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Pharmazeutische Dienstleistungen: mehr Patientensicherheit durch Arzneimittelberatungen

Pharmazeutische Dienstleistungen: Apothekerin erklärt einem Mädchen und seiner Mutter die Handhabung eines Inhalators.

Den sicheren Umgang mit den eigenen Medikamenten: Das können Sie bei einer ausführlichen Arzneimittelberatung in der Apotheke vor Ort lernen. Profitieren können Sie von diesen ausführlichen kostenlosen Arzneimittelberatungen, den sogenannten pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL), wenn Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Erfahren Sie im Interview mit der Apothekerin Dr. Nina Griese-Mammen, welche pharmazeutischen Dienstleistungen es gibt, was sie Ihnen bringen und wer die Kosten dafür übernimmt. Das Gespräch führte unsere Beauftragte für Patientensicherheit, Dr. Viola Sinirlioglu.

Was sind pharmazeutische Dienstleistungen?

Dr. Viola Sinirlioglu: „Frau Dr. Griese-Mammen, heute sprechen wir über ein Thema, das für viele Patientinnen und Patienten immer wichtiger wird: die Arzneimittelberatung in Apotheken und die sogenannten pharmazeutischen Dienstleistungen. Können Sie zu Beginn kurz erklären, worum es sich dabei handelt und wie man diese Angebote in Anspruch nehmen kann?“

Porträtfoto von Dr. Nina Griese-Mammen, Abteilungsleiterin Wissenschaftliche Evaluation bei der ABDA.

Die Apothekerin Dr. Nina Griese-Mammen ist Abteilungsleiterin Wissenschaftliche Evaluation
bei der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V.
 

Dr. Nina Griese-Mammen: „Gerne. Es gibt bestimmte Situationen bei der Arzneimitteltherapie, bei denen Patientinnen und Patienten nachweislich von einer intensiveren Beratung profitieren. Genau dort setzen die pharmazeutischen Dienstleistungen an. Es handelt sich um besondere Beratungsangebote in der Apotheke, die über das klassische Beratungsgespräch hinausgehen – gezielt und Schritt für Schritt auf den Patienten zugeschnitten. Diese Leistungen helfen, Arzneimittel sicherer und wirksamer einzunehmen, und tragen so unmittelbar zur Erhöhung der Patientensicherheit bei. Das Besondere: Die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Patientinnen und Patienten können die Leistungen also einfach in der Apotheke nachfragen – unkompliziert, ohne vorherige Hürden. Ein niedrigschwelliges Angebot, das wirklich einen Unterschied machen kann.“

Welche pharmazeutischen Dienstleistungen gibt es?

Dr. Viola Sinirlioglu: „Das klingt vielversprechend. Können Sie uns erläutern, welche konkreten pharmazeutischen Dienstleistungen derzeit angeboten werden?“

Dr. Nina Griese-Mammen: „Aktuell gibt es fünf pharmazeutische Dienstleistungen:

  • Die standardisierte Risikoerfassung bei Bluthochdruck, also ein qualifizierter Blutdruck-Check für Menschen, die Blutdruckmedikamente einnehmen.
  • Das Üben der Inhalationstechnik, was besonders wichtig ist für Patientinnen und Patienten mit Atemwegserkrankungen wie Asthma oder COPD.
  • Die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation, also für Menschen, die dauerhaft fünf oder mehr verordnete Arzneimittel einnehmen – hier prüfen Apothekerinnen und Apotheker zum Beispiel auch auf Wechselwirkungen.
  • Eine spezialisierte Beratung bei oraler Antitumortherapie, für Menschen, die zu Hause Krebsmedikamente einnehmen.
  • Und schließlich eine Beratung für Patientinnen und Patienten nach Organtransplantationen, die ganz bestimmte Medikamente zur Immunsuppression einnehmen müssen.

Jede dieser Dienstleistungen ist ein gezielter Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit – individuell abgestimmt auf die Bedürfnisse der jeweiligen Patientengruppe.“

Mehr Informationen zu den pharmazeutischen Dienstleistungen

Über Details zu den einzelnen Leistungen informiert die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. auf der Website Externer Linkpharmazeutische-dienstleistungen.de.

