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Hodenmythen: Was schadet der Fruchtbarkeit?

Symbolbild für Hodenmythen
Hoden sind mehr als nur ein Anhängsel des Penis. Sie produzieren und lagern Spermien. Ohne sie gäbe es keine Fortpflanzung. Vereinigt sich ein Spermium mit einer weiblichen Eizelle, entsteht neues Leben. Ums Thema Hoden ranken sich aber auch allerhand Mythen. Wir klären auf, ob ein Tritt in die „Eier“ wirklich unfruchtbar macht oder Handystrahlen deinen Spermien schaden!

Welche Aufgaben haben die Hoden

Die Hoden – auch Eier, Nüsse, Klöten oder Testikel genannt – bilden zusammen mit dem Penis das Zentrum der männlichen Fortpflanzungsorgane. Sie sind etwa pflaumengroß und die meisten Jungs und Männer haben zwei davon, manche sogar drei. Die Hoden ruhen, das weißt du wahrscheinlich genauso gut wie unser Urologe Volker Wittkamp außerhalb des Körpers im Hodensack. Der sieht von außen betrachtet ziemlich schrumpelig aus. Ein bisschen so, als wäre man(n) zu lange im Wasser gewesen. Dafür gibt es einen Grund: Der Hodensack muss auf Temperaturschwankungen reagieren können. Bei Kälte zieht er sich zusammen, damit die Hoden enger am warmen Körper anliegen. Ist es wärmer, dehnt er sich aus und hängt weiter vom Körper weg, damit die Testikel nicht „ins Schwitzen“ kommen.
Durch diese Temperaturregulierung sorgt der Hodensack dafür, dass sich die Hoden und die darin produzierten Spermien so richtig wohlfühlen. Bei einer Temperatur zwischen 34 und 35 °C stellt dein Körper pro Tag sagenhafte 200 Millionen Spermien her. Die werden dann rund zwei Monate in den Nebenhoden gebunkert. Kommt es zum Samenerguss, fließen die kleinen Flitzer über die Samenleiter und die Harnröhre mit hyperschnellen 17 km/h nach draußen.

Die Hoden haben neben der Spermienproduktion aber noch eine zweite Aufgabe. Sie stellen das männliche Geschlechtshormon Testosteron her. Das ist zum Beispiel für den Stimmbruch, den Bartwuchs und überhaupt das gesamte Haarwachstum zuständig. An dieser Stelle können wir auch schon den ersten Mythos entzaubern. Viele glauben ja, dass große Hoden männlicher sind als kleine. Das stimmt nicht. Die Größe der Hoden hat überhaupt nichts mit der Menge an Testosteron zu tun, die produziert werden. Wie es mit den restlichen Mythen rund um die männlichen Kronjuwelen aussieht, erfährst du im Folgenden!

Mythos Nr. 1 – Ein Schlag oder Tritt in die Hoden macht unfruchtbar

Ob beim Sport, beim Rangeln oder einfach durch ein blödes Missgeschick – ein Schlag oder Tritt in die „Weichteile“ tut echt weh. Hoden sind extrem schmerzempfindlich. Aber sie sind auch hart im Nehmen. Stell sie dir wie einen Boxer vor, der nach einem harten Treffer zu Boden geht, aber anschließend immer wieder aufsteht.

Für den Fall, dass es dich selbst mal trifft: Keine Sorge, der Schmerz im Unterleib klingt nach einigen Minuten wieder ab. Verschwindet er auch nach längerer Zeit nicht, oder schwellen die Hoden gar an, lass dich umgehend von einem Urologen oder einer Urologin untersuchen.

Bislang gibt es keine Studie, die belegt, dass ein „Tritt in die Eier“ unfruchtbar macht. Falls es dich beruhigt – zahlreiche Fußballstars haben schon einen Ball in die Bälle oder einen Tritt unter die Latte bekommen und sind anschließend trotzdem glückliche Väter geworden. Also, wenn deine Hoden einmal unfreiwillig als Knautschzone dienen, wirst du davon NICHT unfruchtbar.

