Zwillinge: Wenn zwei Babys auf einmal unterwegs sind
Dieser Artikel wurde von Medizinjournalistin Kirsten Wenzel verfasst
Es sind Zwillinge – diese Nachricht kann einen erst mal ganz schön überraschen, vielleicht sogar überfordern. Ein Kind ist schon ein Wunder – was sind dann erst zwei? Falls du selbst oder jemand aus deiner Familie Zwillingsmama wird, ist es ganz normal, dass du dich jetzt erst mal sortieren musst und viele, viele Fragen zu diesem faszinierenden Phänomen hast. Zum Beispiel: Wie kommt es eigentlich zu Zwillingen, warum bekommen ausgerechnet wir welche und was bedeutet es eigentlich, auf einen Schlag gleich zwei Babys zu bekommen? Hier sind einige Antworten für dich plus Aufklärung über ein paar gängige Zwillingsmythen.
Zwillinge – wer bekommt sie und warum?
Du hast das Gefühl, mit einer Zwillingsschwangerschaft geschieht bei euch gerade etwas ganz Besonderes? Das stimmt tatsächlich. Zwar gibt es heute, vor allem wegen der Kinderwunschbehandlung, mehr Zwillinge als in der Vergangenheit. Dennoch sind Zwillingsschwangerschaften nach wie vor relativ selten.
Statistisch kommen auf 100 Schwangerschaften weniger als zwei Zwillingsschwangerschaften. Im Jahr 2023 gab es etwa 11 000 Zwillingsschwangerschaften in ganz Deutschland. Noch seltener sind die eineiigen Zwillingsschwangerschaften – das sind die, bei denen sich die Zwillinge hinterher zum Verwechseln ähnlichsehen. Hier ist die Chance 1:250. Und bei Drillingen sind es sogar nur 1: 700. So waren in Deutschland 2023 weniger als 200 werdende Mütter mit Drillingen schwanger.
Kann jede Frau schwanger mit Zwillingen werden?
Wenn du Zwillinge erwartest, fragst du dich vielleicht: Warum gerade ich? Die Antwort darauf ist nicht ganz einfach. Eine große Portion Zufall ist in jedem Fall mit beteiligt. Gleichzeitig gibt es genetische, medinische und gesundheitliche Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für eine Zwillingsschwangerschaft erhöhen. Das gilt insbesondere für zweieiige Zwillingsschwangerschaften.
Theoretisch kann tatsächlich jede Frau schwanger mit Zwillingen werden. Vor allem die eineiige Zwillingsschwangerschaft geschieht nach allem, was die Wissenschaft heute darüber weiß, wirklich zufällig und ohne erklärbaren Grund. Dabei entstehen tatsächlich zwei Menschen mit den gleichen Genen. Kein Wunder, dass sich eineiige Zwillinge so ähnlichsehen – und nicht nur das Geschlecht, sondern oft sogar gleichen Vorlieben und Hobbies teilen!
Wie entstehen eineiige Zwillinge?
Eineiige Zwillinge entwickeln sich aus einer einzigen befruchteten Eizelle. Die wandert zunächst ganz normal in Richtung Gebärmutter, um sich dort einzunisten. Das Besondere: Im Laufe ihrer Entwicklung teilt sie sich in zwei Zellhaufen, die sich dann unabhängig voneinander entwickeln und weiterwachsen.
Eineiige Zwillinge teilen sich nicht nur die Gene, sondern meist auch eine Plazenta – das ist der „Mutterkuchen“, der die Embryos im Mutterleib versorgt. Sie werden deshalb auch medizinisch besonders sorgfältig betreut. Denn die große Nähe bringt für die eineiigen Geschwister auch Gefahren mit sich: Zum Beispiel, dass ein Zwilling nicht so viel „vom Kuchen“ abbekommt und sich nicht so gut entwickeln und wachsen kann wie der andere.
Wie entstehen zweieiige Zwillinge?
Was sind siamesische Zwillinge und wie viele gibt es auf der Welt?
Siamesische Zwillinge sind immer eineiige Zwillinge. Die oben erwähnte gefährliche Nähe der eineiigen Zwillinge führt hier zu einer extrem seltenen, schweren Fehlbildung. Dabei vollzieht sich die Teilung der beiden Zellhaufen nicht vollständig, so dass zwei miteinander verbundene Feten heranwachsen. Auf eine Million Lebendgeburten kommt nur ein siamesisches Zwillingspaar. Oft versterben die Embryonen bereits im Mutterleib.
