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Hessen: Depressions-Diagnosen nehmen weiter zu

Darmstadt, 5. Februar 2020. Fast ein Viertel aller Schulkinder in Hessen zeigt psychische Auffälligkeiten. Insbesondere bei Depressionen gibt es 2017 einen deutlichen Anstieg. Gegenüber dem Vorjahr haben hessische Ärzte 10 Prozent mehr Depressionen diagnostiziert. Das dokumentiert der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit „Ängste und Depressionen bei Schulkindern“. Hochgerechnet leiden aktuell etwa 10.900 hessische Kinder zwischen zehn und 17 Jahren unter einer Depression und 10.100 Jungen und Mädchen dieser Altersgruppe unter einer Angststörung.

Im Auftrag der DAK-Gesundheit hat die Universität Bielefeld die Gesundheits- und Versorgungssituation von Jungen und Mädchen in Hessen umfassend untersucht. Die repräsentative Studie mit Abrechnungsdaten aus 2016 und 2017 nimmt insbesondere die seelische Gesundheit von Jungen und Mädchen in den Fokus. „Wir wollen das Tabu brechen, das psychische Erkrankungen noch immer umgibt“, sagt Sötkin Geitner, Leiterin der DAK-Landesvertretung in Hessen. „Die betroffenen Kinder leiden oft für sich im Stillen, bevor sie sich jemandem anvertrauen und eine passende Diagnose bekommen. Wir müssen aufmerksamer werden – ob in der Familie, in der Schule oder im Sportverein – und nachhaltig helfen.“

Depressionen vor allem unter älteren Schulkindern verbreitet
23 Prozent aller Jungen und Mädchen in Hessen sind von einer psychischen Erkrankung oder Verhaltensstörung betroffen. Vor allem jüngere Schulkinder fallen am häufigsten durch Entwicklungsstörungen auf, zu denen Sprach- und Sprechstörungen gehören. Die Abrechnungsdaten der Krankenkasse für 2017 zeigen, dass Verhaltensstörungen, wie etwa ADHS ebenfalls sehr verbreitet sind. Seltener, aber von hoher Relevanz für die Versorgung, sind affektive Störungen, zu denen die Depressionen zählen: 2,1 Prozent aller DAK-versicherten Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 17 Jahren sind so stark betroffen, dass sie einen Arzt aufsuchen (Vorjahr: 1,9 Prozent). Die Häufigkeit diagnostizierter Angststörung liegt unter hessischen Schulkindern bei 2,0 Prozent. Besonders hoch ist der Leidensdruck bei den 15- bis 17-Jährigen. Von ihnen kämpfen 3,9 Prozent mit Depressionen und 2,7 Prozent mit Angststörungen. Das bedeutet: Unter 52 Schülerinnen und Schülern der elften Klasse sind statistisch gesehen zwei wegen einer Depression in ärztlicher Behandlung.

Mädchen bekommen häufiger Antidepressiva
Vor allem im späteren Jugendalter sind Mädchen in Hessen dreimal so häufig niedergeschlagen und traurig wie Jungen – auch das belegen die Zahlen der neuen Studie. Bei depressiven Schülerinnen zwischen 15 und 17 Jahren ist der Anteil derjenigen besonders hoch, denen Ärzte ein entsprechendes Arzneimittel verschreiben: 22 Prozent der erkrankten Mädchen in dieser Altersgruppe bekommen mindestens einmal im Jahr ein Rezept für ein Antidepressivum. Bei den gleichaltrigen depressiven Jungen sind es 17 Prozent.