Mythos Nr. 2 ­– Enge Hosen vermindern die Fruchtbarkeit

Du fragst dich vielleicht, warum die Hoden nicht im Inneren des Körpers liegen, wo sie viel besser geschützt wären. Das liegt daran, dass sie es nicht zu warm mögen. Um Wärme geht es auch beim Mythos, dass zu enge Hosen die Fruchtbarkeit des Mannes verringern. Das Gerücht kam auf, weil bekannt ist, dass Hoden am besten bei einer Temperatur zwischen 34 und 35 °C „arbeiten“. Kleidung wie Skinny Jeans oder sehr enge Unterhosen pressen die Testikel an den warmen Körper. Dein Körper hat eine Durchschnittstemperatur von leicht unter 37 °C. Das ist deutlich höher, als es den Hoden lieb ist. Deshalb ist an dem Gerücht, dass zu enge Hosen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit des Mannes haben, auch was dran.
Das gilt vor allem für enge Kleidung, die nicht atmungsaktiv ist. Die zu hohe Temperatur kann zwei Dinge negativ beeinflussen – zum einen die Anzahl der Spermien und zum anderen deren Qualität. Aber auch wenn du Fan von engen Hosen bist, können wir dich beruhigen. Der Effekt von enger Beinkleidung und Unterwäsche auf deine Spermien ist kurzfristig. Wenn du die Hosen nicht ständig trägst, ist der Qualitätsverlust bei deinen Spermien nur von kurzer Dauer. Apropos: Das Thema Dauer spielt beim nächsten Mythos, dem Radfahren, eine Rolle.

Mythos Nr. 3 – Fahrradfahren schadet der Fruchtbarkeit

Fahrradfahren macht nicht nur Spaß, die Bewegung tut auch gut. Aber hat Fahrradfahren bei Männern einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit oder gar die Potenz? Grundlegend gilt – keine Panik. Auch professionelle Radrennfahrer haben Kinder. Trotzdem, auch die Profis kennen das Problem: Wer lange Zeit radelt, kann durchaus ein taubes Gefühl in den Hoden und im Bereich drum herum bekommen. Das vergeht aber auch wieder. Wenn du die Zeit bis zum Taubheitsgefühl hinauszögern willst (ganz verhindern lässt es sich bei langen Fahrten nicht), besorg dir einen neuen, an dich angepassten Fahrradsattel. Der Grund für das Taubheitsgefühl ist, dass beim Radfahren rund 70 Prozent deines Gewichts auf dem Bereich um den Damm herum liegen.

Es gibt noch eine weitere Sache, die im Zusammenhang zwischen Radfahren und deinem Unterleib zu erwähnen ist: Männern im fortgeschrittenen Erwachsenenalter wird empfohlen, sich regelmäßig auf Erkrankungen der Prostata untersuchen zu lassen. Eine Vorsorgemaßnahme zur Früherkennung von Prostatakrebs ist der PSA-Test, bei dem der Wert des prostataspezifischen Antigens (PSA) gemessen wird. Ist er erhöht, kann das auf Prostatakrebs hindeuten. Laut Professor Sigmund Pomer, einem Urologen aus Heidelberg, kann das PSA aber auch durch den Druck beim Radfahren freigesetzt werden. Das macht es schwierig, beim PSA-Test ein zuverlässiges Untersuchungsergebnis zu erhalten. Aber auch hier können du und deine Geschlechtsgenossen einfache Maßnahmen ergreifen. Falls eine solche Untersuchung ansteht, fahrt davor einfach ein paar Tage nicht mit dem Fahrrad.

Mythos Nr. 4 ­– Handystrahlung schadet den Hoden

Kann das Herumtragen des Handys in der Hosentasche dazu führen, dass die Hoden Schaden nehmen oder du unfruchtbar oder impotent wirst? Zum Thema „Einfluss von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf die Hoden“ wurden in Deutschland und auf der ganzen Welt Studien durchgeführt. Das Ergebnis: Werden die Grenzen und technischen Normen bei den Mobiltelefonen eingehalten, gibt es keinen schädlichen Einfluss auf Hoden oder Samenzellen. Zumindest wurde bis heute keiner nachgewiesen. Aber eine feststehende und wissenschaftlich untermauerte Meinung dazu gibt es in der Fachwelt noch nicht. Die wichtigsten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf diesem Gebiet empfehlen weitere Untersuchungen, um hier abschließend Klarheit zu bekommen.

Was beeinflusst die Hoden noch?