Wenn beide Zwillinge die lebensnotwendigen Organe besitzen und Stoffwechsel und Atmung separierbar sind, wird oft eine chirurgische Trennung der siamesischen Zwillinge versucht – vor oder auch nach der Geburt. Es gibt aber auch siamesische Zwillingspaare, die über Jahre und Jahrzehnte ungetrennt gemeinsam ein Leben führen – zum Beispiel die amerikanischen Schwestern Abby und Brittany Hensel.
Was begünstigt eine zweieiige Zwillingsschwangerschaft?
Es gibt verschiedene Faktoren, die eine zweieiige Schwangerschaft begünstigen können. Vor allem Kinderwunschbehandlungen, bei denen nicht nur das Springen der Follikel mit Hormongaben gefördert, sondern oft auch mehr als ein befruchtetes Ei in den Uterus eingesetzt wird, vergrößern die Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft.
Daneben kann eine zweieiige Schwangerschaft aber auch „natürlich“ vorkommen, weil der weibliche Körper von sich aus in einem Zyklus auch mehr als ein Ei springen lassen kann.
Faktoren wie Erbanlagen, Alter und Übergewicht begünstigen zusätzlich die Wahrscheinlichkeit zweieiiger Schwangerschaften. So bekommen Frauen über 35 Jahre häufiger Zwillinge als jüngere Frauen. Ursache ist wie bei der Kinderwunschbehandlung eine höhere Konzentration des follikelstimulierenden Hormons (FSH).
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Zwillinge selber Zwillinge bekommen?
Das mehr als eine Eizelle den Eileiter verlässt, geschieht statistisch gesehen häufiger, wenn der Spiegel des follikelstimulierenden Hormons (FSH) dauerhaft erhöht ist. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das tatsächlich bei Frauen mit einer bestimmten genetischen Disposition besonders häufig vorkommen kann. Anders gesagt: Zweieiige Zwillingsschwangerschaften sind tatsächlich teilweise erblich, Zwillinge bekommen selber öfter Zwillinge – das „Zwillinge-Bekommen“ liegt in der Familie und taucht im Lauf der Generationen häufiger auf.
Mythen über Zwillinge
Telepathische Verbindungen und wortloses Verstehen: gerade über eineiige Zwillinge gibt es zahlreiche Mythen. An einigen ist tatsächlich etwas dran, andere sind (zumindest bisher) wissenschaftlich nicht überprüft. Schauen wir uns eine kleine Auswahl im Detail an:
- Es kann sein, dass man einen Zwilling übersieht: Diese besorgniserregende Geschichte hören Schwangere immer wieder. Zum Glück lassen sich Zwillinge im Ultraschall sehr gut erkennen, so dass solche Phänomene nur super selten vorkommen.
- Es kann sein, dass ein Zwilling im Eierstock wächst: Auch auf die Eierstöcke schaut der Frauenarzt bei der Untersuchung natürlich genau. Aber es stimmt: Eine Eierstockschwangerschaft kann (in ganz wenigen Fällen) mit einer weiteren Schwangerschaft zusammentreffen. In diesem Fall versuchen die Ärzte, eine Operation am Eierstock vorzunehmen und das Kind in der Gebärmutter zu retten. Einen Fetus, der im Eierstock wächst, in die Gebärmutter umzupflanzen, ist leider bisher medizinisch nicht möglich.
- Es kann sein, dass ein Zwilling verschwindet: Leider gehört zu Zwillingsschwangerschaften ein erhöhtes Risiko für Fehl- und Frühgeburten. Es kann daher vorkommen, dass einer der Embryos leider nicht weiterwächst. Gerade in den ersten Schwangerschaftsmonaten ist der Embryo noch so klein, dass er mit einer einfachen Blutung abgehen und somit „verschwinden“ kann. Das ist für die Eltern und auch die überlebenden Zwillingsgeschwister oft eine traurige und schwer zu verarbeitende Erfahrung.
- Es kann sein, dass man Zwillinge von zwei verschiedenen Vätern bekommt: Erstaunlich, aber wahr. Bei zweieiigen Zwillingen können die Eizellen von zwei unterschiedlichen Vätern befruchtet worden sein, wenn die Mutter innerhalb eines kurzen Zeitraums mit beiden Sex hatte. In der Realität kommt dieser Fall nur sehr selten vor, aber möglich ist es auf jeden Fall.
Eines ist klar: Aufregend und schön bleibt deine Zukunft mit Zwillingen im Anflug auf jeden Fall.
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