Mikroplastik – gesundheitsschädlich oder harmlos?
Immer wieder hören wir davon, dass Mikroplastik unsere Umwelt belastet und die Gesundheit von Tieren und Menschen bedroht. Doch was genau ist Mikroplastik eigentlich? Welche Gefahren gehen davon aus und wie können wir uns davor schützen? Wir haben für dich wichtige Informationen zusammengestellt.
Was ist Mikroplastik und wie entsteht es?
Zunächst einmal ist Plastik ein Produkt mit sehr praktischen Eigenschaften. Es ist stabil, leicht zu reinigen, preiswert. Doch daraus erwächst auch das Problem: Weil Plastik billig zu produzieren ist, wird es massenhaft eingesetzt. Und weil es sich nicht auflöst, sondern in nur immer kleinere Partikel zerfällt, verschwindet es aus der Umwelt nicht mehr. Sind diese festen, nicht wasserlöslichen Kunststoffteilchen fünf Millimeter und kleiner, werden sie als Mikroplastik bezeichnet.
Eine echte Definition gibt es nicht. Doch diese Größenordnung hat sich von den Vereinten Nationen über Behörden wie das Umweltbundesamt oder wissenschaftliche Institutionen bis hin zu Umweltschutzverbänden durchgesetzt. Umweltverbände wie Greenpeace oder der BUND zählen auch synthetische Polymere dazu, die in eine Wechselwirkung mit Wasser treten. Solche sind vielfach in Kosmetikprodukten enthalten. Das Umweltbundesamt hingegen bewertet diese einfach wie andere Chemikalien.
Wo überall steckt Mikroplastik drin?
Kunststoffe in mikroskopisch kleinen Einheiten sind in unzähligen Produkten enthalten. Sie unterscheiden sich in ihrer Herkunft: Kosmetika, Textilien, Reifen und Co. werden sie bewusst zugesetzt, etwa um eine bestimmte Reinigungswirkung, Trübung oder Haltbarkeit zu gewährleisten. Man nennt es dann primäres Mikroplastik.
Wie gelangt Mikroplastik in den Körper?
Ob wir duschen, schlafen oder essen – die winzigen Plastikpartikel sind schier überall und wir nehmen sie andauernd zu uns. Hauptüberträgerin: die Luft. Das belegt eine Studie aus dem Jahr 2019, die unter Federführung der schottischen Heriot-Watt University in Edinburgh entstand.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten eigentlich herausfinden, wie viel Mikroplastik Menschen beim Verzehr von Muscheln zu sich nehmen. Zum Vergleich zählten sie jedoch die Menge der Hausstaubfasern, die sich während einer Mahlzeit auf das Essen legt. Das Ergebnis: Auf einem Teller durchschnittlicher Größe befinden sich pro Mahlzeit bis zu 114 Mikropartikel. In einer herkömmlichen Muschel waren es drei bis vier. Hochgerechnet bedeutet dies, dass du über deinen (durchschnittlichen und normalen) Muschelkonsum ungefähr 123 winzige Plastikteilchen pro Jahr zu dir nimmst, über den ganz gewöhnlichen Staub in deiner Essensumgebung hingegen 68.415.
Auch die Arbeit eines Schweizer Nachwuchswissenschaftlers legt nahe, dass Mikroplastik nicht allein durch menschengemachten Müll an Ort und Stelle entsteht, sondern auch über die Atmosphäre verteilt wird.
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe (CVUA-MEL) hat in einer Studie sogar Mikroplastik in Mineralwasser nachgewiesen. Dass der höchste Gehalt in PET-Flaschen zu finden war, überrascht kaum. Es ist inzwischen bekannt, dass sich der Abrieb von Plastikverpackungen an den Lebensmitteln wiederfindet. Dass die Wissenschaftler jedoch auch Mikroplastik in Glasflaschen fanden, überraschte. Vermutet wird, dass die Partikel während des Herstellungsprozesses in die Flaschen gelangt sind.
Übrigens: Insbesondere von Umweltschutzverbänden wird Mikroplastik vor allem als eine Gefahr für das Meer dargestellt – und über den Umweg Fisch auch für den Menschen. Es gelangen ungefähr 12 Millionen Tonnen Plastikmüll jährlich ins Meer, davon etwa 950.000 Tonnen Mikroplastik. Eine ungeheure Zahl, die aber nur drei Prozent des weltweiten Plastikmüllaufkommens insgesamt entspricht.
Das meiste Plastik gelangt zudem nicht in die Nahrungskette, sondern sinkt als Sediment zu Boden. Der wesentlich größere Anteil an Mikroplastik landet hingegen in unseren Böden, etwa über die Düngung landwirtschaftlicher Flächen mit Klärschlamm oder die Verwendung von Kompost aus Biogasanlagen, in denen Mikroplastikpartikel hängen. Mikroplastik ist also an Land ein viel größeres Problem als im Meer.
Welche gesundheitlichen Folgen ergeben sich daraus?