Damit hätten wir die gängigsten Mythen rund ums Thema Hoden auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Einige stimmten, andere nicht. Fehlen noch die Kandidaten, die definitiv einen negativen Einfluss auf deine Spermien haben: Alkohol, Tabak und andere Drogen. Bei Alkohol und Nikotin handelt es sich um zwei Nervengifte. Nikotin ist in Zigaretten und anderen Tabakprodukten enthalten. Vor allem Rauchen kann die Qualität deiner Spermien negativ beeinflussen. Bei Rauchern befindet sich im Ejakulat bewiesenermaßen eine geringere Anzahl von Samenzellen. Außerdem wurde festgestellt, dass die Spermien von Rauchern unbeweglicher und teilweise sogar deformiert sind. Auch Kiffen ist nicht gerade gut für deine Zeugungsfähigkeit. Der Wirkstoff THC kann unter anderem dafür sorgen, dass die Testosteronkonzentration in deinem Blut geringer wird. Also: Wenn du etwas für deine Spermienqualität tun willst, kiffe weniger oder lasse es am besten ganz sein. Das gilt auch fürs Rauchen und das Trinken von Alkohol.
Nicht nur die Hoden beeinflussen die Potenz. Auch wenig Bewegung oder Übergewicht können dazu führen, dass die „Standfestigkeit“ deines Penis leidet. Sport und Training sowie eine ausgewogene Ernährung können hier helfen. Auch das Vermeiden von unnötigem Stress kann dafür sorgen, dass es den Schwimmern in deinem Hodensack gut geht.

Exkurs: Mythen rund um vegane und vegetarische Ernährung

„Wer kein Fleisch isst, ist mit höherer Wahrscheinlichkeit unfruchtbar.“ Dieses Vorurteil hält sich seit 2014 hartnäckig. Damals gab es eine Studie, in der bei Vegetariern und Veganern gleichermaßen eine schlechtere Spermienqualität nachgewiesen wurde. Den Grund dafür nannte die Studie auch gleich: Weil Vegetarier und Veganer vermehrt auf Sojaprodukte setzen würden, und diese ähnliche Stoffe wie das weibliche Hormon Östrogen enthielten, sei ihre Fruchtbarkeit geringer.

Nimmt man die Ergebnisse dieser einen Studie, dann stimmt das Gerücht, dass Veganer und Vegetarier weniger zeugungsfähig sind als Fleischesser. Das Problem ist: Die Studie wurde bislang nicht wiederholt und damit unabhängig bestätigt. Wir können an dieser Stelle also nicht eindeutig klären, ob du als Vegetarier oder Fleischesser besseres Sperma hast oder ob dieses spezielle Essverhalten überhaupt einen Einfluss darauf hat.

Hodenschmerzen? Ab zum Arzt

Wenn du Schmerzen in den Hoden hast, die nicht von einem Schlag oder Tritt stammen, solltest du einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen. Gut zu wissen: Der Ursprung von Hodenschmerzen sind nicht immer die Eier. Oft ist es so, dass Schmerzen von anderen Bereichen bis in die Hoden ausstrahlen. Zum Beispiel bei einem Leistenbruch oder einem Bandscheibenvorfall. Auch eine Hodentorsion kann eine Ursache für Schmerzen sein. Dabei verdrehen sich die Hoden samt Samenstrang um die Längsachse. Die Durchblutung der Hoden wird dadurch blockiert. Zu Beginn spürst du starke und plötzlich auftretende Schmerzen. Mit der Zeit beginnt eine Schwellung. Such dir hier rasch ärztliche Hilfe.
J2: VORSORGEUNTERSUCHUNG
Bei der J2 (zwischen 16 und 17 Jahren) handelt es sich um eine einmalige Vorsorgeuntersuchung. Es geht um Früherkennung körperlicher Probleme sowie Sexualitätsstörungen. Die J2 ist eine freiwillige Mehrleistung der DAK-Gesundheit. MEHR INFOS

PS: Ab 20 Jahren können junge Frauen einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung, auch wegen Früherkennung möglicher Krebserkrankungen.

Fazit:

Ein Schlag oder Tritt in die Hoden macht dich nicht unfruchtbar, aber zu enge Hosen können sich (vorübergehend) auf die Spermienqualität auswirken. Radfahren kann für taube Hoden sorgen, sie aber nicht wirklich schädigen. Ob die Handystrahlung den Hoden, Spermien und der Fruchtbarkeit eines Mannes schaden kann, ist unwahrscheinlich, aber noch nicht abschließend geklärt. Ähnliches gilt für folgende Frage: Ob Veganer und Vegetarier eine schlechtere Spermienqualität haben, ist eher umstritten.

Eines ist dagegen sicher: Wenn du über einen längeren Zeitraum Hodenschmerzen hast, dann geh bitte so schnell es geht zum Arzt oder zur Ärztin deines Vertrauens.

Hast du weitere Fragen, Themenwünsche oder etwas anderes auf dem Herzen? Dann schreib uns: doktorsex@dak.de! Wir freuen uns, von dir zu hören.

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