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Sucht 4.0 in Bayerns Arbeitswelt: Betroffene fehlen doppelt so häufig

München, 23. Mai 2019. Mehr als die Hälfte der rund 6,9 Millionen Erwerbstätigen in Bayern nutzen Computerspiele. Davon  weist jeder Zehnte ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Spielsucht auf und 86.000 gelten sogar als spielsüchtig. Etwa 650.000 Arbeitnehmer trinken zu viel Alkohol und knapp 1,2 Millionen sind tabakabhängig. Das zeigt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Sucht 4.0“ für den Freistaat. Das Suchtrisiko durch Gamen, Trinken und Rauchen hat gravierende Folgen für die Arbeitswelt. Der Krankenstand bei betroffenen Erwerbstätigen ist mehr als doppelt so hoch. Sie sind unkonzentrierter im Job und kommen häufiger zu spät. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse verstärkt die Krankenkasse ihr Engagement zur Erforschung insbesondere der neuen Abhängigkeiten von Computerspielen und sozialen Medien. Zudem startet sie ein neues Präventionsangebot bei Alkoholproblemen.

Laut DAK-Gesundheitsreport 2019 haben Arbeitnehmer in Bayern mit Hinweisen auf eine so genannte Substanzstörung deutlich mehr Fehltage im Job als ihre Kollegen ohne auffällige Probleme. Der Krankenstand der Betroffenen ist mit 7,2 Prozent mehr als doppelt so hoch. Sie fehlen aber nicht nur im Job, weil sie wegen ihrer Suchtproblematik krankgeschrieben werden. Vielmehr zeigen sich bei ihnen in allen Diagnosegruppen mehr Fehltage. Besonders deutlich ist der Unterschied bei den psychischen Leiden. Hier sind es viermal so viele Fehltage. Bei Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen gibt es ein Plus von 127 Prozent, bei Atemwegserkrankungen sind es 60 Prozent. „Sucht ist eine Krankheit, die jeden treffen kann“, sagt Sophie Schwab, Leiterin der DAK-Landesvertretung in Bayern. „Wir wollen mit unserem Gesundheitsreport einen Beitrag zur weiteren Erforschung insbesondere der neuen Süchte und ihre Verbreitung unter den Erwerbstätigen leisten. Zudem wollen wir den Praktikern in der betrieblichen Suchtprävention nutzbringende Hinweise für ihre wichtige Arbeit geben“.

86.000 Computerspielsüchtige unter Bayerns Erwerbstätigen
Erstmals untersucht der Report auch das Thema Gaming und seine Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Demnach spielen 54 Prozent der Erwerbstätigen in Bayern Computerspiele. 5,5 Prozent der Erwerbstätigen gelten als riskante Gamer. Das heißt: 380.000 Beschäftigte zeigen ein auffälliges Nutzungsverhalten. Vor allem jüngere Arbeitnehmer zwischen 18 und 39 Jahren sind laut DAK-Report riskante Computerspieler. Rund 86.000 Erwerbstätige erfüllen sogar die Kriterien einer Internet Gaming Disorder (Computerspielsucht). Bundesweit spielt jeder vierte riskante Gamer während seiner Arbeitszeit Computerspiele. Bei den Computerspielsüchtigen ist es sogar fast jeder Zweite (47 Prozent). Jeder elfte Mitarbeiter mit riskantem Spielverhalten gab bei der Analyse an, in den letzten drei Monaten wegen des Spielens abgelenkt oder unkonzentriert bei der Arbeit gewesen zu sein. Von den Erwerbstätigen mit einer Computerspielsucht war es sogar jeder Dritte (34,1 Prozent).

Rauchen ist verbreitetste Sucht
Das Rauchen von Zigaretten ist laut DAK-Report in Bayern die verbreitetste Sucht, die auch die Arbeitswelt betrifft. Knapp 1,2 Millionen Erwerbstätige (17,4 Prozent) sind zigarettenabhängig. Derzeit dampfen knapp vier Prozent der Erwerbstätigen im Freistaat E-Zigarette. „Dampfen mit Nikotin oder Tabak führt in die Abhängigkeit, genau wie herkömmliche Zigaretten“, warnt Sophie Schwab. „Deshalb brauchen wir endlich ein umfassendes Werbeverbot für Tabak, Zigaretten und E-Zigaretten.“ Diese Forderung unterstützen auch die Fachgesellschaft der Lungenärzte und die Deutsche Krebshilfe mit Hinweis auf die Gesundheitsrisiken.

