Internetsucht: So schützen Sie Ihre Kinder

Internetsucht: Liegender Junge guckt auf sein Handy.

Die sogenannte „Internetsucht“ ist ein relativ neues Phänomen, das besonders junge Menschen betrifft. Es gibt verschiedene, spezifische Formen internetbezogener Störungen. Das exzessive Computer- und Videospielen, auch "gaming disorder" genannt, ist nicht nur am besten erforscht, sondern bisher auch, neben der Glücksspielstörung, die erste offiziell anerkannte Verhaltenssucht in internationalen Klassifizierungssystemen.

In Deutschland haben Millionen Kinder und Jugendliche Probleme durch exzessiven Medienkonsum (Gaming, Streaming, Social Media). Laut einer 2025 veröffentlichten Studie von DAK-Gesundheit und dem UKE zeigen mehr als 25 Prozent der 10- bis 17-Jährigen eine riskante oder pathologische Social-Media-Nutzung – rund 1,3 Millionen Jugendliche sind betroffen. Trotz leichter Rückgänge liegen die Werte weiterhin über dem Niveau von 2019.

Symptome: Wie erkenne ich eine Internetsucht?

Es gibt verschiedene Anzeichen, die auf einen übermäßigen und auch auf einen krankhaften Internetgebrauch hindeuten. Diese Symptome treten besonders häufig auf:

  • Die Internetnutzung (Zeitumfang, Beginn, Ende) kann nicht mehr kontrolliert werden.
  • Freundschaften und andere Hobbies werden vernachlässigt oder aufgegeben.
  • Trotz negativer Folgen wie Konflikte mit Partnern, Problemen am Arbeitsplatz, Schlafmangel etc. wird an der übermäßigen Internetnutzung festgehalten.
  • Auch offline drehen sich die Gedanken unablässig um Online-Aktivitäten.
  • Starkes Bedürfnis, immer mehr und mehr Zeit im Internet zu verbringen.
  • Entzugserscheinungen wie innere Unruhe, Gereiztheit und Aggressivität bei Offline-Aktivitäten.
  • Internetaktivität wird genutzt, um negativen Stimmungslagen zu entfliehen.
  • Familienmitglieder oder andere Personen werden hinsichtlich des tatsächlichen Ausmaßes der Internetnutzung belogen.
  • Gefährdung oder Verlust einer wichtigen Beziehung, der Ausbildungs-/Karrieremöglichkeit aufgrund des Spielverhaltens.

Wenn es zu einer Häufung der angeführten Symptome kommt, sollten Sie sich unbedingt professionelle Unterstützung suchen. Werden die oben genannten Kriterien über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten erfüllt und führen sie zu erheblichem Stress sowie zu deutlichen Beeinträchtigungen in zentralen Lebensbereichen, kann die Diagnose gestellt werden.

Aus der Forschung wissen wir, dass diese drei Kriterien am besten zwischen problematischer und unproblematischer Nutzung unterschieden können:

  • Kontrollverlust

  • Vernachlässigung anderer Lebensinteressen und Verpflichtungen

  • Fortsetzung des Verhaltens trotz negativer Folgen

Definition und Ursachen: Was ist eigentlich Internetsucht?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn es gibt bisher keine allgemeine, einheitliche Definition.

Suchtartiges Verhalten zeichnet sich dadurch aus, dass der Betroffene seine Internetaktivitäten nicht mehr beeinflussen kann und der Umgang mit dem Internet so großen Einfluss auf sein Leben hat, dass andere Bereiche wie Familie, Hobbies, Beruf, Hygiene etc. beeinträchtigt werden.

Der Übergang von einem normalen Nutzungsverhalten hin zu einer suchtgetriebenen Aktivität tritt dabei meist schleichend ein und ist nur schwer zu erkennen. Von einer internetbezogenen Störung ist erst dann die Rede, wenn mehrere Symptome über mindestens 12 Monate auftreten.

Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen ist zu einem dauerhaften und ernsten Problem geworden. Wenn junge Menschen ohne Ende online sind, dann schadet das häufig der Gesundheit und führt zu sozialen Konflikten.

Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit

Warum wird das Internet immer häufiger genutzt?

Hier spielt die Verfügbarkeit eine große Rolle: Der Zugang zum Internet ist heute von (fast) überall aus möglich. Gerade junge Menschen sind daher meist mehrere Stunden am Tag online.

Hinzu kommt: Das Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten hat für uns einerseits einen rein funktionalen Nutzen, anderseits aber auch einen emotionalen. Während der funktionale Nutzen vor allem praktische Vorteile bringt, weil das Internet die Informationssuche oder organisatorische Tätigkeiten vereinfacht, birgt der emotionale Nutzen viel Suchtpotenzial. Denn das Internet bietet durch Social Media-Angebote, Rollenspiele etc. viele Möglichkeiten, Anerkennung zu bekommen. Darüber hinaus verleiten derartige Aktivitäten, alltäglichen Problemen und negativen Emotionen zu entfliehen.

Wie und warum sich internetbezogene Störungen entwickeln, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion. Der aktuelle Forschungsstand deutet auf ein komplexes Zusammenspiel individueller Faktoren, sozialer und umweltbezogener Einflüsse sowie spezifischer Merkmale digitaler Medien hin. Belastbare Erkenntnisse zu klaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen liegen bislang jedoch nicht vor.

