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Keuchhusten bei Babys und Kindern: Was Eltern wissen müssen

Symbolbild Keuchhusten

Im ersten Halbjahr 2024 sind die Keuchhusten-Fälle deutlich gestiegen. Laut Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) wurden bis Mitte Mai 4500 Fälle gemeldet. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es nur etwa 1500. Besonders gefährlich ist Keuchhusten für Säuglinge. Doch was genau verbirgt sich hinter dieser Krankheit? Wie erkennen wir sie? Und vor allem: Wie können wir unsere Kinder schützen?

Prof. Dr. med. Johannes Liese vom Universitätsklinikum Würzburg kennt die Antworten darauf. Als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Leiter des Bereichs pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Kinderklinik klärt er über Symptome, Verlauf und Behandlung sowie Impfung von Keuchhusten auf – inklusive praktischen Tipps für den Alltag.

Symptome von Keuchhusten

Herr Professor Liese, was ist Keuchhusten überhaupt und was macht die Krankheit so gefährlich?

Prof. Dr. Liese: „Keuchhusten ist eine der klassischen Kinderkrankheiten und geht mit einem ausgeprägten, anfallsartigen Husten einher. Dieser Husten ist für das betroffene Kind ein hohe Belastung, weil er den kleinen Körper erschöpft. Häufig muss sich das Kind wegen des Hustens übergeben. Darüber hinaus ist Keuchhusten für Neugeborene und junge Säuglinge eine lebensbedrohliche Erkrankung, weil es neben den Hustenanfällen auch zu Atemstillständen kommen kann.“

Woran erkennt man Keuchhusten?

Prof. Dr. Liese: „Der typische Keuchhusten erzeugt starke Hustenanfälle, die zwischen ein bis drei Minuten andauern können. Charakteristisch ist auch, dass Keuchhustenanfälle eher nachts auftreten. Ist man geimpft, unterscheiden sich die Symptome kaum noch von einem normalen Husten. Ein Anzeichen für Keuchhusten ist auch, wenn der Husten länger als 7-14 Tage am Stück dauert und wir Ärztinnen und Ärzte keine andere Ursache ausfindig machen können.“

Auf welche Anzeichen muss man bei Babys achten?

Prof. Dr. Liese: „Neben dem Husten ist eines der ersten Zeichen der Infektionskrankheit bei Babys häufig der schon angesprochene Atemstillstand. Sie hören einfach auf zu atmen, weil bei ihnen das Atemzentrum im zentralen Nervensystem betroffen sein kann. Damit fehlt bei den Kleinen die Stimulation fürs Luftholen. Das kann lebensgefährlich sein.“ 

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Ist das auch der größte Unterschied bei Keuchhusten zwischen Babys und älteren Kindern?

Prof. Dr. Liese: „Ja, das ist der größte und entscheidende Unterschied. Die Gefahr eines Atemstillstands sehen wir bei Kindern über einem halben Jahr eigentlich nicht mehr. Man darf die Krankheit aber in keinem Alter unterschätzen. Es kann zur Lungenentzündung kommen und die Hustenstöße können so heftig sein, dass es auch bei älteren Erwachsenen zu Rippenfrakturen kommen kann.“

Keuchhusten kann sich lange hinziehen. Wie sieht der typische Krankheitsverlauf aus?

Prof. Dr. Liese: „Der klassische Keuchhusten verläuft typischerweise in drei Phasen. Es gibt die unspezifische Vorphase mit einer Dauer von ein bis zwei Wochen und den Zeichen einer Infektion der oberen Atemwege in Kombination mit Schnupfen, Husten und juckenden Augen. Darauf folgt die charakteristische Phase mit den heftigen Hustenanfällen, die etwa vier bis sechs Wochen andauern kann. Am Ende gibt es noch eine bis zu drei Monate andauernde Phase, in der die Hustenanfälle langsam abklingen. Dieser Krankheitsverlauf ist typisch für Patientinnen und Patienten, die nicht geimpft sind. Die Impfung schützt nicht zu 100 Prozent vor diesem besonders langen Krankheitsverlauf. Wogegen sie besonders hilft, ist aber ein Krankheitsverlauf mit Komplikationen. Auch Personen, die schon eine Keuchhustenerkrankung durchgestanden haben, erleben bei einem erneuten Ausbruch einen kürzeren Verlauf.“

Behandlung von Keuchhusten

Wie sollten Eltern bei einem Verdacht am besten reagieren? Ist ein Arztbesuch notwendig?

Prof. Dr. Liese: „Säuglinge und Kleinkinder müssen sofort zum Arzt. Vielfach herrscht ja schon ein Verdacht, weil die Krankheit im Kindergarten zirkuliert. Je früher Eltern mit ihrem Kind medizinische Hilfe aufsuchen, desto besser. In den ersten zwei, maximal drei Wochen der Krankheit kann Keuchhusten noch durch Antibiotika abgemildert werden. Eltern schützen so nicht nur das eigene Kind, sondern auch andere. Wird Keuchhusten rasch erkannt, verringern Eltern dadurch die Ansteckungsgefahr für andere – innerhalb und außerhalb der eigenen Familie.“

Wie können Eltern die Genesung ihres Babys zu Hause unterstützen?

