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RSV-Infektionen bei Kindern: Wie gefährlich ist die Erkrankung?

Symbolbild RSV bei Kindern
RSV-Infektionen sind bei Kindern nicht ungewöhnlich. Bei einem normalen Verlauf gehen Eltern oft von einer einfachen Erkältung aus. 2022 aber war die Zahl der Atemwegserkrankungen ungewöhnlich hoch. Viele Kinder mussten auf der Intensivstation versorgt werden. Seit dem Sommer 2023 ist ein RSV-Impfstoff zugelassen, der Schwangeren zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche verabreicht werden kann und Säuglingen ab Geburt bis zum Alter von sechs Monaten einen passiven Schutz liefern soll.

Perinatologische Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe empfehlen die RSV-Impfung nach Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin.  Eine offizielle STIKO-Empfehlung liegt noch nicht vor.

Wir haben mit dem Kinderkardiologen Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza über RSV-Erkrankungen bei Kindern gesprochen. Er arbeitet als leitender Oberarzt am Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Im Gespräch erklärt er, wie eine Infektion mit dem RS-Virus abläuft, wann Eltern mit ihren Kindern zu Arzt oder Ärztin gehen sollten und wie man sich am besten schützt.

Herr Professor Dalla-Pozza, was ist das RS-Virus überhaupt? 

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Beim RS-Virus handelt es sich um einen Erreger, der die Schleimhäute der Atemwege befällt. Das Virus kommt recht häufig vor, ist hochansteckend, verursacht bei Erwachsenen aber meist nur banale Erkältungskrankheiten wie Schnupfen oder leichten Husten. Ich würde sagen: Jede und jeder hat schon einmal eine Infektion mit dem RSV durchgemacht.“


Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV)

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist weltweit verbreitet und führt saisonal zu Atemwegserkrankungen. Hierzulande etwa grassieren RSV-Infektionen in der Regel von November bis April mit einem Höchststand im Januar und Februar. Betroffen sind alle Altersgruppen, am häufigsten aber erkranken Kinder. Innerhalb des ersten Lebensjahres sollen 50 bis 70 Prozent bereits eine Erkrankung durchgemacht haben; bis zum Ende des zweiten Lebensjahres waren nahezu alle Kinder mindestens einmal von einer RSV-Infektion betroffen.

Im vergangenen Jahr gab es eine große Infektionswelle. Wie kam es dazu?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Das lag an der Pandemie. Das RS-Virus wird auf dem gleichen Weg übertragen wie das Coronavirus – also über Tröpfchen in der Atemluft. Die Hygienemaßnahmen gegen das Coronavirus schützten uns auch sehr gut vor einer Ansteckung mit dem RS-Virus. Als dann immer weniger Menschen Masken trugen, konnte sich das RS-Virus wieder leichter verbreiten.“ 

Aber nicht alle Altersgruppen haben sich gleich oft angesteckt.

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Richtig, die Welle traf vor allem Säuglinge und Kleinkinder, weil sie noch nie in ihrem jungen Leben Kontakt mit dem Erreger hatten. Ihr Immunsystem kannte das Virus nicht und war deshalb unvorbereitet. Sie besaßen also noch keinen Immunschutz. Der baut sich erst auf, nachdem man eine Infektion durchgemacht hat oder regelmäßig in Kontakt mit dem Erreger gekommen ist.“

Sie erwähnten bereits, dass Infektionen bei Erwachsenen meist mild verlaufen. Wer gehört dann zur Risikogruppe?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Das sind vor allem Säuglinge unter sechs Monaten. Bei Kleinkindern zwischen 6 und 12 Monaten ist die Gefahr etwas geringer und zwischen einem und zwei Jahren ist die Gefahr noch kleiner. Ab zwei Jahren sind die Kinder dann aus dem Schneider. Dann gehören zur Risikogruppe noch Ältere ab 60 sowie Kinder mit Vorerkrankungen und natürlich vor allem Frühchen, die noch kein reifes Lungensystem haben. Auch Kinder mit einem schwachen Immunsystem, mit chronischen Lungenerkrankungen, angeborenen Atemwegs-Fehlbildungen, Herzerkrankungen oder einem angeborenen Herzfehler zählen zur Risikogruppe.“

