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DAK Kinder- und Jugendreport 2025: Adipositas

Adipositas: Ein kleiner Junge liegt auf dem Sofa und isst einen Hamburger und Pommes Frites.

Die systematische Beschreibung der gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen sowie die Analyse beeinflussender Faktoren sind von hoher Relevanz für die öffentliche Gesundheit in Deutschland. Seit 2017 veröffentlicht die DAK-Gesundheit deshalb in Zusammenarbeit mit Vandage und der Universität Bielefeld jährlich mehrere Schwerpunktanalysen zur Gesundheit und Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Mit fast 800.000 DAK-Versicherten im Alter von 0 bis 17 Jahren ist der DAK-Kinder- und Jugendreport eine der größten Analysen im Themengebiet.

Relevanz der Adipositas-Erkrankung im Kindes- und Jugendalter

Adipositas ist durch starkes Übergewicht gekennzeichnet und geht mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Vielzahl von Folgeerkrankungen einher. Diese reichen von Stoffwechselerkrankungen (bspw. Diabetes mellitus Typ 2) zu Herz-Kreislauferkrankungen (bspw. Bluthochdruck) und psychischen Folgeerkrankungen. Der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder und Jugendlicher ist in den letzten Jahrzehnten weltweit in vielen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gestiegen (Lobstein et al. 2015), sodass die WHO diese Entwicklung bereits im Jahr 2000 als weltweite Adipositas-Epidemie einstufte (WHO 2000). Ein erhöhtes Risiko für das Auftreten der Erkrankung weisen Kinder mit einem niedrigen sozioökonomischen Hintergrund auf (Robert Koch-Institut 2018). In Deutschland zeichnete sich während der Covid-19-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen eine verstärkte Zunahme des Body-Mass-Index (BMI) in allen Alters-gruppen und Gewichtsklassen ab, wobei diese bei den bereits übergewichtigen und adipösen Kindern besonders stark ausfiel (Vogel et al. 2022).

Der Kinder- und Jugendreport geht in der vorliegenden Analyse insbesondere auf die Entwicklung der Erkrankungshäufigkeit von Adipositas im Kindes- und Jugendalter während der Covid-19-Pandemie ein. Hintergrund sind unter anderem veränderte Bewegungs- und Ernährungsmuster der Kinder während der Pandemie. Es wird untersucht, wie sich die Häufigkeit der Dokumentation von Adipositas-Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen in den Abrechnungsdaten der DAK-Gesundheit von 2019 bis 2023 entwickelt hat. Die Zeitreihe ermöglicht dabei auch eine Betrachtung aktueller Veränderungen des Erkrankungsgeschehens nach dem Pandemieende im Jahr 2022. Ein weiteres Ziel ist die Betrachtung der Erkrankungshäufigkeit in Abhängigkeit der sozioökonomischen Lage des Elternhauses der Kinder und inwieweit die Pandemie diesen Zusammenhang beeinflusst hat.

Kernergebnisse

Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die sich mit einer Adipositas-Diagnose in ärztlicher Behandlung befinden, ist auch nach der Covid-Pandemie anhaltend hoch. Im Jahr 2023 wiesen 4,6 % der 5- bis 17-jährigen DAK-versicherten Mädchen und Jungen eine Adipositas-Diagnose auf. Hochgerechnet auf die gesamtdeutsche Bevölkerung entspricht dies einer Anzahl von knapp 470.000 Adipositas-Betroffenen in der untersuchten Altersgruppe der 5- bis 17-Jährigen. Ein deutlicher Anstieg der in Behandlung befindlichen Kinder und Jugendlichen im Alter von 5 bis 17 Jahren ist im zweiten Pandemiejahr 2021 gegenüber den Vorjahren 2019 und 2020 zu beobachten (Abbildung 1). Im Jahr 2023 stabilisiert sich der Anteil der 5- bis 17-Jährigen mit einer Adipositas-Diagnose auf das Vorpandemieniveau des Jahres 2019. Lediglich für die Altersgruppe der männlichen Jugendlichen (15-17 Jahre) ist im Vergleich der Jahre 2019 und 2023 eine deutliche Steigerung der Prävalenz von sechs Prozent zu beobachten.

DAK Kinder- und Jugendreport 2025: Administrative Neuerkrankungsrate Adipositas von Kindern und Jugendlichen.

Abbildung 1: Administrative Adipositas-Fälle bei Kindern und Jugendlichen zwischen 5 und 17 Jahren. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit, 2019-2023, Falldefinition: Mindestens eine Adipositas-Diagnose (ICD-10 E66.-) in mindestens einem Quartal im Beobachtungsjahr (M1Q).

