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Gegen den Trend: Mehr Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen in Berlin

Berlin, 23. Februar 2022. Während der Corona-Pandemie sind Jugendliche in Berlin wegen Alkoholmissbrauchs häufiger in ärztlicher Behandlung als im Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2020 ist der Anteil der Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren, die in Folge erheblichen Alkoholkonsums in der Hauptstadt ärztlich oder im Krankenhaus behandelt wurden, gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent angestiegen. Auf Bundesebene hat sich ein komplett anderer Trend gezeigt. Hier ging die Behandlungshäufigkeit in dieser Altersgruppe um 28 Prozent zurück. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Kinder- und Jugendreports der DAK-Gesundheit für Berlin. Der exzessive Konsum von Cannabis nahm gar um 50 Prozent zu. Auch die psychische Belastung ist deutlich gestiegen: So wurden 2020 mehr als 17 Prozent mehr Jugendliche erstmals mit einer Depression ärztlich behandelt als im Vorjahr.

Im Rahmen des Reports untersuchten Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld anonymisierte ambulante und stationäre Abrechnungsdaten von mehr als 41.000 Kindern und Jugendlichen im Alter bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit in Berlin versichert sind. Analysiert wurden die Jahre 2019 und 2020. Der Report basiert damit auf Daten von rund sieben Prozent aller Kinder und Jugendlichen in der Hauptstadt und ist hinsichtlich der Alters- und Geschlechtsverteilung repräsentativ.

DAK-Landesvertretung: Alarmsignal mit Handlungsbedarf
"Unser aktueller Landesreport zeigt eindrucksvoll, dass die Corona-Pandemie negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Berlin hat. Der Report ist ein Alarmsignal und offenbart einen dringenden Handlungsbedarf in vielen Bereichen der Kinder- und Jugendgesundheit“, so Volker Röttsches, Leiter der Landesvertretung Berlin. „Das Thema Gesundheit gehört auf den Stundenplan in der Schule. Hier bedarf es im Unterricht intensiver Aufklärung über Adipositas und den Gefahren von Suchtmitteln. Generell muss die Politik dem Thema ein deutlich stärkeres Gewicht geben. Die Einrichtung einer Enquete-Kommission ist hier aus meiner Sicht der richtige Weg.“

KV-Chef Ruppert fordert klaren Fahrplan für Herbst
„Zwei Jahre Pandemie haben allen zugesetzt. Vor allem die psychische Belastung ist bei vielen Menschen gestiegen, aber gerade die aktuellen DAK-Zahlen bei den Kindern und Jugendlichen machen sehr nachdenklich. Auch der Blick in die Praxen zeigt, dass seit Corona-Beginn immer häufiger Verhaltensstörungen, depressive Verstimmungen und psychosomatische Probleme bei unseren Jüngsten diagnostiziert wurden. Das sind alarmierende Ergebnisse, mit denen sich auch Politik beschäftigen muss“, sagt Dr. Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin. „Corona ist nicht vorbei, wir brauchen auch für den kommenden Herbst einen klaren Fahrplan. Dazu gehört ein regelmäßiger Präsenzunterricht, die Rückkehr zu regelmäßigen gesundheitlichen Vorsorgeuntersuchungen, eine intensivere Betreuung der Kinder und Jugendlichen, die im Besonderen unter der Pandemie leiden, aber auch mehr niedrigschwellige Angebote für sozial schwächere Familien.“

Mehr Suchtmittelmissbrauch in Berlin
2020 lagen die alkoholbedingten Behandlungen von 15- bis 17-Jährigen zwölf Prozent höher als im Vorjahr. Im Bundesdurchschnitt wurden in dieser Altersgruppe hingegen rückläufige Fallzahlen beobachtet (minus 28 Prozent). Auch bei weiteren Drogen zeigt sich in der Hauptstadt eine Zunahme. Besonders stark ist der Anstieg von Behandlungen im Kontext Cannabis: So wurden in Berlin 2020 drei Jugendliche je 1.000 ärztlich oder im Krankenhaus behandelt, annähernd so viele wie im Bundesschnitt. Im Vorjahr waren es noch zwei je 1.000. Während allerdings im Bundesgebiet die Zahlen zurückgingen, stiegen Sie in Berlin um 50 Prozent. Einzig beim Tabakkonsum verringerten sich die Behandlungen um 26 Prozent.

Neuerkrankungen von Depressionen nehmen zu
Die Zahlen zeigen, dass die Corona-Pandemie vor allem ältere Kinder in Berlin psychisch belastet. So stieg die Anzahl der 15- bis 17-Jährigen, die erstmals mit einer Depression behandelt werden mussten, um mehr als 17 Prozent (Bund: plus acht Prozent). Bei den Fünf- bis Neunjährigen blieben die Zahlen konstant, bei den Zehn- bis 14-jährigen gab es sogar einen Rückgang von rund sieben Prozent. Mädchen wurden über alle Altersgruppen öfter wegen einer Depression behandelt als gleichaltrige Jungen. Bei den älteren Jugendlichen sogar mehr als zweimal so häufig.

Adipositas: Insbesondere jüngere Kinder betroffen
Bei Adipositas-Erkrankungen befindet sich Berlin über dem Bundesschnitt. So lag die Neuerkrankungsrate 2020 bei Kindern im Grundschulalter zwischen fünf und neun Jahren um 21 Prozent höher als im Vorjahr (Bund: 16 Prozent). Im Alter zwischen zehn und 14 Jahren gab es einen Rückgang um vier Prozent. Auffällig in dieser Altersgruppe: Jungen sind hier deutlich häufiger wegen starken Übergewichts in ärztlicher Behandlung als Mädchen (plus 42 Prozent).

Weniger Vorsorgeuntersuchungen
Der Kinder- und Jugendreport zeigt darüber hinaus, dass Vorsorgeuntersuchungen in Berlin rückläufig sind. Die Anzahl der durchgeführten sogenannten U-Untersuchungen für Kinder (U3-U9) und Jugendliche (J1) sanken in der Hauptstadt um drei Prozent. Auf Bundesebene wurden im Jahresmittel konstante Fallzahlen beobachtet. „Vorsorgeuntersuchungen sind in der gesundheitlichen Entwicklung von Kindern wichtige Gradmesser“, sagt Volker Röttsches. „Es erfüllt uns mit Sorge, dass diese in Berlin zuletzt weniger in Anspruch genommen wurden.“

Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit. Insgesamt sind bei der Krankenkasse in Berlin mehr als 239.000 Menschen versichert.

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