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DAK-Gesundheitsreport 2010: Krankenstand steigt leicht

Berlin, 09. Februar 2010. Der Krankenstand stieg 2009 geringfügig auf 3,4 Prozent (2008: 3,3 Prozent). „Nicht die Schweinegrippe, sondern die saisonal gehäuften Atemwegsinfekte Anfang 2009 haben den Krankenstand am deutlichsten beeinflusst“, kommentiert DAK-Chef Herbert Rebscher die Entwicklung. Die Krankmeldungen aufgrund von Erkältungen & Co führten zu knapp 20 Prozent mehr Fehltagen als im Vorjahr. Ein DAK-Versicherter war 2009 durchschnittlich 12,4 Tage krankgeschrieben (2008: 11,9 Tage).

Auffällig: Die psychischen Krankheiten steigen weiter. Zwischen 1998 und 2009 nahm ihr Anteil am Krankenstand von 6,6 auf 10,8 Prozent zu. Das sind mehr als 60 Prozent.

Für den Gesundheitsreport hat die DAK die Krankschreibungen von 2,5 Millionen erwerbstätigen Mitgliedern mit Hilfe des IGES Instituts aus Berlin ausgewertet.

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind ein wichtiger Stressfaktor, der mittel- bis langfristig zu erheblichen Krankheiten führen kann. Dazu gehören beispielsweise Bluthochdruck, Depressionen und Rückenschmerzen. Auch Schlafprobleme können ein erstes Alarmsignal für Überbelastung sein. Die DAK bat namhafte Experten aus Wissenschaft und Praxis um Einschätzungen über das Ausmaß von Schlafstörungen, mögliche Auswirkungen in der Arbeitswelt sowie Defizite in der medizinischen Versorgung. Darüber hinaus führte die DAK eine repräsentative Befragung bei rund 3000 Arbeitnehmern im Alter von 35 bis 65 Jahren durch.

Ergebnis des Gesundheitsreports: Schlafprobleme sind bei Berufstätigen weit verbreitet. Die Hälfte der Befragten fühlt sich betroffen (21 Prozent häufiger, 28 Prozent manchmal). Umgerechnet auf die erwerbstätige Bevölkerung sind das rund 20 Millionen Personen. Das heißt jedoch nicht, dass sich alle Betroffenen deshalb ärztlich behandeln oder gar krankschreiben lassen. Intensiver leiden rund 14 Prozent unter mittelschweren Schlafstörungen. Besonders belastet sind knapp zehn Prozent, die schwere Schlafstörungen haben: In dieser Gruppe schlafen bis zu vier Millionen Berufstätige mehr als dreimal pro Woche schlecht und quälen sich fast jeden Tag stark übermüdet durch ihren Arbeitstag.

Ab dem 45. Lebensjahr gibt es ein Drittel mehr Frauen mit Schlafstörungen als Männer. Frauen liegen öfter und länger nachts wach als Männer. Männer schlafen jedoch im Unterschied zu Frauen kürzer, oft weniger als sechs Stunden. Mit steigendem Alter nehmen Schlafprobleme für beide Geschlechter kontinuierlich zu.

Wie die Analysen der Krankmeldungen zeigen, ist die Erkrankungshäufigkeit aufgrund von Ein- und Durchschlafstörungen zwischen 2005 und 2009 um 61 Prozent gestiegen. Schlafstörungen spielen dennoch bei den Krankmeldungen nur eine untergeordnete Rolle. Lediglich bei zwei bis drei von 100 Beschäftigten waren die Schlafstörungen so stark, dass sie zur Krankschreibung führten. „Schlafstörungen sind aber keineswegs nur ein harmloses Lifestyle-Problem. Denn Menschen, die übermüdet arbeiten, leisten weniger und verursachen mehr Unfälle“, so Rebscher.

