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Dr. Christiane Willke: Dehnen ist tatsächlich in der Kontroverse – auch wissenschaftlich. Es gibt zahlreiche Belege, die dafür aber auch dagegen sprechen. Wie sinnvoll Dehnen ist, lässt sich daher nicht pauschal beantworten. 

Welche Faktoren muss man denn mit einbeziehen? 

Es kommt darauf an: Welchen Sport treibt man? Mit welcher Zielsetzung? Wann dehnt man? Das ist sehr differenziert. 

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Wie sieht es denn beim Ausdauersport aus? Ist es nötig, dass ich mich dehne, bevor ich loslaufe? 

Im Ausdauersport ist Dehnen okay, weil man die Muskulatur auf die kommende Bewegung vorbereitet. Denn dadurch werden der lokale Stoffwechsel und die Durchblutung angeregt. Notwendig ist es allerdings nicht. Gut ist es, nach dem Laufen etwas zur Regeneration zu dehnen. 

Also generell lieber nach dem Sport dehnen als vorher? 

Das kann man ganz subjektiv entscheiden. Wissenschaftlich gibt es keine eindeutige Pro- oder Contra-Tendenz. Manche fühlen sich auch mental besser vorbereitet, wenn sie vorher ein bisschen dehnen. Andere wiederum dehnen lieber als Cool Down, was gerade im Ausdauersport sinnvoll ist. Ich kann dadurch den Regenerationsprozess anregen. Aber man muss aufpassen. Denn je nachdem wie ich mich stretche, kann ich dadurch auch ein Verengen der Gefäße bewirken und statt Entspannung genau das Gegenteil erreichen. 

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Und wie sieht es bei schnellkräftigen Sportarten wie Volleyball oder Tennis aus? 

Bei schnellkräftigen Sportarten, bei denen man zwischendurch auch mal sprintet oder springt, ist Dehnen unmittelbar vor dem Sport tatsächlich häufig kontraproduktiv. Denn bei diesen Sportarten benötigt die Muskulatur eine gewisse Vorspannung, um schnellkräftig arbeiten zu können. Und da habe ich durch passives statisches Dehnen (Stretchen) den gegenteiligen Effekt, dass sich der Tonus der Muskulatur runterreguliert. Deshalb bei schnellkräftigen Sportarten besser vorher nicht. Und wenn, kommt es darauf an, wie ich dehne.  

Was für Arten von Dehnen gibt es denn? 

Wir unterscheiden zwischen statischem und dynamischem, aktivem und passivem Dehnen. Es gibt zum einen das klassische Stretchen, das ist statisch passiv. Dabei begibt man sich in eine bestimmte Position, hält diese und geht dann nach und nach in ein immer größeres Bewegungsausmaß. Ich kann aber auch dynamisch dehnen. Das ist dann, wenn man zum Beispiel wippt. Man geht kurz in eine Position hinein und schnell wieder raus. Das dynamische Dehnen ist zum Aufwärmen eher für schnellkräftige Sportarten geeignet. 

Es hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass Dehnen das Verletzungsrisiko senkt. Stimmt das? 

Dass Dehnen Verletzungen vorbeugt, ist wissenschaftlich nicht eindeutig nachgewiesen. Dehnen ist nicht mehr Verletzungsprophylaxe als eine andere sorgfältige Aufwärmungsmaßnahme. Aufwärmen an sich ist natürlich bei jeder Sportart sinnvoll und wichtig. Man kann auch Dehnsequenzen ins Aufwärmprogramm integrieren, aber es kommt eben darauf an, welche Art von Belastung folgt. Beim Turnen oder Tanzen ist Dehnen natürlich wichtig, denn die Gelenke und Muskeln werden dabei außerordentlich strapaziert, aber ein Otto-Normaljogger braucht das nicht unbedingt. 

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Beim Dehnen kommt es also immer auf die Sportart an, die ich ausübe. Wie sieht es denn aus, wenn ich verletzt bin oder war? 

Gerade wenn man verletzt ist oder war, ist die Zielsetzung beim Dehnen ja ganz anders. Beispielsweise wird in der Trainingstherapie häufig zum Warm-Up gedehnt, weil das Muskulatur und Gelenke brauchen, um effektiv im gesamten Bewegungsausmaß arbeiten zu können. Das ist etwas anderes als wenn jemand kerngesund ist und dann losläuft.  

Kann Dehnen auch kontraproduktiv sein? 

Wenn man hypermobil ist, also extrem beweglich, und generell kein Problem hat, sich zu verbiegen, kann Dehnen unter Umständen kontraproduktiv sein. Die Muskeln haben weniger Spannung und man knickt vielleicht eher um.  

Wann ist denn Dehnen eindeutig zu empfehlen? 

Im Alltag sitzen wir oft stundenlang vorgebeugt vor dem Computer und haben eine verkürzte Brustmuskulatur. Oder der Hüftbeuger zwischen Oberschenkel und Hüfte ist verkürzt. Diesen alltagsbedingten Anpassungen des Körpers kann und sollte man durch Dehnen gegensteuern, denn als Mensch bin ich ja eigentlich für Bewegung geschaffen. Wenn ich also den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen habe und dann Laufen gehen möchte, ist es sinnvoll, sich zumindest kurz zu dehnen, weil ich dann zum Beispiel meine Hüfte besser aufrichten kann.