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Niedersachsen: Fast 30 Prozent der Schulkinder haben psychische Probleme

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Hannover, 13. Februar 2020. Fast 30 Prozent der Schulkinder in Niedersachsen zeigen psychische Auffälligkeiten. Mehr als zwei Prozent aller Jungen und Mädchen zwischen zehn und 17 Jahren leiden an einer diagnostizierten Depression, 2,1 Prozent unter einer Angststörung. Das zeigt der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit „Ängste und Depressionen bei Schulkindern“. Hochgerechnet sind insgesamt etwa 29.000 Schulkinder in Niedersachsen betroffen, Mädchen doppelt so häufig wie Jungen. Für die Versorgung depressiver Schulkinder gibt die DAK-Gesundheit in Niedersachsen im Jahr pro Kopf mehr aus als für seelisch gesunde Gleichaltrige. Durchschnittlich sind es bei Jungen zusätzlich 2.500 Euro und bei Mädchen 3.100 Euro.

Im Auftrag der DAK-Gesundheit hat die Universität Bielefeld die Gesundheits- und Versorgungssituation von Jungen und Mädchen in Niedersachsen umfassend untersucht. Die repräsentative Studie mit Abrechnungsdaten aus den Jahren 2016 und 2017 nimmt insbesondere die seelische Gesundheit von Jungen und Mädchen in den Fokus. „Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen werden häufig immer noch tabuisiert. Dagegen wollen wir angehen“, sagt Dirk Vennekold, Leiter der DAK-Landesvertretung in Niedersachsen. „Wenn Kinder seelisch leiden, bleibt dies oft unbemerkt und es dauert zu lange, bevor sie eine passende Diagnose bekommen. Wir möchten hier alle sensibilisieren - die Familie, das Umfeld in der Schule oder im Sportverein. Es gilt hier nachhaltig zu helfen.“

Ängste und Depressionen treten auch parallel auf
26 Prozent aller Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 17 Jahren in Niedersachsen sind von einer psychischen Erkrankung oder Verhaltensstörung betroffen. Vor allem jüngere Schulkinder fallen am häufigsten durch Entwicklungsstörungen auf, zu denen Sprach- und Sprechstörungen gehören.  Auch Verhaltensstörungen wie etwa ADHS sind verbreitet. Seltener, aber von hoher Relevanz für die Versorgung, sind affektive Störungen, zu denen auch die Depressionen gehören. 1,7 Prozent aller DAK-versicherten Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 17 Jahren sind so stark betroffen, dass sie einen Arzt aufsuchen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Häufigkeit der Diagnose „Depression“ 2017 in Niedersachsen um zehn Prozent gestiegen. Mädchen leiden deutlich häufiger als Jungen. Mit einer diagnostizierten Angststörung kämpfen 2,1 Prozent aller Schulkinder. Hochgerechnet auf alle Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen entspricht dies etwa 29.000 Betroffenen mit Angststörungen oder Depressionen. Diese Störungsbilder treten auch parallel auf: Jeder sechste Junge in Niedersachsen mit einer diagnostizierten Depression hat parallel auch eine Angststörung. Bei den Mädchen ist es fast jedes vierte.
Depressionen und Angststörungen zählen nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den schwerwiegendsten Leiden in der Gruppe der psychischen Erkrankungen. Depressionen sind gekennzeichnet durch Niedergeschlagenheit, Traurigkeit und Interessenverlust. Bei schweren depressiven Episoden haben die jungen Patienten Schwierigkeiten, ihre alltäglichen Aktivitäten fortzusetzen. Sie ziehen sich stark zurück, schaffen es kaum noch, in die Schule zu gehen. Bei Angststörungen ist der natürliche Angstmechanismus des Menschen aus den Fugen geraten. Die Betroffenen zeigen Reaktionen, die der jeweiligen Situation nicht angemessen sind und losgelöst von einer realen äußeren Gefährdung ablaufen.

Unterschiede zwischen Stadt und Land
In Niedersachsen leben 49 Prozent der DAK-versicherten Kinder in städtischen Gemeinden (mittelgroße oder große Städte). Die Studie zeigt, dass Stadtkinder eher Diagnosen für bestimmte psychische Erkrankungen, insbesondere Verhaltensstörungen, bekommen als Gleichaltrige vom Land (plus sieben Prozent). Stadtkinder haben im Alter zwischen 15 und 17 Jahren zudem häufiger Depressionen (plus 31 Prozent). Vor allem schwere Episoden werden für sie öfter festgestellt. „Die Gründe für die beobachteten Zusammenhänge können an den unterschiedlichen Lebensgewohnheiten und Lebensbedingungen liegen. Für Stadtkinder existiert aber auch ein dichteres Angebotsnetz an niedergelassenen Fachärzten. Sie bekommen leichter Hilfe und damit auch eine passende Diagnose“, erklärt DAK-Landeschef Dirk Vennekold.