Prof. Dr. Liese: „Wichtig ist, dass Säuglinge unter sechs Monaten zunächst stationär im Krankenhaus aufgenommen werden. So können sie ständig überwacht werden, was zur Erkennung eines Atemstillstands erforderlich ist. Das ist auch wichtig, weil es neben der wichtigen antibiotischen Behandlung keine Hausmittel gegen Keuchhusten gibt, die tatsächlich einen nachgewiesenen Heilungseffekt haben. Eltern können aber durchaus für eine ruhige und entspannte Umgebung sorgen. Übrigens kann sich auch eine gut gelüftete Wohnung positiv auswirken. Auch Aufenthalte an der frischen Luft, geschützt im Kinderwagen, unterstützen den Heilungsprozesse. Und nicht vergessen: Das Kind sollte genügend trinken. Am besten das, was es gerne und damit ausreichend trinkt.“

Schutz vor Ansteckung

Wie können Eltern ihr Kind vor der Ansteckung mit Keuchhusten schützen?

Prof. Dr. Liese: „Impfen, impfen und impfen – das ist einfach die beste Art, präventiv etwas gegen Keuchhusten zu unternehmen. Ich bekomme auch oft die Frage gestellt, ob man das eigene Kind aus dem Kindergarten nehmen soll, wenn dort Keuchhustenfälle auftreten. Meine Antwort lautet: Ist das Kind geimpft, sollte man es nicht aus der gewohnten Tagesumgebung herausnehmen. Das ist ja auch einer der Gründe, warum wir Kinder impfen.“


Impfung gegen Keuchhusten (Pertussis)

Säuglinge erhalten hierzulande einen 6-fach Impfstoff, der neben Keuchhusten auch gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung, Hepatitis B und HIB schützt. Er wird im Alter von 2, 4 und 11 Monaten verabreicht. Frühgeborene erhalten eine zusätzliche Impfung im Alter von 3 Monaten. Hier finden Sie weitere Informationen zur Impfung von Kindern.

Keuchhusten bei Erwachsenen

Hilft die Impfung der Eltern den Kindern?

Prof. Dr. Liese: „Ja, auch wenn nicht jede Impfung zu 100 Prozent schützt. Aber eine Impfung dämpft die Schwere einer Erkrankung und senkt auch die Wahrscheinlichkeit der Übertragung. Das ist bei Keuchhusten ebenso der Fall wie zum Beispiel bei Covid-19 oder Influenza. Je breiter das Umfeld des Kindes, vor allem eines Neugeborenen, geimpft ist, desto besser. Sind Eltern, Geschwister, Großeltern und andere enge Kontaktpersonen gegen Keuchhusten geimpft, ist das eine gute Entscheidung zum Schutz der Gesundheit des Neugeborenen.“

Soll sich eine Schwangere gegen Keuchhusten impfen lassen?

Prof. Dr. Liese: „Ja, das sollte sie. Das wird in Deutschland auch für alle schwangeren Frauen empfohlen. Damit schenkt die Mutter ihrem Nachwuchs schon vor der Geburt Antikörper gegen Keuchhusten. Mit diesen Antikörpern hat das Kind gleich nach der Entbindung, in der Phase mit dem höchsten Risiko, einen ausgezeichneten Keuchhustenschutz.“

Schutzimpfung gegen Keuchhusten

Wie lange hält der Impfschutz bei Keuchhusten?

Prof. Dr. Liese: „Gegen den klassischen Keuchhusten und alle Komplikationen schützt die Impfung sehr gut. Allerdings gilt: Bei leichteren Formen ist der Impfschutz nicht komplett. Dennoch, die Impfung verhindert die schwere Krankheit oder schwächt die Symptome erheblich ab. Der Impfschutz hält im Durchschnitt zwischen fünf und zehn Jahre. Kinder werden bis zum 18. Geburtstag regelmäßig beziehungsweise insgesamt fünf Mal gegen Keuchhusten geimpft. Die ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfiehlt, bei jedem Erwachsenen die Keuchhustenimpfung einmal aufzufrischen. Zudem empfiehlt die Kommission, dass alle Schwangeren im dritten Trimester geimpft werden.“

Was würden Sie Eltern für den wichtigen „Nestschutz“ empfehlen?

Prof. Dr. Liese: „Haben Sie immer ein wachsames Auge. Hat ein Kind über zwei Wochen Husten, bringen Sie es zu ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt und lassen Sie es auf Keuchhusten untersuchen. Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser ist die Möglichkeit der Behandlung. Auch weitere Ansteckungen werden so besser verhindert. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber es ist zu wichtig: Liebe Eltern, lassen Sie sich und Ihre Kinder rechtzeitig impfen. Wenn eine Schwangerschaft vorliegt, sprechen Sie bei den Vorsorgeuntersuchungen Ihre Ärztin oder Ihren Arzt auf die Keuchhustenimpfung an und sorgen Sie so für den Nestschutz Ihres Kindes.“
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