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RSV-Infektion in Hessen: Dreimal mehr Babys in Kliniken

Frankfurt, 03. April 2023. In Hessen mussten Ende 2022 deutlich mehr Neugeborene und Säuglinge mit dem sogenannten RS-Virus in Kliniken behandelt werden. Unter Einjährige erkrankten im Vergleich des vierten Quartals 2022 mit dem gleichen Zeitraum 2018 dreimal so häufig schwer am Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV). Der Anteil auf den Intensivstationen stieg um knapp 80 Prozent. Hochgerechnet auf alle in Hessen lebenden Kinder mussten im Winter 2022 rund 1.750 Babys mit schweren Atemwegsproblemen im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das zeigt eine repräsentative DAK-Sonderanalyse des hessischen Kinder- und Jugendreports. Als erste Krankenkasse hat die DAK-Gesundheit Krankenhausbehandlungen von Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf RSV-Infektionen bis Ende 2022 untersucht. Mediziner beobachten erhebliche Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie.

„Unsere Analyse zeichnet ein dramatisches Bild und macht deutlich: Es gibt akuten Handlungsbedarf“, sagt Britta Dalhoff, Leiterin der DAK-Landesvertretung in Hessen. „Wir unterstützen die Forderung von Ministerpräsident Rhein, einen Kinder-Gesundheits-Gipfel durchzuführen. Die Ergebnisse unserer Analyse sollten dabei thematisiert werden. Wir müssen im Klinikbereich und im ambulanten Sektor in Zukunft besser auf Infektionswellen vorbereitet sein“, so Dalhoff.

Der Analyse zufolge haben sich Klinikbehandlungen von Neugeborenen und Säuglingen mit einer RSV-Infektion im Vergleich der vierten Quartale 2022 und 2018 verdreifacht. So wurden allein im Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 mehr Kinder aufgrund von RSV in Krankenhäusern behandelt als in der kompletten Vor-Corona-Saison 2018/19, die ein gesamtes Jahr umfasst. Einen starken Anstieg gab es auch bei den besonders schweren Fällen: So stieg der Anteil der Behandlungen auf Intensivstationen um rund 80 Prozent.

Ausfall der RSV-Welle in der Pandemie
Die DAK-Sonderanalyse macht deutlich, dass während der Hochphase der Covid-19-Pandemie 2020/2021 in Hessen nahezu keine Kinder mit RSV-Infektionen im Krankenhaus behandelt worden sind. Nach der Corona-Pandemie hat sich der Höhepunkt der RSV-Welle zeitlich nach vorne verschoben. Und es wurden merklich mehr Kinder stationär versorgt: So verdoppelte sich in der Saison 2021/22 der Anteil der hessischen Babys, die mit RSV im Krankenhaus behandelt wurden, im Vergleich zur Saison 2018/19. Hochgerechnet mussten im Winter 2022 rund 1.750 Neugeborene und Säuglinge in Kliniken versorgt werden.

Medizin-Experten sehen erhebliche Nachholeffekte
„Die Ergebnisse zeigen genau das, was wir in den Praxen erlebt haben“, sagt Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. RSV-Infektionen seien die Ursache typischer saisonaler Atemwegsinfektionen, die wellenförmig verlaufen. Diese Wellen seien unvorhersehbar stark ausgeprägt, was natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Krankheitslast nicht nur in den Kliniken habe. „Die Saison 2020/21 ist wegen der Corona-Schutzmaßnahmen nahezu ausgefallen. Dieser Ausfall der Welle 2020/21 und das zeitliche Vorziehen der sehr starken Welle 2021/22 lassen den Schluss zu, dass es zu erheblichen Nachholeffekten infolge der Corona-Maßnahmen gekommen ist.“

Dies bestätigt auch Prof. Dr. med. Johannes G. Liese, Leiter des Bereichs pädiatrische Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Würzburg: „Die ausgeprägt starke Krankheitslast durch RSV-Erkrankungen im Herbst 2021 und Herbst/Winter 2022/23 hat verschiedene Gründe. In erster Linie sind hierfür die nicht-pharmazeutischen Maßnahmen während der Corona-Pandemie wie Kontaktverbote oder Schulschließungen zu nennen. Durch diese kam es im März 2020 zu einem abrupten Abbruch der RSV-Saison 2019/2020 sowie zu einem nahezu kompletten Ausfall der RSV-Saison im Herbst/Winter 2020/2021.“

Für BVKJ-Präsident Fischbach ist auffällig, dass ungewöhnlich viele Neugeborene und Säuglinge trotz erheblicher Krankheitslast nicht stationär aufgenommen werden konnten, weil kein Platz mehr in den Kliniken war. Dies habe in der ambulanten Versorgung zu einem erheblichen Betreuungs- und Versorgungsaufwand geführt, da engmaschige Kontrollen erforderlich gewesen wären. „Die Kliniken arbeiteten an ihren Kapazitätsgrenzen, was nicht zuletzt auch durch coronabedingt hohe Personalausfälle bedingt war. Das galt auch für den ambulanten Versorgungsbereich“, so Fischbach. „Wir brauchen mehr Kinderkrankenschwestern und -pfleger, die durch eine fachbezogene Ausbildung gewonnen werden müssen.“

Intensivstationen: Anstieg weniger ausgeprägt als im Bund
Im Vergleich zum Bundestrend hat sich in Hessen die Zahl der unter Einjährigen, die im Winter 2022 aufgrund einer RSV-Infektion auf Intensivstationen versorgt werden mussten, nicht so stark erhöht. So gab es in hessischen Kliniken einen Anstieg um knapp 80 Prozent, im Bund dagegen um 350 Prozent. Auch insgesamt mussten in Hessen im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt weniger Kinder mit einer RSV-Infektion ins Krankenhaus: In Hessen verdreifachten sich die Behandlungen im Vergleichsquartal 2022 gegenüber 2018 – im Bund haben sie sich dagegen fast verfünffacht. 

Für die DAK-Sonderanalyse im Rahmen des hessischen Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von über 87.000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind, darunter rund 4.500 Neugeborene und Säuglinge im Alter von unter einem Jahr. Analysiert wurden die Jahre 2017 bis 2022. Damit legt die Krankenkasse erstmals aktuelle Daten zu RSV-Infektionen und Atemwegserkrankungen in Hessen vor.

Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit. Insgesamt sind bei der Krankenkasse in Hessen rund 620.000 Menschen versichert.

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