Der sozioökonomische Hintergrund ist stark mit dem Auftreten einer Adipositas-Erkrankung assoziiert. Die Prävalenz von Kindern und Jugendlichen mit einem niedrigen sozioökonomischen Hintergrund ist um ca. 36 % höher als die der Kinder und Jugendlichen mit einem hohen sozioökonomischen familiären Hintergrund. Abbildung 3 verdeutlicht, dass diese Differenz der Erkrankungshäufigkeit im zweiten Pandemiejahr 2021 am stärksten ausgeprägt ist. Dieser soziale Gradient ist bei Mädchen (+39 % mehr Fälle bei niedriger im Vergleich zu höherer sozialer Lage) besonders stark ausgeprägt.

KJR 2025: Prävalente Adipositas-Fälle in ärztlicher Behandlung nach sozioökonomischem Status.

Abbildung 2: Prävalente Adipositas-Fälle in ärztlicher Behandlung bei Kindern und Jugendlichen (5-17 Jahre) nach sozioökonomischem Status. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit, 2019-2023, Falldefinition: Mindestens eine Adipositas-Diagnose (ICD-10 E66.-) in mindestens einem Quartal im Beobachtungsjahr (M1Q).

Detailergebnisse

Entwicklung der behandelten Adipositas-Fälle (Prävalenz)

Im Jahr 2023 waren 4,3 % aller Mädchen im Alter von 5 bis 17 Jahren mit einer Adipositas-Diagnose in ärztlicher Behandlung (Tabelle 1). Bis zum Jahr 2021 ist die höchste Prävalenz bei den Mädchen im Schulalter (10-14 Jahre) zu beobachten. Ab Pandemieende im Jahr 2022 ist die höchste Prävalenz bei den jugendlichen Mädchen (15-17 Jahre) zu beobachten. Bei den Mädchen zeigt sich im Jahresvergleich 2023 gegenüber 2019 in den Altersgruppen der Grundschulkinder (5-9 Jahre) und der Schulkinder (10-14 Jahre) ein Rückgang der behandelten Adipositas-Fälle. Für Mädchen im jugendlichen Alter ist ein leichter Anstieg der Adipositas-Prävalenz nach Pandemieende im Vergleich zum Vorpandemiezeitraum zu beobachten.

KJR 2025: Tabelle zu prävalenten Adipositas-Fällen je 1.000 Mädchen.

Tabelle 1: Prävalente Adipositas-Fälle je 1.000 Mädchen. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit, 2019-2023, Falldefinition: Mindestens eine Adipositas-Diagnose (ICD-10 E66.-) in mindestens einem Quartal im Beobachtungsjahr (M1Q).

In Deutschland waren im Jahr 2023 4,8 % aller Jungen im Alter von 5 bis 17 Jahren mit einer Adipositas-Diagnose in ärztlicher Behandlung (Tabelle 2). Im gesamten Beobachtungszeitraum ist die höchste Adipositas-Prävalenz bei Jungen im Schulalter (10-14 Jahre) zu beobachten. Im Vergleich der Beobachtungsjahre 2019 und 2023 sind nur geringfügige Veränderungen der Erkrankungshäufigkeit von Jungen im Alter zwischen 5 und 17 Jahren zu beobachten. Während bei den Grundschul- und Schulkindern (5-14 Jahre) ein leichter Rückgang der Prävalenz im Jahr 2023 zum Vorpandemiejahr 2019 erkennbar ist, zeigen die männlichen Jugendlichen einen Anstieg um 6 %. Der Jahresvergleich 2022 und 2023 zeigt, dass in allen Altersgruppen ein Rückgang der Prävalenz beobachtbar ist.

KJR 2025: Tabelle zu prävalenten Adipositas-Fällen je 1.000 Jungen.

Tabelle 2: Prävalente Adipositas-Fälle je 1.000 Jungen. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit, 2019-2023, Falldefinition: Mindestens eine Adipositas-Diagnose (ICD-10 E66.-) in mindestens einem Quartal im Beobachtungsjahr (M1Q).

Der Vergleich der behandelten Adipositas-Fälle zwischen den Geschlechtern weist altersabhängige Unterschiede auf. Bei den jüngeren Kindern (5-9 Jahre) liegt die Adipositas-Prävalenz der Mädchen im Beobachtungszeitraum durchgängig höher als die der Jungen. Ab dem Schulalter weisen Jungen dagegen einen höheren Anteil an Adipositas-Diagnosen auf, wobei der Unterschied der 10- bis 14-Jährigen deutlicher ausfällt als bei den Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren.

Assoziation sozioökonomischer Hintergrund und Adipositas

Betrachtet man die Entwicklung der behandelten Adipositas-Fälle nach sozioökonomischem Hintergrund (Abbildung 3) wird deutlich, dass ein höherer sozioökonomischer Hintergrund mit einem niedrigeren Anteil an Adipositas erkrankten Kindern und Jugendlichen verbunden ist. Zudem wird deutlich, dass unabhängig vom sozialen Hintergrund, eine Zunahme der Prävalenz in den Pandemiejahren 2020 und 2021 zu verzeichnen ist. Die Zunahme fällt dabei umso stärker aus, je niedriger der sozioökonomische Hintergrund des Elternhauses der Kinder und Jugendlichen ist. Diese Entwicklung zeigt sich bei Mädchen und Jungen gleichermaßen. Bei Kindern und Jugendlichen aus Familien mit niedriger sozioökonomischer Lage ist die Häufigkeit von Adipositas im Durchschnitt um 36 % höher als bei Kindern und Jugendlichen aus einem Elternhaus mit hoher sozioökonomischer Lage. Dieser soziale Gradient ist bei Mädchen (+39 % mehr Fälle bei niedriger sozialer Lage) besonders stark ausgeprägt.