Neues DAK-Mediensuchtscreening für Jugendliche

Die DAK-Gesundheit erweitert ihr Präventionsangebot gegen Mediensucht: Seit 2020 wird in mehreren Bundesländern im Rahmen der J1- und J2-Vorsorgeuntersuchungen ein spezielles Screening angeboten – seit dem 1. April 2025 bundesweit. Mithilfe eines Fragebogens werden Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren auf Anzeichen von Mediensucht nach ICD-11-Kriterien untersucht. Bei Auffälligkeiten erhalten Familien individuelle Unterstützung und Hinweise auf Behandlungsmöglichkeiten. Das Screening ist für DAK-Versicherte kostenfrei. Zusätzlich fördert die Krankenkasse die Online-Anlaufstelle Mediensucht am UKE: Externer Linkwww.mediensuchthilfe.info

Die richtige Therapie bei Internetsucht

Wer unter einer Internetsucht leidet und allein keinen Ausweg findet, kann eine Therapie in Anspruch nehmen. Je nachdem, wie das persönliche Umfeld des Betroffenen strukturiert und wie schwerwiegend die Internetsucht ist, eignet sich eine ambulante oder eine stationäre Therapie.

In einer solchen Therapie geht es zunächst darum, die Hintergründe des eigenen Verhaltens zu erkennen und zu verstehen. Mit Hilfe dieser Erkenntnis können dann gemeinsam mit den Suchtexperten Lösungswege und Verhaltensstrategien entwickelt werden. Ziel der Therapie ist es, den Internetgebrauch zu normalisieren und eine Balance zwischen „online“ und „offline“ zu finden. Hilfreich für eine erfolgreiche Therapie ist es, wenn der behandelnde Psychotherapeut oder die Psychotherapeutin sich auf die Behandlung von Internetsucht spezialisiert hat. Aber auch ohne Spezialisierung können Psychotherapeutinnen und -therapeuten helfen.

Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige

Neben dem Hausarzt oder der Hausärztin bieten auch die folgenden Stellen Hilfe:

Tipps zur Internetnutzung: So senken Sie das Sucht-Risiko

Machen Sie sich Sorgen um den Internetkonsum Ihres Kindes? Diese Maßnahmen senken das Risiko, dass Ihr Kind internetsüchtig wird:

  • Sperren Sie den Zugang zu Seiten mit pornografischen Inhalten oder Gewalt-Szenen.
  • Für Kinder unter zwölf Jahren sind Smartphones in der Regel nicht empfehlenswert.
  • Vereinbaren Sie handyfreie Zeiten und Zonen. Während des Essens, im Bett und vor dem Zubettgehen sollten Kinder und Jugendliche keine Zeit mehr am Smartphone oder Computer verbringen.
  • Bieten Sie andere Freizeitaktivitäten an wie etwa ein neues Hobby oder Unternehmungen. So kommen die Kinder automatisch weg vom Bildschirm.
  • Treten Sie als gutes Vorbild auf – und beachten Sie ebenfalls die handyfreien Zeiten und Zonen.
  • Sprechen Sie das Problem offen an – und lassen Sie sich nicht von einer ablehnenden Haltung oder einer aggressiven Reaktion verunsichern.
  • Seien Sie einfühlsam und lassen der betroffenen Person so viel Raum wie möglich, ihre eigenen Gefühle und ihre Sicht auf die eigene Internetaktivität zu erklären.

Diese Tipps können dabei helfen, Kontakt zu der betroffenen Person aufzunehmen und das Gespräch zu suchen, nicht aber eine Diagnose zu stellen oder eine Verhaltensänderung gegen den Willen des Betroffenen durchzusetzen.

 Wir erleben im klinischen Alltag, dass die digitale Welt zunehmend auch als störend empfunden wird. Gleichzeitig zeigt sich ein fehlender Effekt bei der elterlichen Regulation. Das Handeln der Eltern passt also häufig nicht zum eigentlichen Erziehungsanspruch.

Prof. Rainer Thomasius, ehemaliger Studienleiter und Ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ)

Ihr persönliches Medientagebuch

Um das Nutzungsverhalten besser vor Augen zu haben, kann ein Medientagebuch helfen. Hier können Sie sich Ihr persönliches Medientagebuch herunterladen.

Häufige Fragen zur Internetsucht bei Jugendlichen

Sie haben noch eine Frage? Hier gibt es weitere Antworten zum Thema Internetsucht bei Jugendlichen.

Was passiert im Gehirn bei Internetsucht?

Bei Internetsucht werden die Belohnungszentren im Gehirn, vor allem das dopaminerge System, dauerhaft aktiviert. Dies führt zu einer starken Verknüpfung von Lust und Interneterfahrung, wodurch die Kontrolle über die Nutzung sinkt und es zu Entzugserscheinungen kommen kann. Langfristig kann sich die Gehirnstruktur ähnlich wie bei anderen Suchterkrankungen verändern.

Was können Eltern bei Mediensucht bei Kindern tun?

Eltern sollten klare Regeln für Medienzeiten aufstellen, alternative Freizeitaktivitäten fördern und mit ihren Kindern offen über Mediennutzung sprechen. Zudem ist es wichtig, frühzeitig Warnsignale zu erkennen und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein strukturiertes und unterstützendes Umfeld hilft, den Umgang mit Medien zu regulieren.

Was tun bei Internetsucht bei Kindern?

Bei Verdacht auf Internetsucht sollten Eltern eine ärztliche oder therapeutische Beratung suchen, um eine individuelle Diagnose und Behandlung zu ermöglichen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Mediennutzung zu begrenzen und soziale Aktivitäten außerhalb des Internets zu stärken. Professionelle Angebote wie Verhaltenstherapie haben sich als wirksam erwiesen.
Autor(in)

Qualitätssicherung

Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ)

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