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Wie wirkt „bunt statt blau“?

Logo des Plakatwettbewerbs "bunt statt blau" zum 15-jährigen Jubiläum.

Das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung aus Kiel führte in den Jahren 2013, 2014, 2017 und 2024 wissenschaftliche Begleitstudien zum Plakatwettbewerb durch. Was kam bei diesen Studien heraus?

Teilnehmer bewerten den Wettbewerb positiv 

Eine Befragung sollte detailliert darüber Aufschluss geben, wie die Teilnehmer und Teilnehmerinnen selbst den Wettbewerb bewerten. 2013 wurden zwei Gruppen von jeweils 195 Jugendlichen untersucht, die sich nicht hinsichtlich Alter, Geschlecht und Schultyp unterschieden. Die eine Gruppe hatte am „bunt statt blau“-Plakatwettbewerb teilgenommen, die andere nicht. Im Hinblick auf den Alkoholkonsum zeigte sich, dass der Anteil derjenigen, die noch nie getrunken hatten, in der Stichprobe der Teilnehmer und Teilnehmerinnen signifikant höher lag als in der Vergleichsgruppe. Zusätzlich tranken diejenigen, die bereits Alkohol konsumiert hatten, signifikant seltener Alkohol als Jugendliche der Vergleichsgruppe. Auch der Alkoholkonsum der Freunde war in der Gruppe der Teilnehmer geringer. 

Die Jugendlichen beurteilten den Wettbewerb mehrheitlich sehr positiv (siehe Abbildung 1). 27 Prozent der Schülerinnen und Schüler bewerteten den Wettbewerb mit „sehr gut“ und 43 Prozent benoteten ihn mit „gut“. Auch der Spaßfaktor des Wettbewerbs wurde von den Befragten sehr positiv eingeschätzt (siehe Abbildung 2). Über die Hälfte der Jugendlichen (56 Prozent) gab an, dass ihnen der Wettbewerb sehr viel beziehungsweise viel Spaß gemacht hätte. Für die Mädchen galt dies in höherem Maße als für die Jungen, 37 Prozent der Mädchen wählten beispielsweise die höchste Kategorie „sehr viel Spaß“, während sich für diese nur rund 19 Prozent der Jungen entschieden.

Abbildung 1 & 2: Bewertung des Wettbewerbs und des Spaßfaktors durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

bunt-statt-blau-Studie: Grafik zur Bewertung des Wettbewerbs durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
bunt-statt-blau-Studie: Grafik zur Bewertung des Wettbewerbs durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Die Befragung der Jugendlichen ergab darüber hinaus, dass die Mehrheit der Auffassung war, durch „bunt statt blau“ persönlich etwas über die Gefahren von Alkohol gelernt zu haben. Die Befragten waren ebenfalls mehrheitlich der Meinung, der Wettbewerb würde dazu beitragen, dass junge Leute vernünftiger mit Alkohol umgehen. Zwei Drittel der Jugendlichen würden sich auch erneut an dem Wettbewerb beteiligen. Jugendliche, die bereits Alkohol konsumiert hatten, gaben seltener an, dass sie etwas über die Gefahren von Alkohol gelernt hätten oder dass sie nun anders über die Wirkung von Alkohol denken.

Rauschtrinken ist bei Teilnehmern seltener 

Im Jahr 2014 erfolgte eine zweite Online-Befragung, an der 206 Schülerinnen und Schüler teilnahmen. Wie bei der Befragung im Jahr 2013 war der Großteil der Jugendlichen weiblich. Auch für diese Befragung wurde eine hinsichtlich Alter und Geschlecht parallele, gleich große Vergleichsstichprobe von Jugendlichen ohne Wettbewerbserfahrung gezogen. Insgesamt konnte für die beiden Jahre eine Gesamtstichprobe von 802 Jugendlichen analysiert werden. 

Zu beiden Zeitpunkten waren es eher Schüler ohne „bunt statt blau“-Erfahrung, die Alkohol konsumierten: Fast 90 Prozent von ihnen hatten schon einmal Alkohol getrunken, von den „bunt statt blau“-Teilnehmern hingegen nur maximal 75 Prozent. Es zeigte sich, dass die Wettbewerbsteilnehmer eine geringere Lebenszeitprävalenz für Alkoholkonsum sowie einen niedrigeren aktuellen Alkoholkonsum aufwiesen als Jugendliche in einer hinsichtlich Geschlecht und Alter parallelen Zufallsstichprobe. (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Prävalenz des Alkoholkonsums

bunt-statt-blau-Studie: Grafik zur Prävalenz des Alkoholkonsums.

