DAK-Gesundheitsreport zeigt Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei Fehltagen sowie im Umgang mit Krankheit
26. Mai 2016. Der Krankenstand in Niedersachsen erreichte im vergangenen Jahr mit 4,1 Prozent den höchsten Wert seit 16 Jahren. Das geht aus dem aktuellen DAK-Gesundheitsreport hervor. Danach fehlten Frauen häufiger im Job als Männer. Ihr Krankenstand lag im vergangenen Jahr 15 Prozent höher. Die Studie zeigt auch, dass Frauen und Männer anders krank sind: In Niedersachsen haben Frauen fast zweimal so viele Fehltage wegen Krebserkrankungen, Männer 59 Prozent mehr wegen Herz-Kreislauf.
Für die repräsentative Studie wertete das IGES Institut die Fehlzeiten aller erwerbstätigen DAK-Mitglieder in Niedersachsen aus. Der höchste Krankenstand seit 16 Jahren in Höhe von 4,1 Prozent bedeutet, dass 2015 von 1.000 Erwerbstätigen durchschnittlich pro Tag 41 krankgeschrieben waren. Für die meisten Ausfalltage waren mit 22,5 Prozent die sogenannten Muskel-Skelett-Erkrankungen wie etwa Rückenleiden verantwortlich. Auf Platz zwei folgten die psychischer Erkrankungen mit 17 Prozent. Sie sind im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent gestiegen. Um ein Viertel gestiegen sind die Fehlzeiten wegen Atemwegserkrankungen. Sie belegten mit einem Anteil von 15 Prozent den dritten Platz. „Der aktuelle Krankenstand mit langen Ausfallzeiten bei Muskel-Skelett-Erkrankungen und psychischen Leiden unterstreicht die Notwendigkeit noch passgenauerer Behandlungsangebote“, sagt Regina Schulz, Landeschefin der DAK-Gesundheit in Niedersachsen.
Frauen haben 15 Prozent mehr Fehltage als Männer
Mit Blick auf die Fehlzeiten von Frauen und Männern zeigt der Landesreport: Frauen sind öfter, jedoch nicht länger krankgeschrieben. Ein Erkrankungsfall dauert bei ihnen, genau wie bei den Männern, im Durchschnitt etwa 12 Tage. Insgesamt ist ihr Krankenstand um 15 Prozent höher: Von 1.000 erwerbstätigen Frauen fehlten 2015 im Durchschnitt pro Tag 44 bei der Arbeit, bei Männern waren es nur 38.
Fehltage wegen Herz-Kreislauf und Brustkrebs
Erwerbstätige Männer in Niedersachsen leiden häufiger als Frauen unter Herz-Kreislauf-Problemen (+ 59 Prozent mehr Fehltage) und sind öfter von Erkrankungen der Haut (+ 50 Prozent mehr Fehltage) und von Verletzungen betroffen (+ 48 Prozent). Frauen in Niedersachsen haben hingegen mehr Fehltage wegen psychischer Erkrankungen (+ 64 Prozent) und fast doppelt so viel Ausfall wegen Krebsleiden (+ 90 Prozent) – was durch das vergleichsweise frühe Auftreten von Brustkrebs bedingt ist. „Betroffene Frauen stehen oft noch voll im Erwerbsleben“, erklärt Schulz. Die häufigste Krebserkrankung bei Männern, der Prostatakrebs, trete hingegen erst im höheren Alter auf – meist ab etwa 60 Jahren. „Diese Krebsfälle bei den Männern werden von unserer Statistik, die sich ausschließlich auf Erwerbstätige bezieht, nicht erfasst“, so Schulz.
Schwangerschaftskomplikationen hat Einfluss
Schwangerschaftskomplikationen haben über alle Altersgruppen hinweg gerechnet einen verhältnismäßig geringen Anteil am Unterschied im Krankenstand von Frauen und Männern. In den Altersgruppen, in denen die Familiengründung ansteht, ist das naturgemäß anders: Bei den 25- bis 34-jährigen Frauen sind Schwangerschaftskomplikationen für rund sechs Prozent aller Fehltage bei Frauen verantwortlich. Sie machen in dieser Altersgruppe bis zu 30 Prozent des Unterschieds im Krankenstand von Frauen und Männern aus.
Männer sind seltener beim Arzt
Ein Teil des Unterschieds bei den Fehltagen lässt sich durch den unterschiedlichen Umgang von Männern und Frauen mit Krankheit erklären. Berufstätige Männer in Niedersachsen besuchen im Durchschnitt nur vier Mal pro Jahr einen Arzt. Berufstätige Frauen hingegen sind etwa sieben Mal in ärztlicher Behandlung. „Selbst wenn man Vorsorgeuntersuchungen und schwangerschaftsbedingte Behandlungen nicht einrechnet, sind Männer weitaus seltener beim Arzt. Sie sind womöglich aber genauso oft krank wie Frauen“, so Schulz.
Frauen neigen häufiger zu Präsentismus
Frauen engagieren sich beruflich sehr und gaben bei der Befragung im Rahmen des DAK-Reports an, häufig auch krank zur Arbeit zu gehen. Experten sprechen von Präsentismus: 70 Prozent der Frauen in Niedersachsen gaben an, mindestens einmal im Jahr krank zur Arbeit gegangen zu sein. Bei den Männern waren es 50 Prozent. Als Hauptgründe nannten Frauen, dass sie Kollegen nicht hängen lassen wollten (84,1 Prozent) und ihre Arbeit fertig kriegen mussten (70,5 Prozent).
