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Ergebnisse der DAK-Studie: Mediensucht – Gaming und Social Media in Zeiten von Corona

Nachdem wir letztes Jahr die Zwischenergebnisse zur DAK-Studie vorgestellt haben, liegen nun die Ergebnisse der umfangreichen Längsschnittstudie vor. Der Trend aus dem Vorjahr wurde bestätigt: In der Corona-Pandemie ist die Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen stark gestiegen.

Gaming während Corona: Krankhafte Nutzung um 52 Prozent gestiegen

Aktuell nutzen 4,1 Prozent aller 10- bis 17-Jährigen in Deutschland Computerspiele krankhaft. Hochgerechnet wären so rund 220.000 Jungen und Mädchen betroffen, was im Vergleich zu 2019 einen Anstieg um 52 Prozent bedeutet. Das zeigen Ergebnisse der gemeinsamen Längsschnittuntersuchung der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). 

„Der Anstieg der Abhängigkeit bei Computerspielen von mehr als 50 Prozent ist alarmierend“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Die Gesundheitspolitik muss die zunehmende Mediensucht bei jungen Menschen stärker in den Fokus nehmen. Außerdem brauchen wir eine breite Präventionsoffensive, um die Medienkompetenz von Kindern und Eltern weiter zu stärken.“

Social-Media-Sucht steigt ebenfalls – um 44 Prozent

Laut DAK-Studie steigt wie beim Gaming auch bei Social Media die Mediensucht deutlich an. Hier wuchs der Anteil der pathologischen Nutzung seit 2019 von 3,2 auf 4,6 Prozent. Das ist ein Anstieg von knapp 44 Prozent und entspricht nun insgesamt fast 250.000 Betroffenen. Auch hier sind Jungen mit 3,1 Prozent doppelt so oft abhängig wie Mädchen (1,5 Prozent).

„Der Anstieg der Mediensucht ist vor allem auf die wachsende Zahl pathologischer Nutzer unter den Jungen zurückzuführen", sagt Prof. Rainer Thomasius, Studienleiter und Ärztlicher Leiter am Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters am UKE Hamburg. "Auffällig ist auch der Anteil der Betroffenen bei den 10- bis 14-Jährigen. Digitale Medien waren und sind für Kinder und Jugendliche weiterhin ein relevantes Mittel zum Umgang mit herausfordernden Situationen. Und dazu zählt auch die Corona-Pandemie mit ihren vielen einschränkenden Maßnahmen.“

Lange Nutzungszeiten besorgen Kinder- und Jugendärzte

Laut Studie hängt der Anstieg der Mediensucht eng mit längeren Nutzungszeiten zusammen. Beim Gaming beträgt die durchschnittliche Spielzeit an einem Werktag jetzt 109 Minuten. Das sind 31 Prozent mehr als vor Corona. Während im September 2019 Jugendliche an einem durchschnittlichen Wochentag 83 Minuten mit digitalen Spielen verbrachten, waren es während des ersten Lockdowns im April 2020 ganze 132 Minuten täglich – der Höchstwert der gesamten Pandemiezeit. Im Mai 2021 gingen die Nutzungszeiten auf 109 Minuten zurück. Sie liegen damit zwar niedriger als zuvor, jedoch immer noch signifikant höher als vor der Corona-Pandemie.

Auch die Zeiten, die Kinder und Jugendliche mit sozialen Medien verbringen, liegen aktuell mit 139 Minuten wochentags deutlich höher. Im November 2019 verbrachten Mädchen und Jungen werktags 116 Minuten mit Social Media.
 

Digitale Medien werden weiterhin zu viel und zu lange genutzt

"Gerade für Kinder und Jugendliche mit bereits davor riskanter Mediennutzung waren die Lockdowns ein erheblicher gesundheitlicher Gefährdungsfaktor, der den Übergang in eine pathologische Mediennutzung quasi katalysiert hat. Es ist zu befürchten, dass sich diese Fehlentwicklung auch nach Ende der Pandemie nicht einfach wird vollständig rückabwickeln lassen, zumal Eltern ihren Einfluss über klare Medienregeln in der Familie der Situation nicht angepasst haben."

Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte


Downloads: Studie & Ergebnisse zum Herunterladen

Mediensuchtscreening: DAK-Gesundheit setzt auf Früherkennung

Als Antwort auf die steigende Mediensucht verstärken die DAK-Gesundheit gemeinsam mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) die Prävention durch ein Pilotprojekt. Seit Oktober 2020 gibt es bei 12- bis 17-Jährigen eine neue zusätzliche Vorsorgeuntersuchung, die das Mediennutzungsverhalten ins Visier nimmt.

In Bremen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen können rund 70.000 Jungen und Mädchen die Früherkennung ergänzend zur J1 und J2 nutzen. Insgesamt bieten in diesen Ländern mehr als 1.200 Kinderärztinnen und Kinderärzte ein spezielles Mediensuchtscreening für Versicherte der DAK-Gesundheit an. Grundlage ist die so genannte GADIS-A-Skala (Gaming Disorder Scale for Adolescents), die von Suchtforschern des UKE Hamburg entwickelt wurde und jetzt erstmals in der Praxis eingesetzt wird.

„Unsere Studie zeigt, dass wir dringend ein verlässliches und umfassendes Frühwarnsystem gegen Mediensucht brauchen“, sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. „Als erste Krankenkasse bieten wir ein verlässliches Screening, das eine riskante Nutzung von Computerspielen und Social Media frühzeitig erkennt.“

Online-Anlaufstelle Mediensucht

Als zusätzliches Hilfsangebot hat die DAK-Gesundheit gemeinsam mit der Computersuchthilfe Hamburg die Online-Anlaufstelle Mediensucht entwickelt. Seit August 2020 erhalten Betroffene und deren Angehörige unter www.computersuchthilfe.info Informationen und Hilfestellungen rund um die Themen Online-, Gaming- und Social-Media-Sucht. Das kostenlose DAK-Angebot ist offen für Versicherte aller Krankenkassen.

Nützliche Informationen für Eltern


Hintergründe zur Studie

Die repräsentative Längsschnittstudie zur Mediennutzung im Verlauf der Corona-Pandemie untersuchte erstmalig an rund 1.200 Familien die Häufigkeiten pathologischer und riskanter Gaming- und Social-Media-Nutzung bei Kindern und Jugendlichen nach den neuen ICD-11-Kriterien der WHO. Die DAK-Gesundheit führte dazu gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in mehreren Wellen Befragungen durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa durch. Dafür wurde eine repräsentative Gruppe von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren mit je einem Elternteil zu ihrem Umgang mit digitalen Medien befragt.

Aktualisiert am:
040 325 325 555

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