Chronische Krankheiten steigern Risiko für Depressionen
Der Report zeigt erstmals auf Basis von Abrechnungsdaten, wie stark bestimmte Faktoren die Entwicklung eines Seelenleidens beeinflussen. So tragen Kinder mit einer chronischen körperlichen Erkrankung insbesondere im Jugendalter ein bis zu 4,5-fach erhöhtes Depressionsrisiko. Das familiäre Umfeld kann für die Entwicklung eines Seelenleidens ebenfalls ein Faktor sein: Kinder psychisch kranker Eltern sind deutlich gefährdeter (3-fach), selbst eine depressive Störung zu entwickeln. „Erkrankungen der Eltern können für Kinder und Jugendliche eine große seelische Belastung sein“, so Vennekold.

Depressive Jugendliche häufig mehrmals im Krankenhaus
„Mit dem Kinder- und Jugendreport 2019 haben wir für Niedersachsen auch belastbare Analysen zur Versorgungssituation von Kindern mit psychischen Auffälligkeiten“, erklärt Julian Witte von der Universität Bielefeld als Studienautor. Depressive Schulkinder in Niedersachsen bekommen häufiger Arzneimittel und eine Krankenhauseinweisung. Jedes fünfte Mädchen (21 Prozent) und zwölf Prozent der Jungen  im Alter zwischen 15 und 17 Jahren nimmt ein Antidepressivum ein. Der Anteil der Betroffenen mit Rezept liegt damit zehn Prozent unter im DAK-weiten Bundesdurchschnitt. Anders verhält es sich hingegen beim Anteil medikamentös behandelter Angststörungen. In Niedersachsen bekommen sechs Prozent aller Schulkinder mit einer entsprechenden Diagnose Medikamente verschrieben, das liegt knapp unter dem Bundesschnitt Bundesdurchschnitt (minus zwei Prozent).
Zum Bundesdurchschnitt vergleichbar ist in Niedersachsen auch der Anteil der Jungen und Mädchen mit einer Klinikeinweisung: Jedes 14. niedersächsische Schulkind mit einer diagnostizierten Depression wurde 2017 stationär behandelt, durchschnittlich für 45 Tage. Nach der Entlassung fehlt oft eine passende ambulante Nachsorge. In der Folge ist mehr als jedes vierte dieser niedersächsischen Kinder zwischen zehn und 17 Jahren innerhalb von zwei Jahren mehrfach stationär in Behandlung. „Wir haben offenkundige Versorgungslücken nach der Krankenhausentlassung, die wir dringend schließen müssen“, betont Dirk Vennekold. „Eine Rehospitalisierungsquote von 26,5 Prozent ist alarmierend!“

DAK-Gesundheit entwickelt neue Angebote
Die DAK-Gesundheit in Niedersachsen startet das neue integrierte Versorgungsangebot „veo“, damit Betroffene nach einer Krankenhausentlassung besser aufgefangen werden. „veo“ ermöglicht depressiven Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren für drei Jahre eine vernetzte ambulante Nachsorge und Versorgung. Das Programm „veo“ ist einzigartig. Es hilft Kinder- und Jugendtherapeuten, Psychiatern sowie Haus- und Fachärzten dabei, die die ambulante Nachsorge zu optimieren. Weitere wichtige altersgruppenspezifische Beteiligte wie Beratungsstellen, Schulpsychologen und Jugendämter werden ebenfalls eingebunden. Das Ziel ist eine bessere Vernetzung und damit eine schnelle und unproblematische Hilfe für die betroffenen Kinder – ohne lange Wartezeiten und komplizierte Terminabsprachen.  

Parallel intensiviert die DAK-Gesundheit ihre Aktivitäten im Bereich Stressprävention. Gemeinsam mit der Cleven-Stiftung hat sie mit fit4future Teens ein neues Präventionsprogramm zum Thema Stressprävention für weiterführende Schulen entwickelt. Außerdem bietet sie Kindern ab zwölf Jahren individuell an, ihre seelische Stärke mit einer neuen Software zu trainieren. „DAK Smart4me“ ist kostenfrei zugänglich und passwortgeschützt auf Smartphones und allen anderen Bildschirmgeräten nutzbar. Infos dazu gibt es unter: Externer Linkwww.dak.de/smart4me

Der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit für Niedersachsen untersucht umfassend die Behandlungsdaten der Jahre 2016 und 2017 von fast 73.000 minderjährigen Versicherten der DAK-Gesundheit in Niedersachsen. Die Analysen sind am renommierten Lehrstuhl für „Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement“ der Universität Bielefeld gelaufen.

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