Großteil der Fehltage bei Suchtproblemen gibt es wegen Alkohol
Drei von vier Fehltagen bei Suchtproblemen sind in Bayern auf Alkohol zurückzuführen. Laut Studie der DAK-Gesundheit hat jeder elfte Arbeitnehmer hierzulande einen riskanten Alkoholkonsum. Das sind hochgerechnet 653.000 Beschäftigte im Freistaat, die sich mit ihrem Trinkverhalten Risiken aussetzen, krank oder abhängig zu werden. Bei Männern beginnt das beispielsweise bei täglich mehr als zwei 0,3 Liter-Gläsern Bier, bei Frauen schon bei einem 0,3 Liter-Glas Bier pro Tag. Sophie Schwab warnt: „Der riskante Umgang mit Alkohol bleibt ein zentrales Problem in unserer Gesellschaft, das auch gravierende Folgen in der Arbeitswelt hat.“ So gab bundesweit jeder zehnte Arbeitnehmer mit riskantem Trinkverhalten an, in den letzten drei Monaten wegen Alkohol abgelenkt oder unkonzentriert bei der Arbeit gewesen zu sein; bei Arbeitnehmern mit einer möglichen Abhängigkeit sogar fast jeder Zweite (47 Prozent). Mehr als jeder vierte Mitarbeiter mit einer möglichen Abhängigkeit gab bei der DAK-Analyse zudem an, deshalb auch zu spät zur Arbeit zu kommen oder früher Feierabend zu machen.

DAK-Gesundheit bietet Online-Hilfe bei Alkoholproblemen
Mit Blick auf die Ergebnisse des Reports bietet die DAK-Gesundheit ihren Versicherten ab sofort ein neues präventiv ansetzendes Hilfsangebot bei Alkoholproblemen an. Betroffene können das kostenlose Online-Coaching „Vorvida“ nutzen, um ihren Alkoholkonsum zu reduzieren. Eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE) belegt die Wirksamkeit: Bei den Teilnehmern sank das riskante Trinkverhalten um bis zu 75 Prozent. Die DAK-Gesundheit ist die erste Krankenkasse, die das Programm der Hamburger GAIA AG ihren Versicherten anbietet. Das Online-Coaching „Vorvida“ ist auf Smartphones und Tablets mobil voll nutzbar. Es kann auch über die digitale Gesundheitsplattform „Vivy“ genutzt werden. Alle Daten werden vertraulich behandelt und nicht weitergegeben. Eine Anmeldung ist auf www.dak.de/vorvida möglich.

Bayern im Bundesvergleich mit niedrigstem Krankenstand
Der Gesundheitsreport Bayern wertet auch die Fehlzeiten der DAK-versicherten Arbeitnehmer insgesamt aus: Im Jahr 2018 stieg der Krankenstand in Bayern im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte auf 3,7 Prozent. Das heißt, dass an jedem Kalendertag des Jahres durchschnittlich 3,7 Prozent der DAK-Mitglieder in Bayern arbeitsunfähig waren. Im bundesweiten Vergleich hatte der Freistaat den niedrigsten Krankenstand – gemeinsam mit Baden-Württemberg. Der größte Anteil entfiel auf Muskel-Skelett-Beschwerden. Mehr als jeder fünfte Fehltag ging auf ihr Konto. Zweithäufigste Ausfallursache waren Atemwegserkrankungen. Auf Platz drei kamen psychische Erkrankungen wie Depressionen. Bei den Fehltagen wegen Seelenleiden gab es einen Rückgang um rund vier Prozent, aber die Anzahl der Betroffenen stieg leicht von 4,3 auf 4,4 Prozent.

Der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Sucht 4.0 in Bayern“ untersucht umfassend die Ausfalltage sowie ärztliche Behandlungen bei Suchterkrankungen und wirft einen Blick auf die Auswirkungen in der Arbeitswelt. Für die Untersuchung wurden Daten zur Arbeitsunfähigkeit von 355.800 erwerbstätigen Versicherten der DAK-Gesundheit in Bayern durch das IGES Institut in Berlin ausgewertet – flankiert von Analysen der ambulanten und stationären Versorgung. Eine repräsentative Befragung von 1.082 Beschäftigten im Freistaat sowie eine Expertenbefragung geben Aufschluss über die Verbreitung und den Umgang mit den verschiedenen Suchtmitteln.

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