KJR 2025: Prävalente Adipositas-Fälle in ärztlicher Behandlung nach sozioökonomischem Status.

Abbildung 3: Prävalente Adipositas-Fälle in ärztlicher Behandlung bei Kindern und Jugendlichen (5-17 Jahre) nach sozioökonomischem Status. Quelle: Daten der DAK-Gesundheit, 2019-2023, Falldefinition: Mindestens eine Adipositas-Diagnose (ICD-10 E66.-) in mindestens einem Quartal im Beobachtungsjahr (M1Q).

Download: Fokusanalyse Adipositas

Datengrundlage

Für die vorliegenden Analysen wurden bundesweite anonymisierte Abrechnungs- bzw. Routinedaten aller im Zeitraum zwischen 2018 und 2023 bei der DAK-Gesundheit versicherten Kinder und Jugendlichen ausgewertet. Dem zugrunde liegen alle zu Abrechnungszwecken dokumentierten Versicherungs- und Leistungsdaten. Diese umfassen Informationen zur:

  • Mitgliederstatistik (Stammdaten)
  • stationären Versorgung [§ 301 Abs. 1 fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V)]
  • vertragsärztlichen Versorgung (§ 295 Abs. 2 SGB V)
  • Arzneimittelversorgung (§ 300 Abs. 1 SGB V)
  • Vorsorge und stationären Rehabilitation (§ 301 Abs. 4 SGB V)
  • Heilmittelversorgung (§ 302 SGB V)
  • Hilfsmittel (§ 302 SGB V)
  • Arbeitsunfähigkeit (der Eltern, § 295 Abs. 1 SGB V)

Das analysierte Krankheitsgeschehen umfasst als kumulierte Querschnittsanalyse der Jahre 2018 bis 2023 Abrechnungsdaten von jeweils knapp 800.000 Kindern und Jugendlichen zwischen 0 und 17 Jahren. Für das Jahr 2023 entspricht dies einer Stichprobe von 5,7 % aller in Deutschland lebenden Kinder im Alter zwischen 0 und 17 Jahren.  Der Report ist damit die größte systematische Analyse zur Kindesgesundheit in Deutschland. Je Bundesland bildet der DAK-Kinder- und Jugendreport zwischen 2,9 % (Sachsen) und 10,3 % (Brandenburg) aller dort lebenden Kinder und Jugendliche ab. Kinder aus neuen Bundesländern sind unter DAK-Versicherten im bundesweiten Vergleich leicht überrepräsentiert..

Methodik

In den vorliegenden Analysen werden Adipositas-Erkrankungen über den dreistelligen ICD-10-Code E66.- aufgegriffen. Ein Kind bzw. Jugendlicher gilt in einem Quartal als Adipositas erkrankt, sofern mindestens eine dokumentierte Diagnose E66.- in den Abrechnungsdaten der DAK-Gesundheit im untersuchten Quartal vorliegt. Analog erfolgt die Identifikation von Neudiagnosen: Ein Kind bzw. Jugendlicher gilt als neu diagnostizierter Fall in einem bestimmten Beobachtungsjahr, wenn in mindestens einem Quartal des Beobachtungsjahres die dokumentierte Diagnose E66.- vorliegt und im Vorbeobachtungsjahr keine entsprechende Diagnose dokumentiert wurde. 

Zur Einschätzung des Gewichtsstatus hat sich auch bei Kindern und Jugendlichen weltweit die Verwendung der einfach messbaren Parameter Körpergröße und Körpergewicht und des daraus abgeleiteten BMI [= Körpergewicht / Körpergröße2 (kg/m2)] durchgesetzt. Der BMI wird dementsprechend auch als Grundlage zur Diagnosestellung einer Adipositas herangezogen. Die vorliegenden Analysen können allerdings nur die dokumentierten Adipositas-Diagnosen und keine Informationen zum BMI der Kinder und Jugendlichen berücksichtigen, da die Datengrundlage des DAK Kinder- und Jugendreportes keine Angaben zur Größe und zum Körpergewicht (und damit zum BMI) DAK-versicherter Kinder und Jugendlicher enthält. Dies liegt darin begründet, dass Ärztinnen und Ärzte entsprechende Informationen im Rahmen der Abrechnungsdokumentation nicht an die gesetzlichen Krankenkassen übermitteln. Daher basieren die folgenden Analysen ausschließlich auf den im Rahmen von Behandlungen dokumentierten Adipositas-Diagnosen.

Quellenangaben
Aktualisiert am:
Telefonkontakt
040 325 325 555

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