Was ist eine ambulante Reha?

Neue Hüfte, neues Knie, ein Eingriff an der Schulter oder eine schwere Operation aufgrund einer Krebserkrankung: Oftmals schließt sich an einen medizinischen Eingriff eine Rehabilitationsmaßnahme an. Doch wie kann man besser und schneller genesen? Mit einer ambulanten Therapie, in der man morgens Anwendungen hat und abends wieder zu Hause ist? Oder lieber Rund-um-versorgt in einer stationären Reha? Die DAK-Gesundheit hat mit Dr. Ralph Paloncy, Chefarzt am Zentrum für ambulante Rehabilitation Regensburg (ZAR), die Vor- und Nachteile erörtert.
Vorteile einer ambulanten Reha
Viele Patienten wünschen sich nach einer OP – neue Hüfte, neues Knie, Eingriff an der Schulter – eine stationäre Reha. Als Grund nennen die Betroffenen oft, sich dort besser aufgehoben und betreut zu fühlen. Womit kann aber eine ambulante Reha aus Ihrer Sicht punkten?
Worin sehen Sie weitere Vorteile einer wohnortnahen Therapie?
Dr. Ralph Paloncy: „Weitere Vorteile sind der enge Kontakt zu Operateuren vor Ort und dem behandelnden Hausarzt sowie die Möglichkeit, die Familie des Patienten eng in den Genesungsprozess einbeziehen zu können. Diese Punkte sind bei einer stationären Reha, weit vom Zuhause des Betroffenen entfernt, nicht gegeben. Die meisten Patienten fühlen sich im gewohnten Umfeld und unterstützt durch die Familie einfach am besten aufgehoben – dies ist auch ein Grund, warum die Patientenzahlen in der ambulanten medizinischen Rehabilitation seit Jahren steigen. Umfangreiche Untersuchungen der Sozialleistungsträger beweisen zudem seit langem, dass die Qualität der ambulanten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme einer stationären Therapieform in nichts nachsteht, im Gegenteil."
Grenzen der ambulanten Reha
Wo sind der ambulanten Reha Grenzen gesetzt? Ist beispielsweise das Alter der Patienten ausschlaggebend, die Schwere des Eingriffs oder die erforderliche Behandlungsmethode?
Dr. Ralph Paloncy: „Das Alter allein spielt für die Beurteilung der Rehabilitationsmöglichkeiten im ambulanten Bereich keine eindeutige Rolle. Vielmehr sind die individuellen Fähigkeiten, das soziale Umfeld des Patienten und die Betreuungsmöglichkeiten zu Hause oft einschränkende Faktoren. Deshalb versuchen wir schon bei der Aufnahmeuntersuchung, den Patienten als Ganzes zu sehen. Bei uns ist er nicht 'die Hüfte', 'das Knie' oder 'der Krebspatient', sondern ein Mensch mit ganz individuellen Bedürfnissen und persönlichen Rahmenbedingungen. Wir gucken ganz genau hin, um beurteilen zu können, ob eine ambulante Reha das Richtige für sie oder ihn ist."
Wann sagen Sie ganz klar: Für diesen Patienten macht eine ambulante Reha keinen Sinn?
Dr. Ralph Paloncy: „Abraten würde ich dann, wenn es nötig ist, den Patienten ständig medizinisch zu beaufsichtigen, beispielsweise aufgrund von Verletzungs- oder Operationsfolgen, möglicher neurologischer oder internistischer Nebenerkrankungen oder einer weiterhin notwendigen engmaschigen Fachdiagnostik. Ebenso muss der Patient selbst motiviert sein, die Rehabilitationsmaßnahme mitzumachen, und auch keine massiven neurologischen Erkrankungen aufweisen. Denn die erschweren oftmals die Kommunikation mit unseren Ärzten und Therapeuten und die Umsetzung der Therapiemaßnahmen."
Bausteine der ambulanten Reha
Bei einer stationären Therapie haben die Patienten kurze Wege und alles in einem Haus. Wie finden die ambulanten Patienten zu Ihnen? Müssen alle Taxi oder Bus fahren?
Dr. Ralph Paloncy: „Aufgrund der eingeschränkten Mobilität nach Operationen bieten wir natürlich einen qualifizierten Transportservice an. Er holt die Patienten morgens von zu Hause ab und bringt sie nachmittags wieder heim."
Ihr Angebot umfasst nicht nur Sport- und Bewegungstherapie, sondern sogar eine Ernährungsberatung inklusive Lehrküche und Hilfe bei der beruflichen Wiedereingliederung. Warum sind Ihnen auch diese Bausteine bei der ambulanten Reha wichtig?
Wissen die Patienten dieses Angebot zu schätzen?
Dr. Ralph Paloncy: „Viele Menschen trauen sich oft nicht, innerhalb der zeitlich knapp bemessenen Sprechstunden, beim Facharzt oder Hausarzt zusätzliche Fragen zu stellen oder Wissenslücken im medizinischen Bereich auszugleichen. Im ärztlichen Aufnahmegespräch zur Rehabilitation nehmen wir uns jedoch dafür Zeit. Durch Seminare, individuelle Beratung und allgemeines Informationsmaterial zu Selbsthilfegruppen oder Spezialambulanzen können wir sie nachhaltig unterstützen. Wir können nicht alle Probleme auf einmal lösen, bieten jedoch eine gute Möglichkeit, grundsätzliche medizinische Probleme wie übermäßige Stressbelastung am Arbeitsplatz, ungünstige Ernährungsgewohnheiten oder ein falsches Verständnis von der 'richtigen' sportlichen Belastung, überhaupt erst einmal bewusst zu machen."
Eine stationäre Reha erscheint vielen auch deshalb verlockend, weil sie wie eine kleine Auszeit daherkommt und Gelegenheit für einen Tapetenwechsel und Austausch mit anderen Menschen bietet – bei der Genesung ein nicht unwichtiger Faktor. Wie gesellig geht es in der ambulanten Reha zu? Trifft man auf andere Betroffene?
Dr. Ralph Paloncy: „Den Rehabilitationszeitraum als 'Auszeit' zu bezeichnen, trifft es meiner Meinung nach sehr gut. Die Freiheit, drei oder vier Wochen lang nur für sich selbst Zeit zu haben – das ist ein Luxus, den viele im Alltag nicht kennen! Natürlich spielt der Kontakt zu Gleichgesinnten auch hier eine große Rolle: Es schweißt definitiv zusammen, wenn man beispielsweise zusammen mit anderen das Gehen mit neuem Gelenk übt oder bei chronischen Wirbelsäulenschmerzen durch gemeinsame Koordinationsübungen und ergotherapeutische Schulungen Besserung spürt. Und das Schöne: Man kann sich mit den neuen Freunden auch nach der Reha noch spontan zum Sport im Stadtpark treffen und die Freundschaft pflegen. Es wohnen ja alle in der näheren Umgebung. Zudem steht ein ambulantes medizinisches Rehabilitationszentrum meistens in Ballungsgebieten, also mitten im Zentrum pulsierenden Lebens mit vielen Angeboten wie Sportgruppen oder Entspannungsprogrammen. Nach der Reha können die Patienten gemeinsam die neuen Interessen pflegen."
Fachbereich der DAK-Gesundheit

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