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Rücken: 1,5 Millionen Ausfalltage in Berliner Betrieben

15. Mai 2018. Rätsel Rücken: Trotz Prävention und zahlreicher Gesundheitskurse leiden in Berlin mehr als 1,2 Millionen Erwerbstätige unter Rückenschmerzen. Immer mehr gehen mit ihren Beschwerden direkt ins Krankenhaus. Seit dem Jahr 2007 stieg die Zahl der stationären Behandlungen in Berlin um fast 80 Prozent an. Hochgerechnet auf alle Erwerbstätigen im Land kamen 2017 mehr als 1,5 Millionen Ausfalltage wegen Rückenschmerzen zusammen. Das zeigt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Rätsel Rücken – warum leiden so viele Berliner unter Schmerzen?“. Nach der Umfrage hatten 69 Prozent aller Beschäftigten im vergangenen Jahr Rückenschmerzen. Jeder Vierte hat aktuell Beschwerden.

Laut DAK-Gesundheitsreport 2018 ist Rückenschmerz in Berlin die zweithäufigste Diagnose für den Krankenstand. Hochgerechnet auf alle Erwerbstätigen im Land kamen 2017 mehr als 1,5 Millionen Ausfalltage wegen Rückenschmerzen zusammen. Je 100 Versicherte fallen in Berlin fast 90 Fehltage an, im Bundesdurchschnitt sind es mit 86,7 etwas weniger. Laut Umfrage im Rahmen des Reports leiden rund 174.000 erwerbstätige Patienten in Berlin sogar chronisch (zehn Prozent) unter Schmerzen, die drei Monate oder länger andauern. „Das gesundheitspolitische Ziel, das Problem Rücken in den Griff zu bekommen, wurde nach den Ergebnissen unserer Studie nicht erreicht“, sagt Volker Röttsches, Leiter der DAK-Landesvertretung Berlin. „Die Untersuchung sollte deshalb zum Anlass genommen werden, die Angebote in den Bereichen Prävention und Versorgung in Berlin auf den Prüfstand zu stellen.“

70 Prozent mehr Krankenhausfälle – vor allem Notfälle
Die Problematik spiegelt sich auch in der stationären Behandlung wider: Berlin hatte 2016 mehr als 5.300 Krankenhausfälle wegen Rückenschmerzen, ein Anstieg um fast 80 Prozent in den vergangenen neun Jahren. Der DAK-Report untersucht erstmals detailliert, wie Rückenschmerzpatienten in die Klinik kommen. Fazit: 57 Prozent der Betroffenen wird als Notfall aufgenommen – bundesweit waren es nur 46 Prozent. Insgesamt liegt die Zahl der Berliner, die wegen Rückenschmerzen Klinikleistungen in Anspruch nehmen, im bundesweiten Vergleich mit 179 je 100.000 Einwohnern und Jahr allerdings weit unter dem Durchschnitt (306). Um den Erwartungen der Betroffenen an die Versorgung möglichst gerecht zu werden und gleichzeitig die Notfallambulanzen der Kliniken zu entlasten, sieht der Leiter der DAK-Landesvertretung medizinische Versorgungszentren, teilstationäre Versorgungsangebote und einen verbesserten Terminservice bei den niedergelassenen Ärzten als wichtige Lösungsansätze. „Auch Portalpraxen wie in Schleswig-Holstein können helfen, Rückenschmerzpatienten gezielter durch das System zu lotsen“, so Röttsches.

Jeder 20ste wegen Rücken krankgeschrieben
Für Krankschreibungen sind Rückenprobleme seit Jahren besonders relevant. Ihr Anteil an den Fehlzeiten in den Betrieben in Berlin verharrt mit zehn Prozent auf hohem Niveau. „Trotz eines verstärkten Engagements im Betrieblichen Gesundheitsmanagement gibt es keine signifikante Verbesserung“, betont Volker Röttsches. Laut DAK-Analyse ist Rückenschmerz die zweitwichtigste Diagnose überhaupt – gleich hinter akuten Atemwegsinfektionen. Jeder 20ste Beschäftigte war 2017 mindestens einmal wegen Rückenschmerzen krankgeschrieben. „Wir müssen dem Rückenschmerz den Kampf ansagen“, so Röttsches, „und gemeinsam mit den Unternehmen das individuelle Arbeitsumfeld noch rückenfreundlicher gestalten – auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung.“ In den verschiedenen Altersgruppen zeigen sich durchaus Unterschiede: Während eine Krankschreibung wegen Rückenschmerzen bei Jüngeren im Durchschnitt drei Tage dauert, sind es bei Älteren 19 Tage.

Risikofaktoren für Krankmeldung
Die große Mehrheit meldet sich mit Rückenschmerzen nicht krank. 80 Prozent gehen mit Schmerzen zur Arbeit. Die Wahrscheinlichkeit, sich krankzumelden, steigt jedoch mit der Stärke der empfundenen Schmerzen und dem Chronifizierungsgrad. Entscheidend ist auch, ob Beschäftigte häufig in unbequemer Körperhaltung arbeiten müssen oder an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit kommen. Diese Faktoren machen eine Krankmeldung wahrscheinlicher. Freude bei der Arbeit schützt hingegen vor einer Krankmeldung: Spaß im Job ist ein protektiver Faktor.