Die Stichprobe aus dem Jahr 2014 war im Durchschnitt ein halbes Jahr älter als die Stichprobe aus 2013: Das mittlere Alter der Befragten lag bei 15,5 Jahren (2013: 14,8 Jahre). Von daher war zu erwarten, dass die Jugendlichen insgesamt mehr Kontakt mit Alkohol hatten, sowohl sie selbst als auch ihre Freunde. Im Hinblick auf die Zahl der Alkohol trinkenden Freunde zeigte sich auch in beiden Gruppen ein entsprechend hoher Anstieg. In der „bunt statt blau“-Gruppe lag der Anteil der Befragten mit Alkohol trinkenden Freunden 2013 bei 39,8 und 2014 bei 50,7 Prozent (+10,9 Prozent). In der Vergleichsgruppe lagen die Quoten bei 53,4 beziehungsweise 64,6 Prozent (+11,2 Prozent). 

Anders sieht es beim sogenannten Rauschtrinken oder Binge Drinking aus, bei dem bei einer Gelegenheit fünf oder mehr alkoholische Getränke konsumiert werden. Nur in der Vergleichsgruppe fand sich beim Anteil der Rauschtrinker eine solche Erhöhung, in der „bunt statt blau“-Gruppe jedoch nicht (siehe Abbildung 4). Dies kann als Wirkung des Wettbewerbs interpretiert werden.

Eine unmittelbare kausale Rückführung dieser Unterschiede auf den Plakatwettbewerb „bunt statt blau“ ist aufgrund des Studiendesigns nicht möglich. Die Ergebnisse der beiden Studien sind gleichwohl sehr lehrreich und sprechen für eine messbare Wirksamkeit der Maßnahme.

Abbildung 4: Prävalenz des Rauschtrinkens

(Antworten auf die Frage „Wie häufig hast du schon fünf oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit getrunken?“)

bunt-statt-blau-Studie: Grafik zur Prävalenz des Rauschtrinkens.

„bunt statt blau“-Plakate sind wirksam

Im Jahr 2017 wurde im Rahmen einer weiteren Studie untersucht, welche Wirkung die gemalten Plakate auf alkoholbezogene Einstellungen von Jugendlichen haben. Dabei wurde auch geprüft, ob es einen Unterschied zu herkömmlichen bildlichen Warnhinweisen gibt.

An der bundesweiten experimentellen Onlinestudie beteiligten sich insgesamt 1.273 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 18 Jahren. Die Teilnehmenden wurden im Rahmen der Studie per Zufall entweder mit einem „bunt statt blau“-Plakat, einem konventionellen Warnhinweis oder einem neutralen Bildern konfrontiert. Die Präsentation dauerte in allen drei Bedingungen sechs Sekunden. Anschließend sollten sie einen Fragebogen zum Thema Alkohol ausfüllen. Da die Zuordnung per Zufall erfolgte, sollten Unterschiede im Antwortverhalten auf die Präsentation des Bildes zurückgeführt werden können.

Die sehr kurzen Präsentationen der gemalten Plakate lösten tatsächlich messbare Effekte bei alkohol-bezogenen Kognitionen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus. Der zentrale Befund zeigte sich bei der Frage danach, wie gefährlich beziehungsweise schädlich der regelmäßige Konsum von Alkohol eingeschätzt wurde. Hier zeigte sich, dass die Plakate eine sensibilisierende Wirkung hatten, die sich durch traditionelle, eher an erwachsene gerichtete, Warnhinweise nicht erzielen ließ. Sechs von zehn Studienteilnehmern in der „bunt statt blau“-Gruppe assoziierten mit Alkohol ein hohes Risiko. Das waren 18 Prozent mehr als in der Warnhinweis-Gruppe (siehe Abbildung 5). Für eine hohe Risikoeinschätzung mussten die Befragten auf einer Skala von null bis zehn mindestens eine Acht vergeben. 

Es zeigten sich in der Studie keine Hinweise, dass die Rezeption von „bunt statt blau“-Plakaten negative Effekte auslöst. Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass Negativbotschaften beim Rezipienten zu Angst und somit zu ungewollten Gegenreaktionen führen.

Das ist bei den von Schülern gemalten Plakaten nicht der Fall. Die Befunde sprechen insgesamt dafür, dass die Plakate zur Sensibilisierung über die schädlichen Wirkungen von Alkohol geeignet sind und das möglicherweise besser als konventionelle bildliche Warnhinweise, die sich eher an Erwachsene richten.

Abbildung 5: So wirken Schülerplakate gegen Komasaufen

Selbstgemalte Motive sensibilisieren stärker als konventionelle Warnhinweise

Sechs von zehn Jugendliche, die mit einem „bunt statt blau“-Plakat konfrontiert wurden, assoziieren mit Alkohol ein hohes Risiko. Das sind 18 Prozent mehr als bei Jugendlichen, die einen konventionellen Warnhinweis vor Augen hatten.

bunt-statt-blau-Studie: Grafik zur Wirkung von Schülerplakaten gegen Komasaufen.

