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Alkoholismus für Angehörige

Alkoholismus für Angehörige: Mann trinkt Alkohol und im Hintergrund sitzt seine vorwurfsvolle Frau und ein kleines Mädchen.

Eine Alkoholerkrankung trifft nicht nur die trinkende Person selbst. Auch Partner und Familienangehörige, Freunde und Kollegen leiden unter den Folgen der Sucht. Die Partner von Alkoholkranken sind oft besonders betroffen und geraten schnell in einen Teufelskreis aus Co-Abhängigkeit, Scham und Überforderung. Die Folgen können soziale Isolation, psychische und körperliche Erkrankungen sein.

Hier erfährst du, woran du erkennst, ob eine Person alkoholkrank ist, wie man das schwierige Thema am besten ansprechen kann, was das Umfeld für einen alkoholkranken Menschen tun kann und was nicht. Und wie du gut für dich als Angehörige sorgst.

Wie erkenne ich einen heimlichen Alkoholiker?

Alkoholismus hat viele Gesichter. Es gibt daher keine totsicheren Anzeichen, die man als Alarmsignal für Alkoholsucht ausmachen kann. Allerdings wirst du bei einem dir nahen Menschen Alkoholabhängigkeit besser erkennen können als bei einem flüchtigen Bekannten. Denn Abhängigkeit geht oft mit mehr oder weniger deutlichen Verhaltensveränderungen einher. Wenn dir auffällt, dass dein Partner mehr Alkohol trinkt als in der Vergangenheit – und sich auch sein Denken, Fühlen und Handeln spürbar wandelt, sollte das auf jeden Fall ein wichtiger Anlass sein, genauer hinzuschauen.

Diese Verhaltensweisen sind nicht ungewöhnlich bei Menschen, in deren Alkohol immer mehr die Kontrolle übernimmt

  • Hohe Reizbarkeit und aufbrausendes Verhalten
  • Gesteigerte Aggressivität
  • Depressive Verstimmungen
  • Schlaflosigkeit
  • Unzuverlässigkeit und Nichteinhalten von Absprachen
  • Sozialer Rückzug bzw. zunehmende Hinwendung zu sozialen Kreisen, in denen Alkoholkonsum akzeptiert ist bzw. im Mittelpunkt steht

Auch körperliche Symptome wie das Zittern von Augenlidern oder Händen, Appetitlosigkeit, vermehrter Hang zum Schwitzen, rote Augen und Gefäßerweiterungen im Gesicht können darauf hinweisen, dass ein Mensch alkoholkrank ist. Alle Symptome können jedoch auch bei anderen gesundheitlichen Problemen auftreten und sind deshalb zwar wichtige Beobachtungen, aber noch kein klarer Indikator für Alkoholsucht.

Wie spreche ich das Thema Alkohol am besten an?

Du denkst, jemand, der dir nahesteht, könnte ein ernsthaftes Alkoholproblem haben? Wenn du nicht einfach wegschauen willst, bleibt dir irgendwann nichts anderes übrig, als das Thema anzusprechen. Dafür den richtigen Zeitpunkt zu finden, ist allerdings nicht einfach. Auf der einen Seite gilt es, nicht zu früh Alarm schlagen und unnötig persönliche Grenzen zu überschreiten. Andererseits lässt sich eine Alkoholabhängigkeit in der Entstehungsphase noch wesentlich leichter stoppen als zu einem späteren Zeitpunkt. Sei also gut vorbereitet und informiert, bevor du dieses heikle Gespräch eröffnest.

So könntest du vorgehen:

  • Informiere dich gründlich über Alkoholabhängigkeit und trage deine konkreten Beobachtungen über einen längeren Zeitraum zusammen.
  • Lass dich von einer Drogenberatungsstelle vorab beraten.
  • Sprich das Thema nicht nebenbei an, sondern suche den Dialog in einem möglichst geschützten Raum und einem ruhigen Moment.
  • Versuche, deine Beobachtungen vor allem in ruhigen Ich-Botschaften und weniger in Du-Aussagen zu beschreiben („Ich habe den Eindruck, dass“, „mir kommt es so vor, als…“).
  • Sprich das Thema Alkohol nicht unbedingt frontal an, sondern nähere dich ihm über Aspekte, die damit verbunden sind. (Zum Beispiel: Mir ist aufgefallen, dass du gerade beruflich stark unter Stress stehst…“).
  • Vermeide Vorwürfe oder Schuldzuweisungen.
  • Biete Hilfe und Unterstützung an. Schlag zum Beispiel vor, dass ihr gemeinsam eine Beratungsstelle besucht.
  • Rechne damit, dass sich dein Gesprächspartner zurückzieht oder ablehnend oder aggressiv reagiert. Wenn dieser Punkt erreicht ist, sollte das Gespräch (zunächst) unterbrochen werden.

Wie kann ich einem alkoholkranken Menschen helfen?

Suchtentwöhnungskurse

Du möchtest mit dem Rauchen oder Trinken aufhören? Gerne unterstützen wir dich dabei!

Mach dir möglichst schnell klar, wie wichtig aber auch begrenzt deine Rolle als Angehörige oder  Freund bei einer Suchterkrankung ist. Denn du kannst zwar für die betroffene Person da sein, Unterstützung anbieten, Hilfsangebote aufzeigen und Mut machen. Du kannst darauf hinweisen, dass Alkoholismus eine – gut behandelbare – Krankheit ist, für die man sich nicht schämen braucht. Letztlich liegt es aber bei der suchtkranken Person selbst, die Entscheidung gegen den Alkohol zu treffen. Erst wenn diese „Krankheitseinsicht“ da ist, kann der Schritt aus der Abhängigkeit gelingen.