Wie können pharmazeutische Dienstleistungen Ihre Patientensicherheit stärken?

Dr. Viola Sinirlioglu: „Haben Sie ein konkretes Beispiel dafür, wie eine solche Dienstleistung die Patientensicherheit ganz praktisch verbessern kann?“

Dr. Nina Griese-Mammen: „Nehmen wir das Beispiel der Inhalativa. Viele Patientinnen und Patienten, zum Beispiel mit COPD, wenden ihre inhalativen Medikamente nicht korrekt an – oft unbewusst. Dann kommt der Wirkstoff nicht richtig in den Bronchien an. In der Apotheke können wir die Anwendung gemeinsam üben und individuell anpassen – mehrfach, wenn nötig. Das ist besonders wichtig, da gerade diese Patientengruppe im Alltag auf die richtige Anwendung angewiesen ist. Hier greift das niedrigschwellige Angebot der Apotheken direkt in die Versorgungsqualität ein.“

Warum ist die Arzneimittelberatung bei Polymedikation besonders wichtig?

Dr. Viola Sinirlioglu: „Ein anderes wichtiges Thema ist die Polymedikation. Was passiert, wenn jemand mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen muss – etwa nach einem Krankenhausaufenthalt?“

Dr. Nina Griese-Mammen:Bei der erweiterten Medikationsberatung analysieren wir die Gesamtheit der Arzneimittel – also auch rezeptfreie Mittel oder Nahrungsergänzungsmittel – und prüfen sie auf Verträglichkeit und Wechselwirkungen. Auch die Optimierung der Einnahme und die Aktualisierung bzw. Erstellung eines Medikationsplans spielen eine wichtige Rolle. Das ist für alle Patientinnen und Patienten wichtig. Gerade nach einem Klinikaufenthalt verändert sich die Medikation häufig. Es kommen neue Präparate hinzu, möglicherweise in anderer Form oder mit anderem Aussehen, weil ein anderer Hersteller verwendet wird. Da ist die Dienstleistung eine besonders große Hilfe.

Dabei kann es zum Beispiel sein, dass zwei Medikamente sich nicht gut vertragen – aber durch eine geänderte Einnahmezeit funktioniert es doch. Solche Fragen klären wir im persönlichen Gespräch. In manchen Fällen stimmen wir uns auch direkt mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin ab, um gemeinsam die beste Lösung für den Patienten oder die Patientin zu finden.

Dr. Viola Sinirlioglu: „Bekommen Sie oft die Frage: „Muss ich wirklich so viele Medikamente nehmen?““

Dr. Nina Griese-Mammen: „Ja, das hören wir sehr häufig. Und manchmal ergibt sich im Gespräch tatsächlich, dass man ein Medikament reduzieren oder absetzen kann – insbesondere bei Schmerzmitteln. Gleichzeitig erleben wir auch, dass durch die strukturierte Beratung besser verstanden wird, warum ein bestimmtes Präparat wichtig ist – das erhöht wiederum die Therapietreue und Motivation der Patientinnen und Patienten.“

Dr. Viola Sinirlioglu: „Wie sieht es bei Schmerzmitteln aus? Gibt es hier besonders viele Probleme in der Selbstmedikation?“

Dr. Nina Griese-Mammen: „Absolut. Schmerzmittel sind leicht verfügbar und werden gerne eingenommen, weil sie schnell helfen. Aber sie haben auch viele Nebenwirkungen und können bei unsachgemäßer Anwendung ernsthafte Risiken bergen – vor allem bei häufiger oder langfristiger Einnahme ohne ärztliche Rücksprache, bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder ohne Magenschutz. Hier ist die Aufklärung in der Apotheke besonders wichtig.“

Welche Beispiele für pharmazeutische Dienstleistungen gibt es sonst noch?