Quelle: DAK-Onlinestudie 2017 zur Wirksamkeit von „bunt statt blau“-Plakaten

„bunt statt blau“ als Bestandteil der schulischen Suchtvorbeugung

Im Jahr 2024 wurde innerhalb einer Fall-Kontroll-Analyse auf Schulebene untersucht, ob die regelmäßige Umsetzung des Präventionsprogramms „bunt statt blau“ mit dem Rauschtrinken von Jugendlichen assoziiert sein könnte. Im Rahmen dieser empirischen Studie wurden Schülerinnen und Schüler an einer Schule, die als Teil der schulischen Suchtvorbeugung auch regelmäßig „bunt statt blau“ durchgeführt hat, hinsichtlich der Prävalenz des Rauschtrinkens mit der Schülerschaft an Schulen verglichen, die nicht an dem Plakatwettbewerb teilgenommen haben. Die Daten entstammen der Studie „Präventionsradar“, einer jährlich durchgeführten Fragebogenstudie in Schulen mit Sekundarstufe I. In die Analyse flossen Fragebogendaten von 856 Schülerinnen und Schülern ein, deren mittleres Alter 14 Jahre betrug. In Bezug auf die Schulart, den subjektiven Sozialstatus sowie die Persönlichkeitseigenschaft „Sensation Seeking“ waren die beiden Gruppen vergleichbar. 

Die durchgeführte Fallanalyse zeigt, dass die regelmäßige Implementierung des Plakatwettbewerbs „bunt statt blau“ als integraler Bestandteil der schulischen Suchtvorbeugung einer Schule über die Schuljahre hinweg mit einer geringeren Lebenszeitprävalenz des Rauschtrinkens einhergeht (siehe Abbildung 6).

Abbildung 6: Lebenszeitprävalenz des Rauschtrinkens in Abhängigkeit der Suchtvorbeugung der Schulen mit und ohne Teilnahme am Plakatwettbewerb „bunt statt blau“

bunt-statt-blau-Studie: Grafik zur Lebenszeitprävalenz des Rauschtrinkens in Abhängigkeit der Suchtvorbeugung der Schulen.

Des Weiteren lässt sich feststellen, dass die Prävalenz des aktuellen Rauschtrinkens, d. h. des Rauschtrinkens in den letzten 4 Wochen vor der Befragung bei den Schülerinnen und Schülern, die eine Schule besuchen, an der die „bunt statt blau“-Kampagne regelmäßig umgesetzt wird, geringer ausfällt als an Schulen ohne Durchführung des Plakatwettbewerbs (siehe Abbildung 7).

Abbildung 7: Prävalenz des aktuellen Rauschtrinkens in Abhängigkeit der Suchtvorbeugung der Schulen mit und ohne Teilnahme am Plakatwettbewerb „bunt statt blau“

bunt-statt-blau-Studie: Grafik zur Prävalenz des aktuellen Rauschtrinkens in Abhängigkeit der Suchtvorbeugung der Schulen.

Im Schuljahr 2020/21 gingen sowohl in der „bunt statt blau“-Gruppe als auch in der Vergleichsgruppe die Zahlen Jugendlicher, die aktuell Rauschtrinken praktizierten, zurück, um danach wieder anzusteigen. Dieser temporäre Rückgang kann sehr wahrscheinlich auf die ergriffenen Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie zurückgeführt werden, die zu erheblichen Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben geführt hatten. In dieser Zeit hatten Jugendliche deutlich weniger Gelegenheiten für ein soziales Miteinander und damit auch zum Rauschtrinken. 

In den jüngeren Schuljahren 2021/2022 sowie 2022/2023 wurde für die „bunt statt blau“-Gruppe ein Anteil von 17 Prozent (Schuljahr 2021/2022) und für das Schuljahr 2022/2023 ein Anteil von 16 Prozent der Befragten mit aktuellem Rauschtrinken ermittelt. Die Quoten der Vergleichsgruppe liegen bei 22 Prozent beziehungsweise 21 Prozent und differieren damit um fünf Prozentpunkte. 

Eine unmittelbare kausale Rückführung der unterschiedlichen Verläufe des Rauschtrinkens der Schülerschaft auf den Plakatwettbewerb „bunt statt blau“ ist nicht möglich. Dennoch kann diese Trendanalyse als Hinweis auf einen Effekt des Wettbewerbs verstanden werden und spricht für eine regelmäßige Implementierung des Wettbewerbs im Rahmen der schulischen Suchtvorbeugung einer Schule.

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