Phubbing: Wie das Smartphone Beziehungen gefährdet

Das Handy macht vieles einfacher, es bringt aber auch Probleme mit sich. Immer mehr Menschen chatten, posten und liken von früh bis spät. Genau das kann zur Belastungsprobe für Beziehungen werden, zum Beispiel wenn die Partnerin oder der Partner häufig durch das Handy abgelenkt ist, obwohl man gerade gemeinsam etwas unternimmt. Das beschreibt der Begriff Phubbing. Wir erklären, was Phubbing ist, welchen Einfluss das Handy auf die Beziehung haben kann und wie du Phubbing verhinderst.
Was ist Phubbing?
Als Phubbing bezeichnet man die unangemessene Nutzung des Smartphones in sozialen Situationen. Das Wort „Phubbing“ ist eine Kombination aus den englischen Wörtern Phone (Telefon) und Snubbing (schroffe Abweisung). Vielleicht hast du dich selbst schon mal geärgert, weil dein Gegenüber auf einmal aufs Handy schaut, obwohl ihr gerade im Gespräch seid. Denn das Phänomen Phubbing gibt es schon länger als das Wort selbst. Das Kunstwort wurde im Rahmen einer Marketingkampagne für ein australisches Lexikon erfunden, das Phänomen ist aber auch bei uns immer häufiger zu beobachten.
Wie kann Phubbing Beziehungen gefährden?
Phubbing ist ein wachsendes Problem in unserer zunehmend digitalisierten Welt. Es kann negative Auswirkungen auf Beziehungen haben, sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld. Studien haben gezeigt, dass Phubbing das Gefühl der sozialen Isolation verstärken und die Qualität von Gesprächen und zwischenmenschlichen Beziehungen negativ beeinträchtigen kann. Das betrifft häufig vor allem soziale Kontakte, die uns eigentlich wichtig sind: Partner oder Partnerin, Freunde und Freundinnen oder auch Kolleginnen und Kollegen. Daher ist es wichtig, etwas gegen Phubbing zu unternehmen – wenn man selbst phubbt oder auch, wenn man unter dem Phubbing anderer leidet.
Was kann ich gegen Phubbing tun?
Phubbing und sein negativer Einfluss auf die zwischenmenschliche Beziehung kann belastend sein. Das gilt sowohl für die Person, die phubbt, als auch für die Person, die gephubbt wird. Hier sind einige Tipps, um dieses Verhalten zu reduzieren und die Beziehungen zu verbessern:
Für Personen, die phubben: So gewöhnst du dir Phubbing ab
Achtsamkeit üben
Tipps und Techniken, damit du mehr im Hier und Jetzt bist.
Bewusstsein schaffen: Der erste Schritt zur Veränderung ist das Bewusstsein für dein eigenes Verhalten. Überlege, wie oft und in welchen Situationen du dein Smartphone benutzt und ob dies wirklich notwendig ist.
Smartphone-freie Zeiten einführen: Lege bestimmte Zeiten fest, in denen du dein Smartphone bewusst weglegst, zum Beispiel während des Essens oder bei Gesprächen mit Freunden und Familie.
Handy-freie Räume einführen: Eine weitere bewährte Methode gegen Phubbing ist es, bestimmte Räume wie z. B. das Wohnzimmer als smartphone-freie Zone zu erklären. Das Smartphone kommt also am besten erst gar nicht mit in den Raum. Das verringert auch den inneren Drang, auf dein Handy zu schauen.
Benachrichtigungen reduzieren: Schalte unnötige Benachrichtigungen aus, um weniger abgelenkt zu werden. Das kann helfen, die Versuchung zu reduzieren, ständig auf das Smartphone zu gucken.
Für Personen, die gephubbt werden
Kommunikation: Sprich das Thema offen an und teile deine Gefühle mit der Person, die phubbt. Oft ist sich die andere Person nicht bewusst, dass sie dich durch ihr Verhalten verletzt.
Grenzen setzen und Regeln vereinbaren: Vereinbare gemeinsam Regeln für den Umgang mit Smartphones in bestimmten Situationen, damit ihr beide die gemeinsame Zeit genießen könnt.
Vorbild sein: Sei selbst ein gutes Beispiel, indem du dein Smartphone weniger benutzt und dich voll auf die Gespräche und Interaktionen konzentrierst.
Geduld und Verständnis: Sei geduldig und verständnisvoll, wenn die andere Person versucht, ihr Verhalten zu ändern. Veränderungen brauchen Zeit und Unterstützung.
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Phubbing in der Eltern-Kind-Beziehung
Phubbing kann auch in der wichtigsten Beziehung in unserem Leben auftreten: In der Eltern-Kind-Beziehung. Hier kann es besonders negative Auswirkungen haben. Wenn Eltern während der gemeinsamen Zeit ständig ihr Smartphone benutzen, kann es ein Gefühl der Vernachlässigung und Unsicherheit bei den Kindern hervorrufen oder verstärken. Um das zu verhindern, haben wir einige Tipps, um Phubbing in der Eltern-Kind-Beziehung zu vermeiden:
Quality Time: Plane bewusst Zeiten ein, in denen du dich voll und ganz auf dein Kind konzentrierst, ohne Ablenkung durch das Smartphone. Das kann helfen, die Bindung zu stärken und das Vertrauen zu fördern. Wahrscheinlich wirst du auch merken, dass die Aktivitäten mit dem Kind so deutlich mehr Spaß machen.
