Magen-Darm-Infekte bei Babys und Kleinkindern: Tipps von Hebamme Swantje Outzen
Plötzliche Übelkeit, Bauchweh und Durchfall sind die typischen Symptome eines Magen-Darm-Infektes. Glücklicherweise verschwindet der Spuk meist so schnell, wie er gekommen ist. Worauf Du gerade bei Babys und kleinen Kindern dennoch unbedingt achten solltest, erklärt Hebamme Swantje im Interview.
Wie oft haben kleine Kinder Magen-Darm-Infekte?
Swantje Outzen: „Bei den ganz Kleinen, also unter zwölf Wochen alten Kindern, kommen sie noch nicht sehr häufig vor – eigentlich nur, wenn es Geschwisterkinder gibt, die zum Beispiel Rotaviren aus der Kita mitbringen. Die ganz Kleinen haben in den ersten Wochen noch einen gewissen Nestschutz durch die über die Nabelschnur und später bei Stillkindern auch mit der Muttermilch übertragenen Antikörper der Mutter, die sie vor vielen Infektionen bewahrt. Bei kleinen Babys haben Bauchschmerzen daher meist eher mit Blähungen und Verdauungsstörungen zu tun als mit Infekten – und sind eigentlich eine Folge der Entwicklung des Darms. In den ersten drei Monaten siedeln sich dort nämlich die Darmbakterien an.“
Das Leben startet also immer mit Magen-Darm-Problemen?
Swantje Outzen: „Die Startprobleme haben viele aber längst nicht alle Kinder. Vielen Babys geht es zum Glück bauchmäßig prima – oder kleine Probleme verschwinden schnell wieder. Manchmal genügt es schon, bei den Vitamin-D-Tabletten zu einem Präparat zu wechseln, das keine Lactose enthält. Die wird von einigen Babys nicht gut vertragen. Was auch schon mal vorkommt, ist eine Unverträglichkeit gegen bestimmte Pränahrungen bei Flaschenkindern. Und dann ist es natürlich auch so, dass Eltern oft denken, ihr Baby hat Bauchweh, obwohl es eigentlich nur Nähe braucht. Hier kann ich alle Eltern beruhigen: Wenn es genügt, das Baby auf der Brust der Mutter oder des Vaters zu legen damit es nicht mehr schreit, ist mit dem Bauch garantiert auch alles in Ordnung.“
Was ist ein Magen-Darm-Infekt?
Erbrechen, krampfartige Bauchschmerzen, heftiger Durchfall und manchmal auch Fieber: dahinter steckt meist ein Magen-Darm-Infekt. Auslöser ist der Kontakt mit Viren oder Bakterien, die eine Entzündung der Magen-Darmschleimhaut (Gastroenteritis) und so eine Verdauungsstörung verursachen. Zu den bekanntesten Magen-Darm-Viren zählen die Rota-, Adeno- und Noroviren, bei den Bakterien haben viele schon einmal von Salmonellen oder Campylobacter gehört.In den Körper gelangen Viren und Bakterien meist über eine Schmierinfektion, bei der man erst einen Gegenstand anfasst und anschließend mit der Hand den Mund berührt – oder durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel. Bei Viren ist auch eine Tröpfcheninfektion über die Einatmung möglich. Die leichte Übertragbarkeit (bei Viren genügen bereits wenige Partikel) und das natürliche Bedürfnis von Kindern, die Welt zu begreifen und anzufassen, führen dazu, dass zu einer Kindheit meist mehrere durchgemachte Infektionen mit Magen-Darm-Erregern gehören. Magen-Darm-Infekte bei Kindern dauern in der Regel wenige Tage. Das Erbrechen ist oft bereits nach ein paar Stunden vorbei, Durchfälle können sich über mehrere Tage hinziehen.
Oft geht es Babys ja auch besser, wenn sie getragen werden.
