Drei Viertel der Kinder in Baden-Württemberg leiden bei Hitze

- DAK-Kinder- und Jugendreport untersucht erstmals die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit
- Bei Temperaturen über 30 Grad steigt bei Kindern das Risiko für Hitzeschäden um das 7-Fache
- DAK-Landeschef Euerle fordert mehr Hitzeschutz für Kinder
Stuttgart, 30. Juni 2025. Knapp drei Viertel der Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg leiden bei Hitze. Häufige Beschwerden sind Schlafprobleme, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Ab 30 Grad steigt bei baden-württembergischen Kindern das Risiko für behandlungsbedürftige Hitzeschäden wie Sonnenstiche, Krämpfe oder Erschöpfungssymptome um das 7-Fache. Bereits ab 25 Grad lassen sich negative Auswirkungen auf die Gesundheit nachweisen. Das sind die Kernergebnisse des aktuellen DAK-Kinder- und Jugendreports „Gesundheitsrisiko Hitze“. Für die bislang in Baden-Württemberg einmalige wissenschaftliche Untersuchung wurden Abrechnungsdaten der DAK-Gesundheit mit Umweltfaktoren verknüpft. Ferner wurden in einer repräsentativen Forsa-Befragung Minderjährige und ihre Eltern in Baden-Württemberg befragt. Experten sehen in den Ergebnissen des DAK-Reports eine Bestätigung der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse: Kinder sind in Hitzeperioden gesundheitlich besonders gefährdet. DAK-Landeschef Siegfried Euerle fordert, die Bedürfnisse der jungen Generation beim Hitzeschutz künftig stärker zu berücksichtigen.
Für die aktuelle DAK-Sonderanalyse im Rahmen des Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 90.000 Kindern und Jugendlichen bis einschließlich 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit in Baden-Württemberg versichert sind. Analysiert wurden rund sechs Millionen ambulante Arzt- und Therapeutenbesuche, Krankenhausaufenthalte und Arzneimittelverschreibungen pro Jahr und insgesamt über 420.500 baden-württembergische Temperaturdaten des Deutschen Wetterdienstes von 2017 bis 2022. Zusätzlich wurden 166 Eltern und deren Kinder in Baden-Württemberg von Forsa zum Thema Hitze befragt.
„Unser aktueller Kinder- und Jugendreport leistet Pionierarbeit. Zum ersten Mal untersucht die DAK-Gesundheit systematisch den Zusammenhang zwischen Hitze und Kindergesundheit in Baden-Württemberg“, sagt DAK-Landeschef Siegfried Euerle. „Die Folgen des Klimawandels sind längst spürbar – auch bei uns im Süden. Hitzeschutz ist Kinderschutz. Erste Initiativen im Land gehen in die richtige Richtung: Hitzeschutzbündnisse, kommunale Aktionspläne, Schulungen für Kitas und Informationsangebote für Eltern sind wichtige Schritte. Aber es braucht noch mehr. Einen Schulhof kann man nicht herunterkühlen – aber man kann ihn beschatten. Und wenn es heiß wird, muss man Kindern auch ermöglichen sich zurückzuziehen. Hitzeschutz darf kein Ausnahmefall sein, sondern muss vom Spielplatz bis ins Klassenzimmer: fester Bestandteil des Alltags werden. Dabei gilt: Die Stimmen der Kinder müssen gehört werden – nicht überhört.“
Hitze: gesundheitliche Probleme im Ländle
Schlafprobleme, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Kreislaufbeschwerden: Fast drei Viertel (73 Prozent) der Kinder in Baden-Württemberg haben laut eigener Aussage bei Hitze gesundheitliche Probleme. Das ist das Ergebnis der repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit. Die Sicht der Kinder wird von ihren Eltern bestätigt. So nehmen 69 Prozent der Eltern wahr, dass ihre Kinder bei Hitze leiden.