Gemeinsame Aktivitäten: Finde Aktivitäten, die du gemeinsam mit deinem Kind genießen kannst, wie zum Beispiel Spielen, Basteln oder Sport. Diese gemeinsamen Erlebnisse können die Beziehung stärken und das Gefühl der Verbundenheit fördern.
Vorbildfunktion: Kinder lernen Vieles durch Beobachtung und Nachahmung. Zeige deinem Kind, wie wichtig es ist, sich auf die Menschen um sich herum zu konzentrieren. Und dass man das Smartphone dann beiseite legt.
Offene Kommunikation: Wenn du dein Handy gerade vor deinem Kind nutzen musst, erkläre warum du es benutzt. So kann dein Kind besser verstehen, was du tust, und fühlt sich weniger ausgeschlossen. Noch besser ist es natürlich, wenn du die Handynutzung auf später verschieben kannst.
Phubbing in der Beziehung: Interview mit Paartherapeutin
Wir haben mit Therapeutin Miriam Fritz darüber gesprochen, welche Rolle Phubbing und moderne Medien heute in Beziehungen spielen.
Welche Rolle spielen moderne Medien – Stichwort Phubbing und Handysucht – bei deiner Beratung von Paaren?
Miriam Fritz: „Es kommt immer häufiger vor, dass Paare sich dadurch verlieren und sich buchstäblich nicht mehr im Blick haben, weil jeder nur noch aufs Handy starrt. Wenn jeder nur noch mit seinen Chats beschäftigt ist, entsteht eine Art Teufelskreis. Denn aufgrund intensiver Mediennutzung verbringen manche Paare deutlich weniger Zeit miteinander und führen immer weniger wirkliche Gespräche. Das führt zu Gefühlen von Zurückweisung, Verunsicherung und Einsamkeit.“
Resultieren aus den modernen Medien ganz neue Beziehungsprobleme etwa digitale Eifersucht?
Miriam Fritz: „Ja, ein übermäßiges Medienverhalten kann durchaus Eifersucht und Misstrauen lostreten. Wenn einer selbst in Momenten der Zweisamkeit ständig auf sein Display schaut, dann stellt sich der andere womöglich die Frage: ‚Bin ich weniger wichtig?’ Und das kann in Hinterherspionieren oder Kontrollieren gipfeln. Jedes Texten des Partners kann eine Bedrohung sein, also bohrt man ständig nach: ,Mit wem schreibst du?‘“
Würdest du sagen, dass Smartphones unsere Beziehungen generell verändern?
Miriam Fritz: „Ja, aber auch im positiven Sinne. Moderne Medien stellen ja auch eine gute Möglichkeit dar, um miteinander in Kontakt zu bleiben. Gerade auch in Fernbeziehungen, die es heute immer häufiger gibt. Durch Facetime und Skype kann man mit dem Liebsten viel unmittelbarer sprechen – über Zeitzonen hinweg. Oder man kann sich im Alltag schnell mal liebevolle Nachrichten schicken und zeigen, dass man aneinander denkt. Oder sich für etwas entschuldigen, was einem im direkten Kontakt vielleicht schwerer fällt und man es dann sein lässt.“
Warum machen uns Handys und Social Media so schnell süchtig?
Miriam Fritz: „Es geht dabei ganz viel um Bestätigung. Denn es ist ein ganz tiefes menschliches Grundbedürfnis, von anderen gesehen und wertgeschätzt zu werden und diese Bestätigung kann man sich online natürlich ganz schnell holen. Beispielsweise indem man Likes sammelt oder indem man sofort eine Nachricht zurückbekommt. Das tut einfach gut und kann dementsprechend ein Suchtverhalten hervorrufen. Schöner wäre es allerdings, diese Wertschätzung vom Partner zu bekommen.“
Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten „Zutaten“ für eine gesunde Beziehung?
Miriam Fritz: „Eine gelingende Kommunikation. Paare sollten viel miteinander sprechen, wirklich zuhören und den anderen ausreden lassen. Außerdem ist es wichtig, sich Fragen zu stellen und über Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen.“
Welche Tipps kannst du Paaren in Bezug auf ihren Umgang mit Smartphones und Social Media geben?
Miriam Fritz: „Ich glaube, für Paare ist es ganz wichtig, sich immer wieder Zeiten zu zweit zu reservieren, sich Quality time zu nehmen und ganz bewusst zu verabreden. Man glaubt ja immer, so etwas muss spontan passieren. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Solche Zeiten muss man – ebenso wie ein Hobby oder wie Verabredungen mit Freunden – sehr ernst nehmen und fest einplanen. Außerdem sollten Paare für handyfreie Zeiten oder handyfreie Zonen sorgen und ein paar klare Regeln einführen. Etwa: Beim Essen bleibt das Handy aus. Oder: Wenn man nach Hause kommt, hat jeder eine halbe Stunde Bildschirmzeit, aber danach geht man in die bewusste Begegnung.“
Was kann noch dabei helfen, sich als Paar mehr im Hier und Jetzt zu verankern und weniger von äußeren Einflüssen ablenken zu lassen?
Miriam Fritz: „Ich glaube, das ist vor allem die tägliche Entscheidung füreinander. Also: Du bist mir wichtig und deshalb möchte ich auch Zeit mit dir verbringen.“
Wir bedanken uns herzlich bei Miriam Fritz für dieses informative Gespräch.

Miriam Fritz
Paartherapeutin, Systemische Therapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie in ihrer eigenen Praxis in Hamburg. Ihre größte Leidenschaft: Das menschliche Miteinander, der Kontakt zu anderen.
Fachbereich der DAK-Gesundheit