Betriebliches Gesundheitsmanagement im Fokus
„Für eine geschlechtersensible Gesundheitsförderung in den Betrieben können die Ergebnisse unserer Studie eine wichtige Grundlage sein“, sagt DAK-Landeschefin Schulz. „Wo Männer und Frauen unterschiedliche Bedürfnisse haben, sollen sie von den Betrieben auch geschlechtsspezifische Angebote bekommen.“ Die DAK-Gesundheit stehe den Unternehmen in Niedersachsen sowohl bei der Bedarfsanalyse als auch bei der Entwicklung und Evaluation von passgenauen Maßnahmen kompetent zur Seite.
Die Branche mit dem höchsten Krankenstand in Niedersachsen war 2015 mit 4,8 Prozent die Branche Verkehr, Lagerei und Kurierdienste. Auch im Gesundheitswesen lag der Krankenstand mit 4,7 Prozent über dem Durchschnitt. Den niedrigsten Krankenstand hatte der Bereich Banken und Versicherungen mit 3,2 Prozent.
Die DAK-Gesundheit ist eine der größten Krankenkassen Deutschlands. Für die Analyse wurden die Daten von 267.100 erwerbstätigen Mitgliedern der DAK-Gesundheit in Niedersachsen durch das IGES Institut ausgewertet.
Statement von Regina Schulz, Landeschefin der DAK-Gesundheit in Niedersachsen, im Rahmen der Pressekonferenz am 26. Mai 2016
(Es gilt das gesprochene Wort!)
Wir geben Ihnen heute einen Überblick über die wichtigsten Kennzahlen der krankheitsbedingten Ausfalltage des vergangenen Jahres in Niedersachsen. Welche Diagnosen standen im Vordergrund? Wie sind die Differenzierungen nach Branchen, nach Alter – und nach Geschlecht?
Beim Geschlecht schauen wir dieses Mal ganz genau hin. Und unser Report für Niedersachsen zeigt: Der viel zitierte kleine Unterschied zwischen Frauen und Männern ist viel größer als gedacht. Sowohl die Fehlzeiten im Job als auch das Diagnosespektrum unterscheiden sich deutlich. Diese Differenzen sind kein spezifisches Phänomen der berufstätigen Versicherten der DAK-Gesundheit in Niedersachsen. Auch die Statistik des Bundesministeriums für Gesundheit weist dies aus.
Wir haben uns im DAK-Gesundheitsreport schon häufiger mit Fragen zur Frauen- (2006) und Männergesundheit (2008) auseinandergesetzt. Dennoch sind die Faktoren zum Unterschied zwischen den Geschlechtern noch nicht systematisch untersucht worden. Grund genug für uns, dies jetzt nachzuholen und den aktuellen DAK-Gesundheitsreport der Frage zu widmen, warum Frauen und Männer anders krank sind.
Und darüber hinaus: Liegen die Unterschiede im Krankenstand in Niedersachsen tatsächlich am Geschlecht? Oder sind sie eher auf die Arbeitsbedingungen verschiedener Branchen oder den Berufsstatus zurückzuführen? Welche Rolle spielt das Verhalten, also der individuelle Umgang mit einer Krankschreibung?
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind ein weiterer Baustein für die geschlechtersensible Gesundheitsforschung. Sie können darüber hinaus helfen, geschlechtergerechte Präventionsmaßnahmen für Betriebe zu entwickeln. Heute geht es beim betrieblichen Gesundheitsmanagement längst nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie. Die aktuelle Frage lautet: Wie passgenau und effektiv können Angebote zur Prävention von Krankheiten konzipiert werden? Je genauer Betriebe ihre Maßnahmen auch auf individuelles Verhalten und auf die Verhältnisse abstimmen, desto gezielter wirken diese.
Frau Hildebrandt vom IGES-Institut wird Ihnen jetzt die differenzierten Ergebnisse zum Krankenstand des vergangenen Jahres in Niedersachsen sowie zum Zusatzthema „Der große Unterschied – warum Frauen und Männer anders krank sind“ präsentieren.
Fazit von Regina Schulz:
Die Ergebnisse des Reports zeigen, dass der Genderaspekt nicht nur in Forschung und Medizin eine große Rolle spielt. Auch Krankenkassen und Unternehmen sollten ihre Angebote, beispielsweise beim betrieblichen Gesundheitsmanagement, zunehmend gendersensibel gestalten.
Der aktuelle Krankenstand mit langen Ausfallzeiten bei psychischen Erkrankungen, unterstreicht die Notwendigkeit noch passgenauerer Angebote für unsere Versicherten. So haben wir beispielsweise das in Niedersachsen gestartete Behandlungsangebot zur psychischen Gesundheit Veovita weiterentwickelt – und bieten es ab Mai auch bundesweit an. Bei Veovita werden alle Möglichkeiten einer ambulanten Behandlung und Diagnostik einbezogen, wie zum Beispiel Online-Programme, Einzel- und Gruppensitzungen sowie unterstützende Selbsthilfematerialien. Auch wenn ein stationärer Aufenthalt oder eine Behandlung in der Tagesklinik notwendig wird, sollen Patienten möglichst schnell danach die ambulante Behandlung fortführen. Weitere Vorteile sind eine schnellere Terminvergabe sowie ein zeitnaher Behandlungsbeginn.
Darüber hinaus bietet die DAK-Gesundheit als erste Kasse Deutschlands seit kurzem eine Sprechstunde per Videochat an. An dem Online-Angebot sind Ärzte aller Fachrichtungen beteiligt. Versicherte können so schnell und unkompliziert vis-à-vis ihre Fragen von zu Hause aus klären.