Familienpower statt Digitalstress: fit4future-Tipps für mehr Rückhalt, Selbstwertgefühl und Medienbalance

Abends am Küchentisch: Das Essen ist fertig, doch Ihr Teenager ruft aus dem Zimmer: „Gleich, ich muss nur noch schnell das Video auf TikTok zu Ende schauen, der Typ ist sooo cool!“ – und bleibt am Handy oder Controller. Diese Szene ist in vielen Familien Alltag. Laut einer aktuellen Suchtstudie unserer Krankenkasse steckt hinter Mediennutzung oft mehr als ein Hobby: So nutzt z. B. ein Viertel der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren soziale Medien im riskanten Ausmaß oder sogar pathologisch – mit zweieinhalb Stunden an einem typischen Wochentag.
Die Studie zeigt außerdem: Die betroffenen Jugendlichen berichten deutlich häufiger von Einsamkeit, Stress und depressiven Symptomen. Gleichzeitig setzen 40 Prozent der Eltern kaum oder gar keine Grenzen bei Medienzeit oder Inhalten. Hier liegt ein entscheidender Hebel: Denn Familie kann viel tun, um es gar nicht so weit kommen zu lassen. Nicht durch strenge Verbote, sondern durch Beziehung, klare Regeln und Wertschätzung.
Unser Präventionsprogramm fit4future hat genau deshalb „Suchtprävention“ als einen seiner Themenschwerpunkte. An den teilnehmenden Schulen und Kitas lernen die Kinder, wie Bewegung, aber vor allem auch gesunde Routinen und ein gestärktes Selbstwertgefühl Kinder und Jugendliche langfristig schützen. Auch Familien profitieren von den Inhalten. In diesem Beitrag erhalten Sie einen kurzen Einblick in diesen Themenbereich mit wertvollen Tipps für Ihren Alltag.
Warum Familie so viel bewirken kann
Jugendliche sind auf der Suche: nach Zugehörigkeit, Anerkennung, Abenteuer und Freiheit. Likes, Highscores oder neue Follower scheinen diese Bedürfnisse oft schneller zu erfüllen als Gespräche am Esstisch. Doch Studien belegen: Ein stabiles Familienklima, feste Rituale und echtes Interesse der Eltern stärken den Selbstwert und können riskantem Medienkonsum vorbeugen.
Wer sich zu Hause gesehen und akzeptiert fühlt, entwickelt leichter ein gesundes Selbstwertgefühl – und ist damit besser gewappnet, sich von Gruppendruck, Dauer-Online-Reiz und problematischen Inhalten abzugrenzen. Wer sich hingegen unsicher fühlt, wird es vielleicht nicht ansprechen, wenn komische Bilder im Klassenchat gepostet werden oder man auf Social Media beleidigt wird. Familie ist damit nicht nur ein sicherer Rückzugsort, sondern wirkt aktiv als Schutzfaktor gegen Suchtentwicklung.
Selbstwertgefühl – das beste Anti-Sucht-Tool
Selbstwert entsteht, wenn Jugendliche erleben: „Ich werde wahrgenommen und geschätzt – so wie ich bin.“ Eltern können hier mit einfachen Gesten viel bewegen. Besonders wirkungsvoll ist die Übung „Drei Dinge, die ich an dir mag“. So geht’s:
- Sagen Sie Ihrem Kind regelmäßig drei konkrete Dinge, die Sie an ihm oder ihr schätzen – zum Beispiel Hilfsbereitschaft, Humor und Verlässlichkeit.
- Diese Anerkennung von Eigenschaften stärkt das Selbstvertrauen, fördert eine positive Gesprächskultur und hilft Jugendlichen, sich in schwierigen Situationen besser abzugrenzen.
- Auch kleine Alltagsgesten wirken: aufmerksam zuhören, ehrlich loben („Ich sehe, dass du dich echt reingehängt hast in Mathe – die gute Note ist dein Verdienst.“), Fehler akzeptieren und gemeinsam Lösungen suchen.
Jugendliche, die zu Hause Wertschätzung erfahren, müssen weniger Bestätigung in riskanten Online-Welten suchen.
Rituale und Regeln – Halt geben statt verbieten
Regeln müssen nicht streng sein, aber sie geben Orientierung und entlasten den Alltag. Für alle Beteiligten. Wichtig ist, dass sie gemeinsam vereinbart werden. Einige Beispiele:
- Medienfreie Zonen: etwa kein Handy beim Essen, bei den Hausaufgaben oder kurz vor dem Schlafengehen.
- Feste Gaming-Zeiten: besser klare Zeitfenster als spontane Verbote.
- Familienrituale: gemeinsames Abendessen, ein cooler Ausflug am Sonntag oder ein kurzer Wochenrückblick am Freitagabend mit anschließendem Spiele-Marathon (nicht digital, sondern mit echten Spielen!).
Solche Routinen vermitteln Sicherheit und signalisieren Ihrem Kind: „Hier werde ich gesehen, hier zähle ich.“ Rituale sind gerade in der turbulenten Pubertät ein verlässlicher Anker. Schauen Sie, was zu Ihrer Familie und Ihrer spezifischen Situation gut passt. Probieren Sie Strategien und Regeln aus – und passen Sie diese an, wenn sie nicht mehr funktionieren oder nicht mehr nötig sind.
Vertrauen wächst durch gemeinsame Erlebnisse
Vertrauen und Rückhalt sind nicht selbstverständlich – sie entstehen, wenn Eltern aktiv daran arbeiten. Zwei einfache Übungen aus der Praxis können dabei helfen, diese Beziehungsqualitäten zu stärken:
- Vertrauensfall: Ihr Kind schließt die Augen und lässt sich rückwärts in Ihre Arme fallen – stärkt das Gefühl von Sicherheit und Bindung.
- Orientierungsspiel: Mit verbundenen Augen wird ein Familienmitglied durch das Zuhause geführt und ertastet Gegenstände – sorgt für Spaß, Kommunikation und Nähe.
Auch im digitalen Alltag gilt: Interesse statt Kontrolle. Lassen Sie sich Apps und Spiele zeigen, fragen Sie nach, was Ihr Kind daran fasziniert. Spielen Sie vielleicht auch mal mit, um die ausgelösten Gefühle besser nachvollziehen zu können. Wer sich verstanden fühlt, bleibt im Gespräch – gerade, wenn es um Sorgen oder Grenzverletzungen geht.
Kleine Schritte, große Wirkung
Kein Familienleben läuft perfekt – und niemand muss alles auf einmal verändern. Schon kleine Schritte wie mehr Wertschätzung, klare Regeln und echte Gespräche können den Alltag spürbar verbessern.
Probieren Sie es aus und nutzen Sie die positive Wirkung für Ihr Familienleben: Schaffen Sie handyfreie Inseln, schenken Sie Lob und Aufmerksamkeit, feiern Sie kleine Erfolge und bleiben Sie im Dialog. So wird Ihr Zuhause zu einem sicheren Hafen – und Ihr Teenager lernt, digitale Angebote bewusst und selbstbestimmt zu nutzen.

