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Interview: So leistest du Erste Hilfe bei deinem Baby

Erste Hilfe beim Baby: Ein Baby liegt auf einer Decke

Verschlucken, Verbrennungen, Insektenstiche und viele weitere Dinge können einem Baby in den ersten zwölf Monaten seines neuen Lebens zustoßen. Eltern tun alles, damit nichts davon passiert – aber selbst, wenn du absolut vorsichtig und fürsorglich bist, kannst du nicht alles verhindern. Gut, wenn du dann weißt, worauf du bei der Ersten Hilfen bei deinem Baby achten musst. Eine Expertin dafür ist Dr. Adelheid Kley. Sie ist Neonatologin sowie Kinder- und Jugendärztin am Klinikum der Universität München. Mit ihr haben wir uns unterhalten.

Frau Dr. Kley: Was ist der Unterschied bei der Ersten Hilfe am Baby und Erwachsenen?

Einer der wichtigsten Punkte in der Kindermedizin und der Ersten Hilfe für Babys ist, diese nicht als kleine Erwachsene wahrzunehmen. Säuglinge sind eine ganz besondere Personengruppe. Sie tragen noch sehr wenig Reserven in sich. Kommt es bei ihnen zum Beispiel zu einem Atemstillstand, haben sie viel weniger Atemluftreserven in ihrem empfindlichen Körper als wir Erwachsene.

Interview zum Thema Erste Hilfe für Babys mit Kinderärztin Dr. Adelheit Kley

Dr. Adelheid Kley, Neonatologin sowie Kinder- und Jugendärztin am Klinikum der Universität München

Gibt es weitere Unterschiede, die man sich bewusst machen sollte?

Ein großer Unterschied ist auch, dass anders als bei größeren Kindern oder Erwachsenen bei Säuglingen und Babys viele Notfälle – außer Unfällen – auf Atemprobleme zurückzuführen sind und nicht auf einen Stillstand des Herz-Kreislauf-Systems. Das heißt: Bei vielen Notfällen mit Babys hilft eine Herz-Druck-Massage nicht, sondern man muss dann immer zuerst beatmen.

Erste Hilfe am Baby: Was tun in welcher Situation?

  • Verbrennungen: Kühler Lappen, Wunde sauber halten, Schmerzmittel, Klinik
  • Gift: Was wurde verschluckt, Atemwege freimachen, nicht erbrechen, Klinik
  • Unterkühlung: Langsam aufwärmen, warme Kleidung, Körperwärme, warmes Getränk
  • Bewusstlosigkeit: Auf Atmung hören, beatmen, Herz-Druck-Massage
  • Insektenstich: Haut mit Wasserlappen kühlen, auf Schwellungen im Mund achten, bei allergischem Schock Rettungsdienst rufen und beatmen
  • Sonnenstich: Schatten aufsuchen, Wasser anbieten, Schmerzmittel geben, Rettungsdienst rufen
  • Kopfverletzungen: Bewusstlose Kinder in die Klinik, blutende Wunde sauber abdecken
  • Wunden: Mit sauberem Tuch abdrücken, Wunde reinigen, Pflaster oder Verband, keine Cremes
  • Stromunfall: Stromquelle ausschalten und Kind davon trennen, evtl. Wunden versorgen, Klinik
  • Verschlucken: Was wurde verschluckt, Batterien und Magneten immer entfernen, dazu in Klinik
  • Allergischer Schock: Notfallset verwenden, Rettungsdienst verständigen, beatmen, Herz-Druck-Massage

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen für Babys?

Der erste Schritt sollte immer sein, die Atemwege frei zu machen bzw. sie offenzuhalten. Das funktioniert anders als bei größeren Kindern oder bei Erwachsenen. Danach überprüft man die Atmung. Atmet das Baby nicht, muss man es sofort beatmen. Dadurch, dass die Babys kleiner sind, geht man dafür als Elternteil mit dem eigenen Mund über den Mund und die Nase des Säuglings.

Deutsche Giftnotrufzentralen


  • Baden-Württemberg (Telefon: 0761 19240)
  • Bayern (Telefon: 089 19240)
  • Berlin, Brandenburg (Telefon: 030 19240)
  • Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen (Telefon: 0551 192 40)
  • Hessen, Rheinland-Pfalz (Telefon: 06131 192 40)
  • Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen (Telefon: 0361 730730)
  • Nordrhein-Westfalen (Telefon: 0228 19240)
  • Saarland (Telefon: 06841 19240)

Gibt es etwas, das man bei dieser Beatmung besonders beachten muss?