So hart es ist: Diesen entscheidenden Schritt kannst du, auch wenn du mit einem süchtigen Menschen zusammenlebst, nicht für ihn tun und auch nicht erzwingen. Aber du bist auch nicht gezwungen, die Sucht eines anderen Menschen in all ihren Folgen zu ertragen. Du kannst dir schon Hilfe holen, wenn dein Partner noch nicht dazu bereit ist. Diese Grenzen deutlich zu ziehen, schützt nicht nur dich. Sie ist auch die wichtigste Voraussetzung dafür, wirklich helfen zu können und nicht Gefahr zu laufen, zum Verbündeten der Alkoholsucht deines Partners zu werden.

Das solltest du im Umgang nicht tun!

  • Kontrollieren: Es ist nicht deine Aufgabe, deinen Partner vor dem Alkohol zu schützen. Ihn 24 Stunden am Tag zu überwachen, wird dir ohnehin nicht dauerhaft gelingen. Wie gesagt: es liegt an ihm, den richtigen Schritt zu tun.  
  • Beschämt dulden: Wenn dein Partner dich beleidigt oder verbal angreift, solltest du klar und deutlich Stopp sagen und den Raum oder das Haus verlassen. Zögere auch nicht, bei körperlichen Angriffen gegebenenfalls die Polizei einzuschalten.
  • Verheimlichen: Oft fällt den Partnerinnen von Alkoholikern die Rolle zu, die Fassade der Normalität möglichst lang aufrechtzuhalten. Damit die Außenwelt nichts mitbekommt, erfinden sie Ausreden, zum Beispiel, damit der Arbeitsplatz nicht in Gefahr gerät, oder übernehmen die Aufgaben des Partners. Das Problem dabei: Indem sie ihre zerstörerischen Folgen „abpuffern“, erlebt der süchtige Partner, dass das Leben mit Alkohol doch funktioniert.

Was ist Co-Abhängigkeit?

Psychotherapeutische Behandlung

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Viele Angehörige von Alkoholikern entwickeln eine sogenannte Co-Abhängigkeit. Sie wollen dem Menschen an ihrer Seite helfen, werden aber stattdessen Teil des Suchtsystems, das diesen Menschen zerstört. DAK-Psychologin Franziska Kath erklärt, was unter Co-Abhängigkeit zu verstehen ist:

 „Betroffene haben Probleme, Grenzen zu setzen und für sich selbst für eine angemessene Selbstachtung zu sorgen. Eine mögliche Folge ist, wenn man sich bis zur Selbstaufgabe um einen Süchtigen kümmert. Wenn beispielsweise eine Frau ihren Ehemann bei der Arbeit entschuldigt, weil er betrunken ist und sie immer wieder die Spuren seiner Trinkgelage verwischt, hilft sie ihrem Partner nicht. Das Motiv, ihn zu schützen ist löblich, verschlimmert aber auch die Situation, weil das Problem des Süchtigen damit nicht gelöst wird. Gefühle wie Scham, Angst, entdeckt zu werden und die Verdrängung des Problems, können bei dem Co-Abhängigen zu gesundheitlichen Problemen führen.“

90 Prozent aller Co-Abhängigen sind übrigens Frauen. Mehr zum Thema: Co-Abhängigkeit.

Was hilft mir und weiteren Familienmitgliedern?

Besonders wenn du mit einer alkoholabhängigen Person zusammenlebst, bist du – möglicherweise über einen langen Zeitraum – einer großen Belastungssituation ausgesetzt. Du erlebst Enttäuschungen, Sorgen, Vertrauensverlust und Ohnmacht, vielleicht auch körperliche und seelische Gewalt. Wenn Kinder mit im Haushalt leben, sind sie besonders stark davon bedroht, dauerhaft an der Situation Schaden zu nehmen. Es ist nicht egoistisch, wenn du gegenüber dem Suchtkranken klare Grenzen definierst und auch an dich selbst und vor allem deine Kinder denkst. Mehr über den Schutz für Kinder in Suchtfamilien erfährst du zum Beispiel bei der Selbsthilfeorganisation Externer LinkNacoa.

Angehörige von Suchtkranken schlucken ihre negativen Gefühle oft lange herunter und schämen sich vor anderen für ihre familiäre Situation. Das solltest du nicht tun, denn mit Freunden und Verwandten zu sprechen, ist ein erster wichtiger Schritt, um mit den Belastungen, denen du ausgesetzt bist, fertig zu werden.

Entscheidend ist auch, dass du darauf achtest, weiter bewusst schöne Dinge nur für dich zu tun. Das Leben mit einem suchtkranken Menschen ist kräftezehrend, du bist daher akut von Überlastung bedroht. Versuche, die Grenzen deiner Kräfte realistisch einzuschätzen und hol dir Hilfe, wenn du sie brauchst.

Angehörige von Suchtkranken leiden oft an diesen Über­lastungs­symptomen:

  • Nervosität
  • Schlaflosig­keit
  • Magen­beschwerden
  • Appetitlosig­keit
  • Erschöpfung
  • Angst­zustände
  • Verlust von Lebensfreude

Neben einer intensiven Betreuung durch deinen Hausarzt solltest du auch über psychologische Unterstützung nachdenken. Viele Angehörige profitieren auch sehr von dem Austausch in Selbsthilfegruppen.

Anlaufstellen und Selbsthilfeeinrichtungen für Angehörige

Autor(in)

Journalistin für Medizin und Gesundheitsthemen

Qualitätssicherung

DAK Fachbereich

Quellenangaben

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