Menschen mit Schlafproblemen gehen häufig nicht zum Arzt, sondern besorgen sich freiverkäufliche Arzneimittel. Mehr als jeder Siebte hat schon einmal ein Schlafmittel eingenommen, weniger als die Hälfte davon auf Verordnung eines Arztes. Nach Meinung der Experten wissen zu wenige, dass ein chronisch schlechter Schlaf der Gesundheit ernsthaft schaden kann. So erhöht er das Risiko für Depressionen und Angststörungen. Möglicherweise liegt hier eine der Ursachen für den starken Anstieg der psychischen Erkrankungen in den letzten Jahren.


Schlafräuber Job und Stress
Im DAK-Gesundheitsreport wurden Erwerbstätige gefragt, welche Ursachen sie für ihre Schlafprobleme sehen. Für 40 Prozent sind Stress und Belastungen Schlafkiller Nummer 1.

Dazu gehören auch Konflikte im Job, die sich angesichts der Wirtschaftskrise verstärkt haben, so die Experten. Jeder Vierte grübelt nachts über Ängste und Sorgen. Schichtarbeit und Jobs nach 20 Uhr plagen jeden Fünften bei der Nachtruhe. Als weitere Ursachen für einen gestörten Schlaf nennen die Befragten Schmerzen sowie Lärm. „In unserer Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft mit Zeitdruck, Zwang zur Flexibilität und den Anforderungen der Familie kommen viele nachts nicht mehr zur Ruhe“, bilanziert Rebscher. „Wenn Beschäftigte länger darunter leiden, sollten sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen“.


Schlafmittel: Segen und Fluch
Die Experten weisen darauf hin, dass die verschreibungspflichtigen Schlafmittel neben verhaltensmedizinischen Maßnahmen ein wichtiger Therapiebaustein sind. Sie werden jedoch häufig falsch und besonders bei älteren Patienten zu lange verordnet. Die Fachleute fordern, dass sich die Ärzte mehr fortbilden und leitliniengerecht behandeln.

Im DAK-Gesundheitsreport wurden die Verordnungsdaten zu Schlafmitteln genauer analysiert, weil diese Mittel Nebenwirkungen haben und bei langer Einnahme abhängig machen. Auffällig: Je älter die Patienten sind, umso länger verschreiben die Ärzte ihnen Schlafmittel und setzen sich über die empfohlene kurze Dauer hinweg. Eine leitlinienkonforme Kurzzeittherapie erhalten innerhalb des Untersuchungszeitraumes von einem Quartal 91 Prozent der 20 bis 24-jährigen Patienten. Anders sieht es bei den Älteren aus: Bei den 60 bis 65-jährigen Patienten bekommen nur noch 56 Prozent die Medikamente entsprechend der empfohlenen Dauer. Bei 44 Prozent der Älteren wird also zu lange verordnet, sodass eine hohe Gefahr für die Patienten besteht, abhängig zu werden.

Über alle Altersgruppen zeigt sich, dass knapp 14 Prozent der DAK-Versicherten, die diese Medikamente einnehmen, sie dauerhaft verordnet bekamen. Die Mittel sollten jedoch nicht länger als vier Wochen eingenommen werden. Die DAK unterstützt daher die Forderung von Experten, parallel nichtmedikamentöse Behandlungs-strategien einzuleiten.

Die Daten zeigen auch, dass Frauen mehr als Männern Schlafmittel verschrieben werden. Ein erheblicher Teil wird auf Privatrezept verordnet und entzieht sich dadurch von vornherein einer Auswertung. 41 Prozent der Patienten mit Schlafstörungen besorgen sich freiverkäufliche Arzneimittel in der Apotheke. Daraus kann auch abgeleitet werden, dass Viele den Gang zum Arzt scheuen und sich nicht einer professionellen Diagnostik unterziehen.