Swantje Outzen: „Genau. Das liegt ebenfalls am Faktor menschliche Nähe, aber auch an der Bewegung, die an die Zeit im Mutterleib erinnert, einfach guttut und den Darm des Babys zusätzlich aktiviert. Die ganz Kleinen machen in der Trage ja auch einen runden Rücken und dadurch wird alles im Bauch auch etwas nach unten gedrückt und so klappt auch das große Geschäft oft besser.“
Irgendwann im ersten Lebensjahr kommt aber dann doch der erste Magen-Darm-Infekt mit Durchfall und Übelkeit, vielleicht auch Fieber. Wie erkenne ich Durchfall bei einem Baby?
Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche
Entwickelt sich mein Kind gesund und altersgerecht?
Swantje Outzen: „Durchfall-Stuhl riecht anders, übler muss man sagen als Muttermilchstuhl, er ist viel flüssiger als der bereits flüssige gelbliche Muttermilchstuhl und sieht richtig ungesund, so bräunlich-grünlich-schleimig, aus. Bei den Pränahrungskindern erkennt man es noch etwas besser, weil der gesunde Stuhl da etwas fester ist, aber auch da ist der Geruch von Durchfall so übel, so dass man die Windel am liebsten gleich wieder zuklappen möchte. Dazu kommt der veränderte Allgemeinzustand des Kindes. Wenn es sehr müde und abgeschlagen oder sehr unruhig ist, nichts trinken möchte oder würgt oder sich erbricht, wenn man ihm die Brust oder die Flasche geben will, und auffällig viel schläft oder weint, dann steckt mit ziemlicher Sicherheit ein Infekt dahinter.“
Worauf muss man im Fall eines Magen-Darm-Infektes achten?
Swantje Outzen: „Das Wichtigste ist immer, dass die Kinder nicht dehydrieren, also austrocknen. Das kann besonders bei kleinen Kindern sehr schnell gehen. Wichtig ist, bei Übelkeit regelmäßig die Windeln zu kontrollieren: Alle sechs Stunden mindestens muss die Windel weiter schön feucht sein, gern häufiger. Wichtig ist, dass die Kinder in irgendeiner Form weiter Flüssigkeit aufnehmen. Grundsätzlich gilt: je jünger das Kind ist, um so kritischer ist das Thema Flüssigkeitsverlust. Bei einem sehr kleinen, nur wenige Wochen alten Kind, das zwei- bis dreimal Durchfall hat oder erbricht, würde ich nicht lange warten, sondern lieber sofort ins Krankenhaus fahren. Wenn ein Kind schon größer ist, sinkt das Risiko immer weiter, dass es dehydriert. Aber natürlich darf man auch da nicht zu lange abwarten. Wichtig ist immer auch das Gefühl der Eltern: Wenn du denkst, deinem Kind geht es wirklich nicht gut, trau deinem Gefühl und geh lieber gleich zum Arzt oder zur Ärztin oder ins Krankenhaus.“
Was sind die wichtigsten Entwarnung- und Warnsignale?
Was sollten die Kinder bei einem Magen-Darm-Infekt trinken?
Swantje Outzen: „Bei Babys unter einem halben Jahr gilt: lieber kein Tee oder Wasser, sondern das Gewohnte, also Muttermilch oder Prä-Nahrung. Auf jeden Fall mit dem Kinderarzt oder der Kinderärztin sprechen, bevor man etwas anderes gibt. Bei Kindern, die älter als sechs Monate sind, kann man schauen, was sie am liebsten mögen, auch Wasser und Tee, aber bitte keine Cola oder selbst angerührte Getränke mit zugegebenem Zucker und Salz. Um die Reserven schnell wieder aufzufüllen, sind, immer in Absprache mit dem Kinderarzt, Elektrolytlösungen aus der Apotheke die ideale Lösung, die du dem Kind am besten in kleinen Portionen, am besten alle fünf Minuten teelöffelweise anbietest. Die kleinen Portionen sind wichtig, auch bei Wasser und Tee, damit der Magen nicht dagegen rebelliert und die Übelkeit aufhören kann.“
Was sollten Kinder bei einem Magen-Darm-Infekt essen?