Dr. Viola Sinirlioglu: „Ein weiteres Beispiel ist die Blutdruckkontrolle – auch hier bieten Sie Unterstützung an?“

Dr. Nina Griese-Mammen:„Ja, im Rahmen der Dienstleistung zur Risikoerfassung bei Bluthochdruck überprüfen wir nicht nur den Blutdruck, sondern schulen auch zur richtigen Blutdruckmessung und empfehlen geeignete Geräte. Die richtige Messung ist entscheidend für eine gute Blutdruckeinstellung. So können frühzeitig entsprechende Schritte eingeleitet werden, wenn der Blutdruck zu hoch ist. Hierzu zählt zum Beispiel eine ärztliche Anpassung der Medikamente oder der Dosierung.“

Dr. Viola Sinirlioglu: „Und wenn sich meine Medikation ändert, worauf muss ich besonders achten?“

Dr. Nina Griese-Mammen: „Veränderungen der Medikation – zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt – führen oft zu Unsicherheiten. In der Apotheke helfen wir dabei, neue Wirkstoffe einzuordnen, zu verstehen, wie sie eingenommen werden müssen und worauf man achten sollte – etwa, ob ein Medikament nüchtern oder mit einer Mahlzeit eingenommen werden muss. Diese Beratung ist essenziell, damit die Therapie auch zu Hause sicher und wirksam umgesetzt werden kann.“

Dr. Viola Sinirlioglu: „Frau Dr. Griese-Mammen, vielen Dank für dieses informative Gespräch. Es ist deutlich geworden, wie niedrigschwellige Angebote in Apotheken durch pharmazeutische Dienstleistungen einen enormen Beitrag zur Patientensicherheit leisten können.“

Weitere Fragen & Antworten zu pharmazeutischen Dienstleistungen

Wer hat Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen?

Der Leistungsanspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen besteht bei bestimmten Erkrankungen und Lebenssituationen:

  • Wenn Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Ihnen Arzneimittel verschreibt, die Sie mit einem Inhalationsgerät anwenden müssen, steht Ihnen eine Anwendungsberatung zu, bei der Sie auch die korrekte Inhalationstechnik üben. Diese Beratung können bereits Kinder ab dem 6. Lebensjahr in der Apotheke erhalten. 
  • Wenn Sie regelmäßig fünf oder mehr Arzneimittel einnehmen müssen, spricht man von Polymedikation. Sie können dann einen Medikations-Check in Anspruch nehmen, bei dem zum Beispiel das Zusammenwirken aller Mittel geprüft wird.
  • Nach Organtransplantationen oder bei Tabletteneinnahme im Rahmen einer Krebstherapie können Sie sich zu Ihren Medikamenten ausführlich beraten lassen. 

In diesen besonderen Lebenssituationen kann die Beratung ein wichtiger Baustein für einen positiven Therapieverlauf darstellen und Ihnen Sicherheit in der Arzneimittelanwendung geben.

Was bringt mir die Arzneimittelberatung?

In den Beratungsgesprächen erweitern Sie Ihr Wissen über Ihre Arzneimitteltherapie. Sie steigern Ihre Gesundheitskompetenz und tragen durch die korrekte Anwendung Ihrer Medikamente zum Erfolg der ärztlich verordneten Therapie entscheidend bei. Im Beratungsgespräch können Sie offene Fragen klären und beispielsweise die korrekte Handhabung von Inhaliergeräten üben. Das trägt zu Ihrer Patientensicherheit bei. 

Langfristig können Sie durch eine regelmäßige und korrekte Einnahme oder Anwendung Ihrer Medikamente Ihre Erkrankung positiv beeinflussen, den Verlauf stabilisieren oder sogar verbessern. Sie steigern Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden.

Wie erhalte ich die pharmazeutischen Dienstleistungen?

Fragen Sie in Ihrer Apotheke gezielt nach der gewünschten pharmazeutischen Dienstleistung (pDL). Ihre Apotheke klärt mit Ihnen, ob Sie die Voraussetzungen erfüllen. Wenn ja, ist die Leistung für Versicherte kostenfrei und wird über die gesetzliche Krankenversicherung finanziert.

Vor der Beratung wird Sie Ihre Apotheke um eine Einverständniserklärung bitten. Die Dokumentation ist Bestandteil der pharmazeutischen Dienstleistung, die nach definierten Qualitätskriterien durchgeführt wird und für die Ihre Apotheke eine Vergütung erhält.

Autor(in)

Ärztin und Beauftragte für Patientensicherheit bei der DAK-Gesundheit

Qualitätssicherung

Fachbereich der DAK-Gesundheit

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