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Hormonersatztherapie in den Wechseljahren

Hormonersatztherapie in den Wechseljahren
Ungefähr ein Drittel bis die Hälfte aller Frauen hat in den Wechseljahren Beschwerden, die ihr Leben stark beeinflussen – Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Schlafprobleme sind typisch für diese Lebensphase. Ein mögliches Mittel: die Hormonersatztherapie. Doch wie gut wirkt sie und gibt es Risiken? Damit kennt sich die Gynäkologin Dr. Katrin Schaudig aus: Sie ist die Präsidentin der Externer LinkDeutschen Menopause Gesellschaft und informiert in ihrem Podcast Externer Link„Hormongesteuert – Der Wechseljahre-Podcast” zu dem Thema. Hier beantwortet sie die wichtigsten Fragen zur Hormonersatztherapie.

Welche Frauen kommen zu Ihnen, um sich über eine Hormonersatztherapie zu informieren?

Dr. Schaudig: „Frauen mit Hitzewallungen. Frauen mit Schweißausbrüchen. Frauen mit Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen und vielem mehr. Das sind Frauen, die sich sagen: So, es reicht jetzt, ich halte diese Wechseljahre nicht mehr aus. Sind diese Beschwerden durch mangelndes Östrogen verursacht, hilft eine Hormonersatztherapie sofort – die Hitzewallungen und Schweißausbrüche verschwinden.“

Gynäkologin Dr. Katrin Schaudig

Gynäkologin Dr. Katrin Schaudig ist Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft und informiert in ihrem beliebtem Podcast „Hormongesteuert – Der Wechseljahre-Podcast” über die Menopause

Gibt es noch mehr Benefits?

Dr. Schaudig:Abgesehen davon profitieren die Frauen von weiteren Vorteilen, die sich unter drei Schlagworten zusammenfassen lassen: Lebensqualität, Knochen, Diabetes. Die Hormongabe verbessert den Zucker-Insulin-Stoffwechsel und schützt die Knochen vor Osteoporose. Das Gleiche gilt für Infarkte und Herz-Kreislauf-Ereignisse, wenn die Hormontherapie innerhalb von zwei Jahren nach der letzten Regelblutung begonnen wurde – hier fehlen allerdings Langzeitstudien. Bei Darmkrebs, der zweithäufigsten Krebsart bei Frauen, gehen Experten ebenfalls von einem Schutz aus. Sobald die Frauen die Hormone absetzen, verschwindet allerdings der Schutz.“

Wie genau funktioniert eine Hormonersatztherapie?

Dr. Schaudig: „Betrachten wir dafür erstmal den weiblichen Zyklus: Vereinfacht gesagt, produziert der Körper in den ersten zwei Wochen nur Östrogen. Nach dem Eisprung bildet er dann das Hormon Progesteron – das Ziel: die Gebärmutter für die Schwangerschaft vorbereiten. Kommt eine Frau in die Wechseljahre, nimmt die Produktion beider Hormone in den Eierstöcken ab – und das verursacht die unschönen Begleiterscheinungen. Wie der Name schon verrät, ersetzt die Hormonersatztherapie die fehlenden Hormone. In der Regel handelt es sich dabei um Östrogen und Gestagen – entweder das natürliche (bioidentische) Progesteron oder synthetische Gestagene. Letzteres ist notwendig, damit die Gebärmutter durch das Östrogen nicht unentwegt Schleimhaut aufbaut und sich damit das Risiko für Gebärmutterkörperkrebs erhöht. Wurde einer Frau die Gebärmutter entfernt, kann das Gestagen entfallen.“

Und mit welchen Nachteilen müssen die Patientinnen rechnen?

Dr. Schaudig: „Die wichtigste Gefahr geht vom Brustkrebs aus. Zwar ist die Gabe von bioidentischem Progesteron mit einem geringeren Krebsrisiko verbunden als bei den „künstlichen“ Gestagenen, dennoch müssen die Patientinnen sich dessen bewusst sein, dass auch bioidentische Hormone langfristig angewendet das Risiko leicht erhöhen. Daher empfehle ich eine regelmäßige Brustdiagnostik, inklusive Mammografie und Ultraschall. Denn: Früh erkannter Brustkrebs im Stadium 1 führt in den seltensten Fällen zum Tod. Laut RKI haben Betroffene eine Überlebenschance von – das ist kein Witz – 101 Prozent. Alkoholkonsum, mangelnde Bewegung, Übergewicht und Rauchen gehen mit deutlich höherem Risiko für Brustkrebs einher als eine Hormontherapie. Beim Gefäßrisiko sprechen wir vor allem von Thrombose, Embolie und Schlaganfall. Bei Fällen in der Familie oder in der eigenen Krankengeschichte ist besondere Vorsicht geboten. Dieses Risiko lässt sich durch die Gabe des Östrogens über die Haut senken bzw. bei niedriger Östrogendosis völlig vermeiden.“

Gibt es auch Frauen, denen Sie grundsätzlich von der Behandlung abraten?