Wie gesundheitsschädlich Mikroplastik genau ist, darüber streiten sich Expertinnen und Experten, Lobbyisten, Politiker und Verbraucher. Dass wir Mikroplastik einatmen, ist zum Beispiel für die schottischen Forschenden mit ihrer Muschel-Studie klar. Welchen Effekt das jedoch auf unsere Gesundheit hat, ist völlig offen. Es gibt so gut wie keine wissenschaftlichen Untersuchungen und damit belastbaren Daten über die gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik.
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Dennoch ist unumstritten, dass bestimmte Inhaltsstoffe des Plastiks Einfluss auf unseren Körper haben können. Etwa BPA. Der Weichmacher steht im Verdacht, hormonelle Veränderungen im Körper zu bewirken und ist deshalb zum Beispiel aus Trinkflaschen fast völlig verschwunden.
Eine weitere Gefahr scheint davon auszugehen, dass Mikroplastik Schadstoffe anziehen könnte. Diese gelangen dann – angelagert an die Partikel – in die Nahrungskette und stellen unter Umständen eine größere Gesundheitsgefahr dar als das Mikroplastik selbst. Eine Studie des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung in Warnemünde etwa hat sich mit der Bakterienbesiedelung auf Mikroplastik und auf natürlichen Materialien befasst. Das Ergebnis: Beide Besiedelungen waren ähnlich, die Bakteriengemeinschaften unterschieden sich aber unter bestimmten Bedingungen.
Ebenso wenig untersucht ist, ob die Minipartikel über den Umweg Fischfilet oder Mohrrübe wirklich auf deinem Teller und in deinem Körper landen. Mikroplastik in Fischen wurde bisher nur in deren Magen-Darm-Trakt gefunden, und den essen wir in der Regel nicht mit.
Was kann ich dagegen tun?
Auch wenn nur geringe Mengen aus Reinigungsmitteln und Kosmetika in die Umwelt gelangen, hält das Umweltbundesamt Mikroplastik in diesen Produkten für verzichtbar. Die Industrie hat auf den Druck von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der Politik reagiert und zumindest in Peeling, Zahncreme und Co. Mikroplastik reduziert.
Dennoch: Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fand in einer Untersuchung 2017 in allen untersuchten Produkten herkömmlicher Kosmetikmarken Plastik. Kein zugesetztes Mikroplastik enthielten hingegen die Naturkosmetik-Produkte, denn sie verwenden in der Regel keine Kunststoffe. Willst du deinen Mikroplastik-Konsum reduzieren, musst du also die Inhaltsstoffe studieren und auf solche wie Acrylate Copolymer (AC), Polyacrylat (PA), Polypropylen (PP) oder Polyurethan (PUR) achten bzw. verzichten. Label sind nur bedingt hilfreich, weil es eine Vielzahl unterschiedlicher Bewertungsansätze gibt. Zertifizierte Naturkosmetik, das EU-Ecolabel oder auch anerkannte Biosiegel sind zumindest eine Richtschnur.
Die größte Quelle für Mikroplastik ist jedoch sich zersetzender Plastikmüll. Reduzierst du deinen Abfall, schützt du zugleich die Umwelt vor mehr Mikroplastik und deine Gesundheit vor dessen möglichen Gefahren. Du kannst zum Beispiel Kunststoffverpackungen im Supermarkt meiden. Nimm stattdessen eigene Dosen, Netze und Beutel mit zum Einkauf – in vielen Supermärkten ist deren Nutzung inzwischen unkompliziert möglich.
Bei der Nutzung von Microfaser-Tüchern und dem Waschen synthetischer Kleidung wird ebenfalls Mikroplastik abgerieben. Kaufe also möglichst wenig davon. Selbst für funktionale Sportkleidung gibt es inzwischen exzellente Alternativen aus Naturfasern, etwa Merinowolle, die Schweißgerüche sogar besser und schon durch Lüften wieder loslassen.
Fazit
Das Entscheidende hast du nun erfahren: Ob und wie Mikroplastik schädlich für die Gesundheit ist, kann bisher niemand genau sagen. Trotz verstärkter Forschung fehlt es an vergleichenden Studien, an einheitlichen Methoden und Definitionen. Das meiste durch die Nahrung aufgenommene Plastik wird nach derzeitiger Ansicht von Expertinnen und Experten wohl unverändert wieder ausgeschieden und wirkt zwischenzeitlich nicht auf den Körper.
Willst du Gewässer, Luft und Böden schützen, ist zum Beispiel der Verzicht auf Einwegplastik in jedem Fall hilfreich. In der Regel tust du damit insgesamt etwas für eine nachhaltigere Lebensweise, weil Hersteller von plastikfreien Alternativen häufig auch auf soziale und ökologische Belange achten. In jedem Fall sollte Plastikmüll nicht in die Umwelt gelangen. Suchst du verlässliche Informationen, greife auf unabhängige Instanzen wie das Bundesinstitut für Risikobewertung sowie Hochschulen und staatliche Forschungseinrichtungen zurück.
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