„Der DAK-Report bestätigt bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse: Kinder sind in Hitzeperioden gesundheitlich besonders gefährdet“, sagt Dr. Maria Albers, Mitglied der Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. (KLUG). „Wir brauchen einen adäquaten Hitzeschutz an allen Orten, an denen sich Kinder aufhalten können.“
Die DAK-Auswertung zeigt, dass an Hitzetagen mit einer Temperatur über 30 Grad in Baden-Württemberg jährlich rund 260 Kinder und Jugendliche mit Hitzeschäden in Arztpraxen und Krankenhäusern versorgt werden. Dabei nimmt für Kinder das Risiko für behandlungsbedürftige Hitzeschäden mit steigenden Temperaturen zu: ab 25 Grad um das 6-Fache und ab 30 Grad um das 7-Fache. Jugendliche sind in Baden-Württemberg am stärksten betroffen: Ihr Risiko ist sogar 9-fach erhöht. Allergikerinnen und Allergiker im Ländle leiden ebenfalls sehr: Schon ab einer Temperatur von 25 Grad ist für sie das Risiko um knapp 50 Prozent erhöht, ins Krankenhaus zu müssen.
„Nicht alle hitzebedingten Beschwerden erfordern eine ärztliche Behandlung. Doch bei gestörter Atmung, Kreislaufproblemen, Schwindel oder schweren allergischen Reaktionen ist eine medizinische Versorgung unumgänglich", sagt Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e. V. (BVKJ). „Angesichts des fortschreitenden Klimawandels prognostiziere ich, dass sich die Fälle von hitzebedingten Schäden in unseren Praxen häufen werden. Wenn wir dem vorbeugen wollen, muss sich etwas ändern – und zwar jetzt. Es ist notwendig, Politik, Industrie und Öffentlichkeit stärker in die Pflicht zu nehmen, sowohl den Klimaschutz zu intensivieren als auch die hitzebedingte Aufklärung an Kitas und Schulen zu fördern.“
Hitzeschutz: Kinder und Eltern fühlen sich gut informiert
Die Eltern-Kind-Befragung von Forsa zeichnet ein deutliches Bild: 73 Prozent der Kinder in Baden-Württemberg geben an, dass sie sich sehr gut oder gut über Hitzeschutzmaßnahmen informiert fühlen. Die Sicht der Eltern bestätigt die Selbstauskunft der Kinder: 82 Prozent der Eltern sagen, dass ihre Kinder sehr gut oder eher gut informiert sind.
„Es ist erfreulich, dass sich der überwiegende Teil der Kinder so gut über Hitzeschutzmaßnahmen informiert fühlt“, so BVKJ-Präsident Hubmann. „Verhaltensweisen wie ausreichend trinken, kühle Orte aufsuchen, luftige Kleidung tragen und Wohnräume kühl halten, sind entscheidend, um hitzebedingte Schäden zu vermeiden.“
Klimawandel: mehr Sorgen als im Bund
Steigende Temperaturen und Rekordsommer: Die Eltern-Kind-Befragung offenbart, dass sich Eltern und Kinder in Baden-Württemberg mehr Sorgen über die Folgen des Klimawandels machen als im Bundesdurchschnitt. So sorgen sich im Ländle 33 Prozent der Kinder, dass die Folgen des Klimawandels ihrer Gesundheit schaden könnten. Im Bund sind es 27 Prozent. Bei Eltern ist die Tendenz ähnlich: 39 Prozent der Eltern in Baden-Württemberg machen sich große Sorgen, dass die Folgen des Klimawandels negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben könnten. Im Bund sind es 31 Prozent.
Klimaschutz: größere Unzufriedenheit als im Bund
Die Forsa-Umfrage zeigt, dass 59 Prozent der Kinder in Baden-Württemberg der Ansicht sind, dass Politik, Industrie, Öffentlichkeit und Schulen noch zu wenig für den Klimaschutz tun. Bundesweit sind 48 Prozent der Kinder dieser Meinung. Dieser Trend trifft auch auf die Eltern zu: Hier sehen ebenfalls 59 Prozent das Engagement für mehr Klimaschutz als zu gering an. Im Bund sind es 52 Prozent.
Offizielle Statistiken über die Häufigkeit von Hitzetagen gibt der Deutsche Wetterdienst nur bundesweit bekannt. Die DAK-Auswertung zeigt, dass im Analysezeitraum von 2018 bis 2022 in Baden-Württemberg an 4,9 Prozent aller Tage die Temperatur über 30 Grad lag. Damit liegt Baden-Württemberg über dem Bundesschnitt von 4,1 Prozent.
Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten, davon 630.000 in Baden-Württemberg, die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit.
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(Copyright: DAK-Gesundheit/Gettyimages_AlesVeluscek)
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Daniel Caroppo
Pressesprecher Baden-Württemberg & Saarland
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