionale Blockaden zu bearbeiten, soziale Kompetenzen zu stärken und Strategien für ein erfüllteres Sozialleben zu entwickeln.

Wenn Einsamkeit nicht verschwindet und zu starken emotionalen Belastungen wie Angst, Depression oder Hoffnungslosigkeit führt, kann Psychotherapie eine sinnvolle Option sein. Das gilt auch, wenn tieferliegende Ursachen wie traumatische Erfahrungen, soziale Ängste oder ein geringes Selbstwertgefühl die gefühlte oder tatsächliche Isolation verstärken. Oder die Alltagsbewältigung, beispielsweise durch Rückzug, Antriebslosigkeit oder das Vermeiden sozialer Situationen beeinträchtigt ist.

Wenn die Einsamkeit weniger schwerwiegend ist, können allerdings auch Selbsthilfegruppen, soziale Aktivitäten und bewusste Eigeninitiative gute Ansätze sein, um soziale Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Wichtig ist wie so oft im Leben der erste Schritt.

Autor(in)

Journalistin für Medizin und Gesundheitsthemen

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