Knackpunkte Lendenwirbelsäule und Nacken
Der DAK-Report zeigt, unter welchen Beschwerden Betroffene in Berlin konkret leiden: So schmerzt bei 71 Prozent die Lendenwirbelsäule. 40 Prozent haben Probleme mit dem Nacken, 15 Prozent mit der Brustwirbelsäule. Mehr als jeder Fünfte (21 Prozent) gibt Schmerzen mehrerer Bereiche der Wirbelsäule an. Jeder zehnte Rückenschmerz-Geplagte hat dabei starke bis sehr starke Schmerzen.

Mehrheit geht nicht zum Arzt
Die große Mehrheit der Berliner versucht zunächst allein mit den Schmerzen zurechtzukommen. Jeder dritte Betroffene (33 Prozent) war laut eigenen Angaben im vergangenen Jahr wegen der Rückenbeschwerden beim Arzt. Von diesen suchten rund 76 Prozent bei einem einzigen Mediziner Hilfe. 19 Prozent konsultierten zwei, vier Prozent drei Ärzte wegen ihrer Beschwerden. Gefragt nach der konkreten Rückenschmerz-Behandlung gaben 69 Prozent der Betroffenen an, eine Physiotherapie bekommen zu haben. 25 Prozent erhielten Schmerzmittel, etwa gleich viele Patienten bekamen eine Spritze (24 Prozent). Bei jedem Fünften wurde ein CT oder ein MRT des Rückens gemacht. Der Zusammenhang von Stress und Rückenschmerzen wurde in den Praxen kaum thematisiert (drei Prozent). „Da sich Stress und psychische Belastungen stark auf die Rückengesundheit auswirken können, sollte dieser Aspekt stärker bei Diagnose und Behandlung berücksichtigt werden“, fordert Röttsches.

Zwei Drittel wenden Wärme an
Insgesamt gehen die Berliner relativ gelassen mit Rückenschmerzen um: 70 Prozent setzen auf Wärme in Form von Heizkissen, Bädern oder Sauna. 42 Prozent bewegen sich, beispielsweise bei einem Spaziergang. 26 Prozent leben erst einmal normal weiter und rechnen damit, dass die Rückenschmerzen von selbst verschwinden. Das sogenannte Schonen – von Experten ausdrücklich nicht empfohlen, weil es die Schmerzen eher noch verstärkt – praktizieren aktuell neun Prozent.

Neues individuelles Rücken-Coaching der DAK-Gesundheit
Als erste Reaktion auf die aktuelle Studie bietet die DAK-Gesundheit ihren Versicherten ab sofort ein neues onlinebasiertes Rücken-Coaching an. Unter dem Titel Rücken@Fit erhalten Betroffene eine verhaltensorientierte individuelle Hilfe bei akuten und chronischen Rückenschmerzen. „Dieses moderne Coaching geht sehr persönlich auf die Rückenprobleme ein“, erläutert Volker Röttsches. „Rücken@Fit führt den Nutzer in einen Dialog mit einem virtuellen Coach. Statt auf allgemeine Rückenübungen setzen wir auf gezielte Anleitungen und Wissensvermittlung, die genau zur jeweiligen Schmerzart und zur individuellen Lebenssituation passen. Das ist eine Weiterentwicklung der bisher üblichen Rücken-Coachings.“ Auch im Internet finden Schmerzgeplagte viele Infos und praktische Tipps rund um das Thema „Gesunder Rücken“: www.dak.de/ruecken

Mehr Fehltage als im Bundesvergleich
Der Gesundheitsreport Berlin wertet auch die Fehlzeiten der DAK-versicherten Arbeitnehmer insgesamt aus: Im Durchschnitt hatte 2017 jedes Mitglied in Berlin knapp 16 Fehltage, das ist rund ein Tag mehr als im Bundesvergleich. Der größte Anteil entfiel auf Muskel-Skelett-Leiden. Bezogen auf 100 Versicherte verursachten sie 308 Fehltage. Auf Platz zwei kamen psychische Erkrankungen wie Depressionen mit 279 Tagen, auf Platz drei Atemwegserkrankungen mit 266 Tagen. Diese drei Krankheitsarten waren zusammen für mehr als die Hälfte aller Fehltage verantwortlich (54,9 Prozent). Bei den psychischen Erkrankungen gab es einen Anstieg bei den Fehltagen um zwei Prozent, auch die Anzahl der Betroffenen wuchs. Noch nie waren so viele DAK-versicherte Arbeitnehmer in Berlin von psychischen Erkrankungen betroffen wie 2017. Jeder Zwölfte hatte mindestens einmal im Jahr eine entsprechende Diagnose.

Die DAK-Gesundheit ist eine der größten Krankenkassen Deutschlands. Für die Analyse wurden die Daten von rund 105.000 erwerbstätigen Mitgliedern der DAK-Gesundheit in Berlin durch das IGES Institut ausgewertet.

Der aktuelle DAK-Gesundheitsreport Berlin untersucht umfassend die krankheitsbedingten Ausfalltage sowie ambulante und erstmals auch stationäre Behandlungen bei Rückenerkrankungen im Bundesland. Die Analyse der anonymisierten DAK-Daten wird ergänzt durch eine repräsentative Umfrage. Das Forsa-Institut hat dafür vom 7. bis 29. November 2017 bundesweit 5.224 erwerbstätige Frauen und Männer im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt (davon 203 aus Berlin). Zentrale Ergebnisse wurden mit einer DAK-Untersuchung aus dem Jahr 2003 verglichen.

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