Was sind Anzeichen, auf die Eltern achten sollten?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Meist fängt es mit Husten an. Dann kommt oft noch Schnupfen dazu. Das kann auch in eine Art Bronchitis übergehen. Der Husten ist sehr trocken und reizt die Atemwege. Wir nennen das „quälenden Husten“, weil er Betroffene vom Schlafen abhält. Diesen quälenden Husten erkennen erfahrene Kinderärzte oft schon am Klang. Ein weiteres Anzeichen ist die erschwerte Atmung und wenn die Kinder blau werden. Vor allem die Lippen und Finger verfärben sich, da die Sauerstoffsättigung als Folge der Infektion der Atemwege im Blut abnimmt. Bei Kleinkindern und Säuglingen ist generell immer Vorsicht geboten, wenn sie nicht mehr essen oder trinken wollen.“

Wie sieht es mit einer Versorgung zuhause aus?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Inhalieren kann helfen oder Luftbefeuchter. Die feuchte Atemluft sorgt dafür, dass der Husten besser wird. Gegen Fieber helfen Fieberzäpfchen. Aber gerade bei Säuglingen ist es oft notwendig, zum Kinderarzt zu gehen.“

Weshalb haben eigentlich gerade Kinder ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Weil RSV eine Entzündung der Atemwegsschleimhäute verursacht, die bei kleinen Kindern aufgrund ihrer engeren Atemwege schwerwiegender ist. Kleinkinder unter einem Jahr und Säuglinge haben ja noch sehr kleine Atemwege. Eine Schwellung fällt da deutlich mehr ins Gewicht als bei Erwachsenen, deren Luftröhre viel größer ist. Bei einem schweren Verlauf wird ein Kind ins Krankenhaus gebracht und stationär behandelt. In manchen Fällen wird es sogar mit Sauerstoff versorgt, weil die infizierte Lunge allein nicht mehr genug Sauerstoff ins Blut schafft. Ist es richtig schlimm, muss das Kind sogar auf die Intensivstation und dort beatmet werden.“

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Wie lange dauert die Erkrankung?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Der Verlauf ist sehr variabel – zwischen drei und 12 Tagen. Im Schnitt dauert die Erkrankung ungefähr eine Woche. Der Husten kann dagegen bis zu vier Wochen anhalten.“

Und ab wann ist man ansteckend?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Oft sogar nur einen Tag nach der Infektion. Dann hat man aber noch keine Symptome, die stellen sich in der Regel erst am dritten Tag ein. Man fühlt sich also gut, steckt aber schon andere Menschen an. Insgesamt ist man rund sieben Tage lang infektiös.“

Wie vermeidet man eine Infektion?

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Die Hände regelmäßig und sorgfältig waschen, Abstand halten, Maske tragen. Vor allem Erwachsene sollten auch bei leichtem Husten oder Schnupfen Abstand zu Kleinkindern halten oder, wenn es nicht anders geht, Mundschutz tragen. Erwachsene haben zwar oft nur leichte Verläufe, für Kleinkinder kann eine Erkrankung aber sehr gefährlich sein. Deshalb sollten erkrankte Kinder auch den Kontakt zu anderen Kindern auf jeden Fall vermeiden.“

Eine andere Möglichkeit ist die Impfung.

Prof. Dr. Robert Dalla-Pozza: „Genau. Die Aktiv-Impfung wird für Erwachsene ab 60 Jahren und für Schwangere ab der 32. Woche empfohlen. Dabei spritzt man Partikel von abgetöteten RS-Viren. Diese Impfung imitiert eine Infektion, sodass das Immunsystem antwortet und Schutz aufbaut, ohne dass eine tatsächliche Erkrankung eintritt. Da genügen in der Regel zwei bis drei Injektionen aus, um eine starke Schutzwirkung zu haben. Das Besondere: Viele Antikörper gehen von der Mutter durch die Plazenta und durch den Mutterkuchen auf das Neugeborene über. Bei Geburt ist der Säugling durch den sogenannten Nestschutz geschützt. Der hält locker drei Monate an und deckt damit gut die Hälfte der Hochrisikozeit ab. Allerdings muss man wissen: Der Impfstoff wurde zwar zugelassen, doch es fehlen noch Langzeit-Daten zur Sicherheit das Vakzin. Für Kleinkinder selbst gibt es derzeit leider noch keine Aktiv-Impfung, daran wird aber unter Hochdruck gearbeitet.“

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