Schlafrhythmus durch Arbeitswelt aus dem Takt
In den letzten Jahren lösten sich die Grenzen der Arbeitszeitgestaltung immer mehr auf. Die Beschäftigten arbeiten zunehmend auch am Wochenende oder an Feiertagen. Der Wechsel von Tag-, Spät- und Nachtschicht bringt die „innere Uhr“ aus ihrem Rhythmus. Die Daten belegen auch, dass jeder Fünfte seinen Schlaf durch Schichtarbeit und wiederholtes Arbeiten nach 20 Uhr bedroht sieht. Schichtarbeiter gaben doppelt so häufig an, am Arbeitsplatz den Drang zum Einschlafen zu verspüren. Je autonomer die Beschäftigten über ihre Arbeitszeit bestimmen können, umso geringer sind sie von Schlafstörungen betroffen. So zeigt der DAK-Gesundheitsreport, dass Arbeitnehmer, die in Gleitzeitregelungen arbeiten, weniger unter Schlafstörungen leiden. Rebscher: „Die Realität von Schicht- und Wochenendarbeit werden wir nicht zurückdrehen. Umso mehr müssen die Beschäftigten die Arbeitszeiten selbst mit planen können und Präventionsangebote in Anspruch nehmen. Gesunder Schlaf ist der Schlüssel für Top-Leistungen am Arbeitsplatz“.


Welche Alternativen zu Medikamenten nutzen Betroffene?
Neun von zehn Betroffenen haben bereits etwas gegen ihre Schlafprobleme unternommen. Frauen sind dabei engagierter. Rund 56 Prozent der Menschen, die schlecht schlafen, achten besonders auf regelmäßiges abendliches Schlafengehen und morgendliches Aufstehen. Jeder Dritte macht Entspannungsübungen wie etwa Autogenes Training. Ein Viertel unternimmt weniger in der Freizeit. Genau so viele meiden Verpflichtungen am Abend oder schlafen länger. Rund 15 Prozent verzichten direkt vor dem Schlafen auf Fernsehen.
Es ist darüber hinaus bekannt, dass Betroffene fälschlicherweise versuchen, auch mit Alkohol ihren Schlaf zu fördern.


Welche Diagnosen führen zu Krankmeldungen?
Die prominenteste Rolle im Krankheitsgeschehen spielen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems. Auf sie entfallen mehr als ein Fünftel (21 Prozent) aller Krankheitstage. An zweiter Stelle stehen die Erkrankungen des Atmungssystems mit einem Anteil von 19 Prozent am Krankenstand. An dritter Stelle der wichtigsten Krankheitsarten stehen mit 13,6 Prozent die Verletzungen.

Die psychischen Erkrankungen sind die viertgrößte Krankheitsart. 10,8 Prozent des Krankenstandes gingen auf psychische Erkrankungen zurück. Die Fehltage sind nach einem Stillstand in 2006 in den drei Folgejahren wieder gestiegen. An fünfter Stelle standen Erkrankungen
des Verdauungssystems mit einem Anteil von 6,8 Prozent am Krankenstand.


Branchenergebnisse
Die Branchen mit den niedrigsten Krankenständen waren 2009 die Banken und Versicherungen sowie Bildung, Kultur, Medien mit jeweils 2,8 Prozent. Unter dem Durchschnitt lag auch der Handel mit 3,2 Prozent.

Den höchsten Krankenstand weisen erneut das Gesundheitswesen und die Öffentliche Verwaltung mit jeweils 3,9 Prozent auf. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die Belastungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen unverändert hoch sind. In der Öffentlichen Verwaltung beruhte der hohe Krankenstand darauf, dass es mehr Krankheitsfälle als in anderen Branchen gab.

Die Daten zeigen, dass der Krankenstand in nahezu allen Branchen angestiegen ist. Nur in der Branche Rechtsberatung ist der Krankenstand um 0,2 Prozentpunkte gesunken.


Unterschiede zwischen den Bundesländern
Auch 2009 bestanden Unterschiede zwischen den Bundesländern: In den westlichen Bundesländern (mit Berlin) beträgt der Krankenstand durchschnittlich 3,3 Prozent (2008: 3,1 Prozent), in den östlichen Bundesländern 4,2 Prozent (2008: 3,9 Prozent).


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