Chronische Krankheiten steigern Risiko für Depressionen
Der Report zeigt erstmals auf Basis von Abrechnungsdaten, wie stark bestimmte Faktoren die Entwicklung eines Seelenleidens beeinflussen. So tragen Kinder mit einer chronischen körperlichen Erkrankung insbesondere im Jugendalter ein bis zu 4,5-fach erhöhtes Depressionsrisiko. „Wir sehen nicht selten, dass junge Patienten mit einem Typ1-Diabetes oder einer schweren Rheumaerkrankung auch psychische Probleme entwickeln,“ berichtet Privatdozent Dr. Kay Latta, Ärztlicher Direktor und Chefarzt aus seiner Erfahrung am Clementine Kinderhospital in Frankfurt. „In der Pubertät ist ihre Situation besonders wackelig.“ Dann belastet es, wenn man vernünftig sein muss und nicht so unbekümmert leben kann, wie körperlich gesunde Gleichaltrige. Das familiäre Umfeld kann für die Entwicklung eines Seelenleidens ebenfalls ein Faktor sein: Kinder psychisch kranker Eltern sind deutlich gefährdeter (3-fach), selbst eine depressive Störung zu entwickeln. „Erkrankungen der Eltern können für Kinder und Jugendliche eine große seelische Belastung sein“, so Latta.

Depressive Jugendliche häufig mehrmals im Krankenhaus
„Mit dem Kinder- und Jugendreport 2019 haben wir auch belastbare Analysen zur stationären Versorgungssituation in Hessen im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt“, erklärt Julian Witte von der Universität Bielefeld als Studienautor. So bekommen depressive Schulkinder in Hessen seltener eine Krankenhauseinweisung als im Bund. Sechs Prozent der hessischen Mädchen mit einer diagnostizierten Depression und fünf Prozent der betroffenen Jungen wurden 2017 stationär behandelt, durchschnittlich für 47 Tage. Nach der Entlassung fehlt oft eine passende ambulante Nachsorge. Mehr als jedes vierte dieser hessischen Kinder zwischen zehn und 17 Jahren innerhalb von zwei Jahren mehrfach stationär in Behandlung. In diesem Punkt unterscheidet sich die Situation in Hessen nicht von der in anderen Bundesländern. „Wir haben offenkundige Versorgungslücken nach der Krankenhausentlassung, die wir dringend schließen müssen“, betont Sötkin Geitner. „Eine Rehospitalisierungsquote von 27 Prozent ist alarmierend!“

DAK-Gesundheit entwickelt neue Angebote
Die DAK-Gesundheit in Hessen startet das neue integrierte Versorgungsangebot „veo“, damit Betroffene nach einer Krankenhausentlassung besser aufgefangen werden. „veo“ ermöglicht depressiven Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren für drei Jahre eine vernetzte ambulante Nachsorge und Versorgung. Das Programm „veo“ ist einzigartig. Es hilft Kinder- und Jugendtherapeuten, Psychiatern sowie Haus- und Fachärzten dabei, die die ambulante Nachsorge zu optimieren. Weitere wichtige altersgruppenspezifische Beteiligte wie Beratungsstellen, Schulpsychologen und Jugendämter werden ebenfalls eingebunden. Das Ziel ist eine bessere Vernetzung und damit eine schnelle und unproblematische Hilfe für die betroffenen Kinder – ohne lange Wartezeiten und komplizierte Terminabsprachen.

Parallel intensiviert die DAK-Gesundheit ihre Aktivitäten im Bereich Stressprävention. Gemeinsam mit der Cleven-Stiftung hat sie mit fit4future Teens ein neues Präventionsprogramm zum Thema Stressprävention für weiterführende Schulen entwickelt. Außerdem bietet sie Kindern ab zwölf Jahren individuell an, ihre seelische Stärke mit einer neuen Software zu trainieren. „DAK Smart4me“ ist kostenfrei zugänglich und passwortgeschützt auf Smartphones und allen anderen Bildschirmgeräten nutzbar. Infos dazu gibt es unter: www.dak.de/smart4me

Die DAK-Gesundheit ist eine der größten Krankenkassen Deutschlands. Für die Analyse wurden die Daten von rund 90.000 minderjährigen Versicherten der DAK-Gesundheit in Hessen durch die Universität Bielefeld ausgewertet. Das entspricht knapp 8,6 Prozent aller hessischen Kinder und Jugendlichen.

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