Man darf bei Babys nicht den Kopf nach hinten überstrecken. Denn die Atemwege der Babys sind anatomisch anders aufgebaut. Man wählt also etwas, dass die Fachleute ‚Schnüffelposition‘ nennen. Dabei sollten Eltern darauf achten, dass sie das kleine Kinn etwas anheben und der Nacken gerade bleibt. So öffnen sie die Atemwege.

Mund-zu-Mund-Beatmung bei Babys

Den eigenen Mund über die Nase und den Mund des Säuglings legen. Richte den Blick auf den Brustkorb des Kindes. Nun Luft behutsam und gleichmäßig einblasen, bis der Brustkorb sich hebt und senkt.

Bett oder Boden – wo sollte ein Kind beatmet werden?

Bei der Beatmung sollte das Kind flach liegen – am besten auf dem Boden. Auch ein harter Tisch passt. Weiche Unterlagen wie ein Bett oder eine Couch sollte man meiden. Sie sind bei einer vielleicht notwendigen Herz-Druck-Massage keine gute Unterlage.

Gefühlt zumindest kann bei Babys ja eine Menge passieren. Was sind die häufigsten Unfälle bei den ganz Kleinen?

Runterfallen vom Wickeltisch, vom Bett oder auch vom Maxi-Cosi passiert rasch. Auch das Verschlucken von Kleinteilen wie Spielsachen, Knopfbatterien, Magneten oder Nüssen ist immer wieder Thema in der Klinik. Verbrennungen oder Verbrühungen durch Kochplatten, Wasserkocher oder Tassen mit Heißgetränken kommen ebenso häufig vor. Nicht zu vernachlässigen sind auch Bissverletzungen durch Haustiere.

Notfallnummern


  • Polizei: 110
  • Rettungsdienst und Feuerwehr: 112
  • Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116117

Wie kann man das Baby vor diesen Unfällen schützen?

Prävention ist das A und O. Man sollte Unfälle nicht nur antizipieren, sondern auch die Umgebung des Kindes entsprechend sicher gestalten. Im Haushalt sollten Babys und Kinder keinen Zugriff auf Haushaltsreiniger, Chemikalien oder Lebensmittel bzw. Pflanzen haben. Babys sollten nie alleine mit einem Haustier gelassen werden. Alles, was potenziell verschluckt werden könnte, sollte aus ihrer Reichweite entfernt werden. Diese Maßnahmen sollten alle Bezugspersonen kennen und beachten – große Geschwister, Großeltern und auch das Personal in der Kita.

Sollten Eltern im Winter auf etwas besonders achtgeben?

Wasserkocher, heiße Teekannen oder Kaffeetassen sollten immer außer Reichweite von Kindern aufgestellt werden. Ansonsten besteht hohe Verbrühungsgefahr. Bei Wärmflaschen sollte man sehr vorsichtig sein. Auch das Trinken von Tee oder Kaffee, während man ein Kind auf dem Arm trägt, ist keine gute Idee.

Stichwort Wärmflaschen: Können Eltern sie bei ihrem Baby einsetzen?

Wärmflaschen an sich können einem kranken Kind oder Baby durchaus helfen. Dabei ist aber entscheidend, dass Eltern kein kochendes Wasser verwenden. Sie sollten lieber warmes, nicht zu heißes Wasser aus dem Hahn verwenden. Und selbst dann darf die Wärmflasche nicht direkt auf die Haut gelegt werden. Es gehört immer ein Tuch dazwischen. Wärmflaschen sollten nur sehr kurz und immer unter Aufsicht angewendet werden. Man sollte für Babys auch kein Kirschkernkissen wählen, da diese zu heiß sind. Ist den Kleinen zu kalt, sind Decken und der Körperkontakt mit den Eltern die besten Lösungen.

Gibt es spezielle Tipps für Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Babys?

Wichtig ist für Eltern, Ruhe zu bewahren – auch wenn es schwerfällt. Das Gute ist, dass sie bei den Erste-Hilfe-Maßnahmen am Baby nichts falsch machen können. Falsch wäre es nur, nichts zu tun. Erste-Hilfe-Kurse für Eltern, Großeltern oder Kita-Mitarbeitende sind sinnvoll. Sie helfen dabei, das Kind einzuschätzen und die Grenze zu erkennen, wann ein Baby in die Klinik oder zum Kinderarzt muss. Im Zweifelsfall soll ein Baby immer in die Klink, aber die Eltern kennen ihren Nachwuchs am besten. Sie dürfen ruhig auf ihr Gefühl vertrauen.

Schwere Frage: Das Baby rasch selbst zur Klinik fahren oder auf die Ambulanz warten?

Besser auf den Rettungsdienst warten und nicht selbst in die Klinik fahren. Das Problem: Wird das Kind während der Fahrt mit dem eigenen Auto bewusstlos, kann man nichts tun. Im Rettungswagen hingegen kann immer etwas getan werden.

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