Swantje Outzen: "Bei Säuglingen sollte, wie bereits gesagt, die vertraute Milch weiter angeboten werden. Wenn größere Kinder keinen Appetit haben, müssen sie nicht unbedingt etwas essen. Bewährt als Schonkost, um die Verdauung wieder langsam an Nahrung zu gewöhnen, haben sich leicht verdauliche einfache Kohlenhydrate wie Zwieback, Nudeln, oder Reis mit Gemüsebrühe. Auch etwas geriebener Apfel tut gut. Salzstangen gelten zwar als Hausmittel bei Magen-Darm, sind aber wegen des hohen Salzgehalts nicht empfehlenswert.“
Wie verhält man sich am besten mit Baby, wenn das größere Geschwisterkind einen Magen-Darm-Virus mit nach Hause bringt oder man sich sogar als stillende Mutter selbst ansteckt?
Swantje Outzen: „Sinnvoll sind natürlich möglichst gründliche Hygienemaßnahmen, also Händewaschen und das Desinfizieren von Oberflächen. Egal, ob nur dein Kind krank ist oder du selbst auch Symptome hast: du solltest möglichst weiterstillen. Das macht zugegebenermaßen nicht so viel Spaß, aber du bildest durch den Infekt wichtige Antikörper, die du direkt an dein Baby weitergibst. Im besten Fall bleibt dein Baby dann sogar ganz von diesem Infekt verschont. Mit dem Stillen gibst du dem kleinen Organismus auf jeden Fall die beste Unterstützung, die in dem Fall möglich ist.“
Was ist mit Fieber – und wann muss man unbedingt zum Kinderarzt?
Swantje Outzen: „Wenn dein Neugeborenes Fieber entwickelt, geh bitte immer schnell zum Kinderarzt. Die Kleinen sollten eigentlich noch kein Fieber bekommen. Dahinter könnte zum Beispiel eine Blasenentzündung stecken, die mit einem Antibiotikum behandelt werden muss. Wenn dein Kind älter ist als vier Monate ist, kann man eventuell schon mal selbst etwas gegen Fieber geben, wenn der Allgemeinzustand ansonsten gut ist. Fieber sollte man immer dann senken, wenn dein Kind stark darunter leidet und es sehr schnell ansteigt. Denn dann steigt auch das Risiko für einen Fieberkrampf.“
Das schützt vor Magen-Darm-Infekten
- Hygiene - häufiges und gründliches Händewaschen ist immer die wichtigste Präventionsmaßnahme bei Infektionen. Bei sehr ansteckenden Erregern wie Noro-Viren sind Desinfektionsmaßnahmen von Oberflächen, Toiletten und das Tragen eines Mundschutzes zusätzlich sinnvoll. Achte auf Sicherheit in der Küche, um dein Kind vor Bakterien in Lebensmitteln zu schützen. Dazu gehört das gründliche Durchgaren von Fleisch und Eiern und die Benutzung von speziellen Küchenbrettchen und Messern für Rohkost einerseits und rohes Fleisch oder Fisch andererseits.
- Impfung - gegen die Rota-Viren ist eine Schluckimpfung möglich. Sie wird von der Ständigen Impfkommission für alle Säuglinge ab sechs Wochen empfohlen. Die Impfung schützt sicher vor schweren Verläufen und einem Krankenhausaufenthalt, die Kosten dafür übernimmt die DAK-Gesundheit.
- Probiotika: Wenn es einen Magen-Darm-Infekt in der Familie gab, helfen Probiotika dabei, die Darmflora und damit das Immunsystem wieder zu stärken. Bereits für kleine Kinder gibt es geeignete Produkte. Lass dich hierzu von deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin beraten.
- Rücksichtnahme: Wenn dein Kind einen Magen-Darm-Infekt hatte, schick es nicht zu schnell wieder in die Kita. Mindestens 24 Stunden symptomfrei sollte es auf jeden Fall sein, gern ein paar Tage länger. Denn die Viren befinden sich noch eine Weile im Körper und können über Schmierinfektionen andere Kinder anstecken.
Swantje Outzen
Hebamme aus Hamburg
Quellenangaben
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