Dr. Schaudig:Frauen, die bereits Brustkrebs hatten, dürfen keine Hormontherapie durchführen. Darüber hinaus müssen die behandelnden Ärzte und Ärztinnen alle übrigen Risikofaktoren individuell einschätzen: Sind Brustkrebsfälle in der Familie bekannt oder liegt ein genetischer Risikofaktor vor? Das gilt besonders auch für das Thrombose- und Schlaganfallrisiko. Gibt es eine Vorbelastung, muss auf jeden Fall eine regelmäßige Kontrolle erfolgen.“

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Gibt es denn auch akute Nebenwirkungen?

Dr. Schaudig:Ja, insbesondere direkt am Anfang oder nach zu hoch gewählter Dosis, vor allem wenn der Eierstock noch ab und zu „mitarbeitet“. Die häufigsten sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Brustschmerzen, vor allem aber Blutungsstörungen.“

Nehmen wir an, die Frau entscheidet sich für die Hormontherapie. Was passiert jetzt?

Dr. Schaudig:Wir verwenden in Deutschland ausschließlich bioidentisches Östrogen. Das besitzt die gleiche Struktur wie das körpereigene Hormon. Die Frau schluckt es entweder als Tablette oder sie trägt es auf die Haut auf – als Gel, Pflaster oder Spray. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, da die Aufnahme des Hormons über die Haut anders erfolgt als über den Magen. Bildet der Körper Östrogen in den Eierstöcken, gibt er das Hormon von dort direkt ins Blut ab. Wer eine Tablette schluckt, nimmt das Hormon über die Leber auf.“

Was ist der Unterschied?

Dr. Schaudig: Als Tablette gelangt das Hormon auf einen Schlag mit der vollen Dosis in die Leber. Die verstoffwechselt das Östrogen und bildet dabei auch vermehrt Gerinnungsfaktoren. Dies führt zu einer gesteigerten Gerinnungsneigung – es besteht bei Patientinnen, die hierfür ein Risiko mitbringen, die erhöhte Gefahr einer Thrombose. Wendet die Frau Östrogen über die Haut an, umgeht das Hormon die erste Leberpassage. So werden keine oder nur wenige zusätzliche Gerinnungsfaktoren produziert. Dadurch nimmt die Thrombosegefahr nicht zu. Das ist wichtig für Frauen, die ein erhöhtes Risiko dafür mitbringen, zum Beispiel bei deutlichem Übergewicht, Thrombosen in der Vorgeschichte oder bei Familienangehörigen etc.“

Wann sollte eine Frau mit der Hormonersatztherapie beginnen?

Dr. Schaudig: Ab dem Moment, in dem ein deutlicher Leidensdruck vorliegt. Bei vielen Frauen ist das nach der letzten Regelblutung, also in der sogenannten Postmenopause. Häufig sind die Beschwerden aber auch schon vor der Menopause, also der letzten Regelblutung, so stark. Dann ist die Behandlung schwieriger, weil der Eierstock noch Hormone produziert. Das müssen der Arzt oder die Ärztin bei der Behandlung berücksichtigen – eine Therapie ist aber trotzdem möglich. Allerdings kann es sein, dass es in dieser Phase problematischer ist, bioidentische Hormone einzusetzen. Daher greifen Ärztinnen und Ärzte auch auf synthetische Gestagene zurück.“

Wie lange dauert eine Hormontherapie in der Regel?

Dr. Schaudig: „Dafür gibt es keine Faustregel. Grundsätzlich behandeln wir so lange, wie Beschwerden da sind. Meist verringern wir nach zwei bis drei Jahren der Therapie nach und nach die Dosis und beobachten: Wie geht es der Patientin während dieses Prozesses und danach? Treten wieder Beschwerden auf, kann die Hormonersatztherapie auch weiterlaufen – unter ständiger Kontrolle der Brust.“

Wie viel kostet eine Hormontherapie für die Patientin?

Dr. Schaudig:  „Ist eine Hormontherapie ärztlich verordnet, übernimmt die Kasse in der Regel die Kosten.“

Was bieten Sie Patientinnen an, die sich gegen eine Hormontherapie entscheiden?

Dr. Schaudig: „Bei leichten bis mittleren Wechseljahrsbeschwerden, insbesondere Hitzewallungen und Schwitzen, helfen Extrakte der Traubensilberkerze. Eine weitere Möglichkeit sind Pflanzenstoffe mit östrogenhaltiger Wirkung, sogenannte Phytoöstrogene. Allerdings wirken diese wie bioidentisches Östrogen und sie können damit auch einen Einfluss auf die Brust haben. Gut untersucht ist dies allerdings nicht. Andere Methoden wie Hypnose, kognitive Verhaltenstherapie oder Akupunktur kommen ebenfalls in Betracht. Bei sehr schwerwiegenden Beschwerden und einer eindeutigen Kontraindikation für den Einsatz von Hormonen helfen auch eine Reihe von Psychopharmaka. Seit Anfang des Jahres gibt es die sogenannten NK3-Inhibitoren, die direkt in die Hitzeregulation des Körpers im Gehirn eingreifen und Hitzewallungen effektiv beheben können. Es handelt sich hierbei nicht um Hormone.“

Autor(in)

Ippen Digital Media

Qualitätssicherung

Sakhi A. Noori

Mediziner bei der DAK-Gesundheit

Quellenangaben

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